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Winterkill

Winterkill

Titel: Winterkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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eher, der Junge hat sich deswegen umgebracht. Er fühlte sich bei seinem Vater wie in einem Gefängnis. Er war verzweifelt.«
    »Warum erfahre ich erst jetzt davon?«, beschwerte sich der Agent. »Für Gewaltverbrechen in einem Indianerreservat ist das FBI zuständig. Sie hätten mich früher darüber informieren sollen.«
    »Die Verbrechen, wenn es welche waren, fanden außerhalb der Reservatsgrenzen statt«, konterte Havelka, »in Chicago, Grand Forks und New York. Da ist die Polizei zuständig. Um den Schamanen kümmert sich die Stammespolizei. Wenn er tatsächlich Dreck am Stecken hat, findet sie es heraus.«
    Für ein paar Sekunden waren nur das Heulen des Windes und die Stimmen der anderen Polizisten zu hören. Die Uniformierten winkten die schaulustigen Autofahrer weiter, die neben der Unfallstelle bremsten und neugierig auf den lädierten Chevy und die vielen Polizisten starrten. Ein Mann versuchte sogar, die Unfallstelle zu fotografieren.
    Tumblin blickte auf die Leiche. Zwei Angestellte desMedical Examiners waren gerade dabei, sie in einen Plastiksack zu packen. »Immerhin hat Sarah uns die Arbeit abgenommen«, sagte er. Er wandte sich an Havelka. »Von welchem Telefon hat sie angerufen?«
    »Vom Handy der Toten«, antwortete Havelka. »Es lag auf dem Beifahrersitz. 911 ist die letzte Nummer im Speicher. Sie muss gleich nach dem Anruf weggelaufen sein. Weit kann sie noch nicht sein. Zwischen dem Zeitpunkt ihres Anrufes und unserem Eintreffen liegen vielleicht ein paar Minuten. Was bedeutet, dass sie ganz in der Nähe sein muss.«
    »Und die vereinten Kräfte von FBI und CPD haben sie noch immer nicht gefunden«, schimpfte Tumblin. »Wie ist das möglich? Sie kann sich doch nicht in Luft auflösen! Eine einzelne Frau!«
    »Eine Indianerin«, erinnerte O’Keefe.
    Tumblin wusste nicht, was er von dem Einwurf halten sollte. »Können wir nicht mehr tun? Das FBI hat bereits alle verfügbaren Kräfte im Einsatz. Haben Sie mit Ihrem Captain gesprochen?«
    »Wir sind in ständigem Kontakt, Agent. Die Großfahndung läuft. Wir haben alle Streifenwagen auf der Straße, mehr als bei der Patrick-Day’s-Parade oder einem Spiel der Bulls. Ich befürchte, sie hält sich in irgendeinem Hausflur oder einem Lagerschuppen versteckt.«
    »Dann sehen Sie nach!«
    »Tun wir ja. Unsere Leute kämmen die ganze Gegend durch. Aber bis sie alle Häuser durchhaben, kann es Tage dauern. Und wenn wir Pech haben, hat sie einen Autofahrer angehalten und ist längst über alle Berge. Dann sind wir erst recht machtlos.« Sie überlegte eine Weile und nickte beinahe trotzig. »Wir finden sie, Agent! Früher oder später finden wir sie. Und wenn sich tatsächlich ein indianischesMonster in Chicago herumtreiben sollte, treiben wir es in die Wälder zurück, wo es hingehört. Das verspreche ich Ihnen.«
    Weder sie noch Tumblin und O’Keefe beachteten den dunklen Lexus, der langsam an der Unfallstelle vorbeifuhr.
    Der Wendigo hatte sie gefunden! Sein eiskaltes Blut floss in den Adern des Polizisten, der lansam, aber stetig näher kam und sie mit seinen glühenden Augen fixierte. Nur sie hörte das leise Fauchen, das über seine Lippen kam.
    Nur sie – und der alte Indianer.
    Als er sah, wie sie zitternd vor dem Polizisten zurückwich, stand er auf und stellte sich ihm entgegen. Dem Fauchen, das immer lauter und bedrohlicher wurde, begegnete er mit einem eindringlichen Singsang, der sich wie ein unsichtbarer Schatten über den Polizisten legte und die Glut aus seinen Augen vertrieb. Der Cop griff sich an den Kopf, wie während eines Migräneanfalls, und hatte den Vorfall im nächsten Moment vergessen.
    Jetzt lächelte er sogar. »Hey, Geronimo«, begrüßte er den Indianer mit herablassender Freundlichkeit. »Willst du mir einen neuen Kriegstanz beibringen? Ich hab mit deinem Hokuspokus nicht viel am Hut, das weißt du doch.« Er deutete auf die Zwillinge und Elaine. »Alles in Ordnung bei euch, Geronimo?«
    »Alles okay, Officer«, bestätigte der Indianer. »Unser Feuer ist ausgegangen, aber das kriegen wir wieder hin.«
    »Und ich dachte, Indianer kennen sich mit so was aus?« Er lächelte spöttisch. »Sitting Bull hätte sein Feuer bestimmt nicht ausgehen lassen.«
    »Sitting Bull blieb in seinem Tipi, wenn es so schneite wie jetzt. Für ein Tipi musstest du keine Miete bezahlen.«
    Der Cop deutete auf Sarah. Ihr Glück war, dass er sie imdüsteren Licht unter der Brücke nur schemenhaft erkannte. »Hast du dir ’ne Frau zugelegt, Chief

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