Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
gemacht hat. Ich setz mich in den Streifenwagen und fahr direkt hin.
Dort erfahr ich, dass der Neuhofer tatsächlich zum Preis von fünfzigtausend verkauft hat, und zwar direkt an den Immobilienmakler. Und der dann vermutlich weiter an die OTM. Das aber weiß der Notar leider nicht, weil er diese Sache dann eben wieder nicht gemacht hat.
Jedenfalls ist der Makler in München sesshaft, und dort ruf ich dann an. Der Anrufbeantworter teilt mir mit, dass das Büro der Immo-Novum momentan leider nicht besetzt ist. Das teilt er mir auch am nächsten Tag mit und am übernächsten.Momentan leider nicht besetzt, ununterbrochen. So geht das eine ganze Weile, und dann geht noch nicht mal mehr der Anrufbeantworter ran. Doch, eigentlich schon, nur nicht der gleiche. Weil jetzt nämlich heißt es, dass die gewählte Rufnummer leider nicht vergeben ist.
Na, bravo.
Wie ich am Samstag zum Birkenberger fahr, mach ich zuvor noch einen kleinen Abstecher, eben zu diesem Maklerbüro. Ich kann die Adresse gleich finden, Schwabing, gute Lage, allerdings Hinterhaus. Von der Immo-Novum keine Spur. Weder am Briefkasten noch an der Klingel, von einem Firmenschild ganz zu schweigen. Ich frag mich so durch die Nachbarschaft und muss hören, dass das Maklerbüro weg ist. Seit Anfang des Monats. Und keiner weiß, wohin.
Ich komm durch meine Ermittlerei glatte dreißig Minuten zu spät zum Birkenberger, und der zieht mir eine Lätschn. Beruhigt sich aber relativ schnell wieder und erzählt mir ein bisschen vom Job, während er in der Speisekarte stöbert.
Wahnsinnig interessant ist das alles und unglaublich spannend. Und man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele Menschen eigentlich fremdgehen. Alle sozusagen. Kaum eine Ausnahme, sagt der Rudi. Er bestellt ein Wiener Schnitzel und ich ein Schaschlik, beides mit Pommes und Salat. Dann frag ich ihn, ob er denn jetzt ständig irgendwelchen Ehepartnern hinterherschnüffelt.
»Hinterherschnüffeln!«, sagt der Birkenberger.
Der Tonfall äußerst abfällig.
»Observieren heißt das! Dazu muss man geboren sein!«
Er wirft mir einen Blick zu, und ich wiederhol mich nur ungern, aber äußerst abfällig, muss ich schon sagen.
»Schau, Franz. Wie ich grad in der Speisekarte gelesenhab, da hast du gemeint, ich les in der Speisekarte, oder?«, fragt er, und ich find die Frage mehr als blöd.
Ich nicke.
»Ja, das hat aber natürlich nur von außen den Anschein. In Wahrheit aber, kann ich dir sagen, die Frau mit dem grünen Lodenmantel hat in der Handtasche einen Geldbeutel aus Nappaleder. Der Typ mit der Windjacke hinkt. Für einen Ungeübten nicht sichtbar, aber er hinkt. Hat sich wahrscheinlich vor kurzem den Fuß gebrochen. Die zwei Paare hinter dir sind verheiratet. Und doch haben die Frau im roten Pulli und der Mann ihr schräg gegenüber ein Verhältnis miteinander. Und ihre Partner wissen es nicht.«
»Und das hast du jetzt alles in der Speisekarte gelesen?«, frag ich so und hab jetzt auch einen abfälligen Ton drauf.
»Geh, Depp! So was liest man doch nicht in der Speisekarte. Man liest überhaupt keine Speisekarte. Man tut nur so als ob. Was ich zum Essen will, das weiß ich doch schon vorher. Und hab in der Zwischenzeit wunderbar die Möglichkeit zum Observieren.«
Gott sei Dank kommt dann unser Essen. Und diesmal tut er nicht so als ob, sondern er isst. Er drückt eine Tube Ketchup auf seine Pommes und sie ersaufen darin. Dann erzählt er mir mit vollem Mund von seinen miesen Schnüffeleien. Im Grunde genommen geht das den ganzen Abend so und ich muss schon sagen, dass es mich nervt. Ganz zum Schluss allerdings kommt das Gespräch auf mich und meinen popeligen Job. Und da fällt mir die Immo-Novum wieder ein. Wie ich dem Rudi davon erzähl, sagt er gleich: »Gar kein Problem, Franz. In zwei oder drei Tagen kriegst du einen Bescheid von mir, was daraus geworden ist. Vielleicht sind sie nur umgezogen. Oder Konkurs. Alles möglich. Ich find das raus, kein Problem.«
Na also! Wozu selber arbeiten, wenn’s andere für dichtun? Soll der Rudi observieren, ich bin besser im Delegieren.
Wie ich am nächsten Tag in mein Büro komm, ist die Susi schon da und kocht Kaffee. Sie sagt, dass sie nun endlich einmal Zeit gefunden hat, wegen der Frau Mercedes Dechampes-Sonnleitner nachzuschauen. Und sie hat herausgefunden, dass auch im Umland von München niemand gemeldet ist mit diesem Namen. Der letzte Eintrag bei uns in der Gemeinde ist eine gewisse Margit Dechampes-Sonnleitner,
Weitere Kostenlose Bücher