Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
war das ja nie. Der Vater ein Säufer, hat oft und gern sein Weiblein verhauen. Später, wie die Buben dann schon griffig waren, auch die beiden. Die Mutter eine Heulsuse allererster Klasse. Und über ältere Brüder brauch ich dank dem Leopold sowieso nichts weiter zu sagen.
Dazu das furchtbare Wohnhaus, wo dir die Lkws dauernd durch den Suppentopf donnern. Dieses Gesamtpaket einzutauschen gegen Bares – kann man das jemandem verdenken?
Das Grundstück war ungünstig, nach hinten kurz und dafür die volle Breite an der Straße entlang. Ungünstig, sag ich nur. Aber natürlich für eine Tankstelle eben ideal. Und die hätten bestimmt gutes Geld bezahlt, weil: keine andere weit und breit.
Der alte Neuhofer hätte das Haus nie verkauft. Der hatdas schon von seinen Eltern bekommen. Also muss er weg. Und die Mutter und der Bruder auch. Dreifachmord.
Ja, das sind so meine Gedanken, wo ich grad so recherchier. Ich recherchier und recherchier und plötzlich klopft die Oma ans Fenster und schreit: »Die Schwammerlsuppe ist fertig. Schau, dass du heimkommst, Bub!«
Jetzt sagt natürlich der findige Schwammerlsucher: Januar – Schwammerlsuppe? Da hat er sich aber jetzt vertan, der Franz. Da sag ich: Gefriertruhe!
Weil: wenn nämlich die Oma im Herbst zum Schwammerlsuchen geht, da steht danach kein Pilz mehr im Wald, höchstens noch Fliegenpilz. Ich fahr sie mitsamt dem Ludwig in der Früh mit dem Streifenwagen hin und hol die zwei mittags wieder ab. Und da kannst du die Oma nicht mehr sehen, vor lauter Schwammerl. Einen Teil verkauft sie dann am Markt zu horrenden Preisen und den anderen frieren wir ein. Da essen wir bis zum neuen Herbst einmal in der Woche davon. Eine Schwammerlsuppe mit Sauerrahm. Oben drauf ein bisserl Petersil. Ein Traum! Da lass ich schon einmal einen hauchdünnen Palatschinken stehen für eine Schwammerlsuppe. Also, Akten zu und heim.
Zweiter Januar. Neujahrsempfang. Die ganze Gemeinde steht vorm Rathaus und die Herren Bürgermeister und Pfarrer übertreffen sich gegenseitig mit ihrer Rederei.
So quasi, dass das letzte Jahr ein gutes war und wenn’s heuer wieder so gut werden soll, muss halt ein jeder was dazu tun. Also Geldbeutel auf oder Scheckheft raus. Der Flötzinger lässt sich nicht lumpen und nimmt die Version Scheckheft. Der Simmerl verspricht, wie jedes Jahr, eine Spansau und einen Rollbraten zum Bürgerfest. Erlös geht an die Pfarrei.
Der Leopold kommt mitsamt der Roxana und spendet ein paar Ladenhüter für die Bücherei. Dann singt der Kirchenchor und ganz vorne dabei die Simmerl Gisela. Ja, die kann singen, mein lieber Herr Gesangsverein! Warze hin oder her, aber wenn die Gisela singt, dann kann die Callasheimgehen. Oder könnte sie, wenn sie noch schnaufen würd – Gott hab sie selig.
Die Kinder haben bunte Lampions dabei und im Laufe des Abends fackelt der eine oder andere ab. Die Oma steht ganz vorne, mit neuer Jacke samt Aufschrift, damit sie alles sieht, weil sie ja nix hört. Der Ludwig steht neben ihr und ist ungefähr genauso groß. Hinterher kauft sie am Verkaufsstand von den Landfrauen noch ein paar Weihnachtskerzen, weil die jetzt reduziert sind.
Dann kommt noch der Flötzinger zu mir her, ist aber in Eile.
»Mir pressiert’s heut ein bisserl. Weil ich nämlich die Mary mit den Kindern vom Flughafen abholen muss. Weil der Ignatz-Fynn in den nächsten Tagen nämlich den Balthasar macht bei den Königen.«
Aha.
Am Schluss gibt der Bürgermeister eine Runde Glühwein aus und dann geht man halt heim.
Daheim erzählt dann der Leopold von dem wahnsinnigen Verkaufserfolg der letzten Tage und dass sich der Umtausch heuer in Grenzen gehalten hat.
Die Roxana schaut fern. Ein Ehepaar wandert hochmotiviert nach Uruguay aus. Und dort angekommen, stellt es dann fest, dass es ein Entwicklungsland ist und spanisch geredet wird. Obwohl das doch in Amerika liegt. Herr, lass Hirn wachsen.
Die Oma macht ein paar Germknödel mit Semmelbröselbutter– ah –! Leider kann man die gar nicht richtig genießen, weil: da musst du schnell sein, mein Lieber. Der Papa und der Leopold legen ein Tempo vor, das ist unglaublich. Da bleibt dir nix anderes übrig, als den ganzen Knödel, praktisch ohne Kauen, einfach runterzuschlucken und nachzufassen.
Am Schluss ist uns allen schlecht (der Oma und der Roxana nicht), und wir trinken ein Schnapserl. Ich erzähl dann so von meinem Dreifachmord, dem Neuhoferfall eben, damit der Leopold Augen macht. Macht er aber nicht. Er
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