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Winterkill

Winterkill

Titel: Winterkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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Computer, ließ den gläsernen Rahmen mit dem Foto des Mannes zerspringen.
    »Sarah!«, keuchte der Wind.
    Sarah befreite sich gewaltsam aus der eisernen Umklammerung und rannte aus dem Büro, vorbei an Havelka, US Marshal O’Keefe und dem FBI-Agenten zur Tür. »Sarah! Bleiben Sie stehen!«, hörte sie O’Keefe schreien, doch die Furcht vor dem Wendigo war größer und trieb sie auf die Straße zurück.
    Die Eltern von Sarah Standing Cloud wohnten in einem einfachen Fertighaus am Rand der kleinen Siedlung. Ein Feldweg führte vom Highway zu ihrem Grundstück. Vor dem Haus brannte eine einsame Straßenlampe.
    Father Paul parkte neben ihrem Pick-up und der alten Waschmaschine, die schon seit mehreren Jahren neben dem Haus verrostete, und begrüßte Mack, den lebhaften Husky des Ehepaars. Der Wind hatte etwas nachgelassen, doch das Schneetreiben war unvermindert dicht, das ideale Wetter für einen Hund aus dem fernen Alaska.
    Die Tür ging auf und John Standing Cloud trat aus dem Haus. Er war gerade erst vierzig geworden, sah aber wie die meisten Indianer älter aus und trug sein ergrauendes Haar nach alter Sitte zu zwei langen Zöpfen gebunden. » Aanii , Father«, begrüßte er den Missionar in seine Sprache. »Wie geht es Ihnen?«
    » Aanii , John«, erwiderte Father Paul. »Ein anstrengender Tag und dann dieses Sauwetter. Ich werde mich wohl nie an diese Schneemassen gewöhnen.«
    John lächelte. Wie alle Indianer schätzte er es, wenn man eine Begegnung mit freundlichem Small Talk begann, bevor man zur Sache kam. Father Paul gehörte zu den wenigen Weißen, die sich daran hielten. »Kommen Sie insHaus«, forderte er ihn auf. »Lorena hat frischen Kaffee auf dem Herd.«
    Father Paul betrat den kleinen Vorraum, legte seinen Anorak und die Mütze mit den Ohrenklappen auf eine Kommode und zog seine Stiefel aus. » Aanii , Lorena«, begrüßte er die Frau des Hauses. »Der Kaffee riecht verführerisch.«
    Lorena, seit dem Abschied von Sarah meist in gedrückter Stimmung, reichte ihm einen Becher. »Setzen Sie sich, Father. Und zünden sie sich ruhig eine Pfeife an. Ich mag den Duft Ihres Tabaks.« Sie deutete auf das altersschwache Sofa, ging zum Herd und kehrte mit frischem Kaffee für sich und ihren Mann zurück. Der Fernseher, noch älter als das Sofa, lief ohne Ton, eine Folge von »Law & Order«.
    Father Paul machte es sich bequem und stopfte seine Pfeife. Während er das brennende Streichholz über den Tabak hielt, fiel sein Blick auf das eingerahmte Foto von Sarah. Es stand auf dem Fernseher, wie das Bild einer Toten, die man nicht vergessen will. Sie lächelte fröhlich in die Kamera.
    »Sie war ein hübsches Mädchen«, seufzte Lorena, als sie seinen Blick bemerkte, »unsere Schönheitskönigin. So haben wir sie genannt, John und ich.«
    »Sie ist immer noch ein hübsches Mädchen«, erinnerte sie Father Paul. »Sie ist damals nicht gestorben, sie hat lediglich einen neuen Namen angenommen und ein neues Leben begonnen. Taten die Anishinabe das früher nicht immer? Wenn ein Mädchen zur Frau wurde, änderte es seien Namen.«
    »Aber eine junge Frau blieb bei ihrer Familie, selbst nach der Heirat. Der Mann zog zum Clan seiner Frau.« Sie blickte auf das Foto und gab sich eine Weile ihren Gedanken hin. »Sie haben von ihr gehört, nicht wahr?«, sagtesie in die plötzliche Stille hinein. »Deshalb kommen Sie so spät bei uns vorbei.«
    Father Paul hatte dem FBI versprochen, nichts zu sagen, und hielt sich daran. »In Gedanken spreche ich oft mit ihr«, wich er aus, »ein Mensch ist niemals gegangen, solange er noch in unseren Gedanken weilt. Ich bete für sie.«
    »Sie ist eine Kriegerfrau«, sagte John, »tapferer als die meisten Männer. In den alten Zeiten hätte man ihren Namen am großen Feuer ausgesprochen.«
    Lorenas Augen waren feucht. »Ich habe von ihr geträumt«, sagte sie. »Ich träume jede Nacht von ihr und sehe die tapfere Frau, von der mein Mann spricht. Aber heute Nacht waren es andere Bilder. Ich habe gesehen, dass sie in großer Gefahr schwebt. Man will ihren Tod. Vielleicht sogar die Männer, derentwegen sie ihren Namen ändern und uns verlassen musste. Ich habe große Angst um sie.« Sie seufzte leise. »Sie wissen etwas, Father, nicht wahr?«
    »Ich weiß, dass Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen«, wich Father Paul erneut aus. »Die US Marshals passen auf, dass ihr nichts passiert, die und das FBI. Selbst wenn die Verbrecher sie finden würden, könnten sie ihr nichts tun. Man

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