Winterkrieger
etwas Hartes, Flaches. Sie lächelte erleichtert. Sie befanden sich auf einer alten Handelsstraße. Über die Jahrhunderte hinweg hatte Erde die Pflastersteine bedeckt, und diese vergrabenen Steine blockierten sie. Sie trat von der alten Straße und ging zu einem nahe gelegenen Wäldchen. Hier war die Magie stark und uralt, und sie sog sie ein, fühlte, wie sie durch ihre Beine, durch ihre Adern stieg und dabei anschwoll. Sie war beinahe zu stark, wie guter Wein, und sie hielt sich an einem Baumstamm fest.
Im Süden donnerte es rumpelnd. Sie entfernte sich wieder von den Bäumen, ging zum Wagen und stellte sich links des Gespanns hin. Nogusta, Kebra und Dagorian kamen auf ihren Ruf dicht heran. Sie hob die Hand und sprach den Zauber. Er war nicht besonders schwierig, doch sobald er gewirkt war, musste er an Ort und Stelle gehalten werden. Die Luft um das Fuhrwerk herum schimmerte. Sie streckte die Hand aus und strich über den schlanken, beinahe unsichtbaren Hals des Pferdes neben ihr und schloss ihre Finger um die Trense. »Von jetzt an darf niemand sprechen, ehe ich die Erlaubnis gebe«, sagte sie. »Vorwärts!«
Sie hörte die Zügel auf den Rücken der Pferde klatschen und ging, die Hand an der Trense, auf den Wald zu. Die leisen Tritte der Pferde kamen ihr so laut vor wie der ferne Donner, und das leise Quietschen der Karrenräder schwoll in ihren Ohren an. Ruhig, warnte sie sich, der Donner und der Wind in den Bäumen werden diese Geräusche übertönen.
Der Himmel verdunkelte sich, als das Gewitter über den Wald zog. Blitze zuckten und erhellten den Waldweg. Ein Pferd schnaubte vor Angst, und sie hörte, wie Kebra es mit leisen, geflüsterten Worten beruhigte. Vor ihnen lag der Abhang, von dem Nogusta vor dem Untier geflohen war. Der Wagen fuhr langsam weiter.
Regen begann aus den schweren Wolken über ihnen herniederzuprasseln. Ulmenetha begrüßte ihn freudig. Das Geräusch legte sich wie eine Decke über sie.
Sie hielt den Zauber aufrecht und ging weiter.
Von oben hörten sie das Geräusch splitternden Holzes, und einen hohen, kreischenden Schrei, der Ulmenethas Trommelfell zu zerreißen drohte und ihre Knie zittern ließ. Sie zerrte an der Trense, um das Gespann halten zu lassen. Das Kreischen ging weiter. Eins der Pferde wieherte vor Entsetzen. Ulmenetha sah den Berg hinauf. Dort schwankten Bäume. Angst drohte sie zu verschlingen, doch sie hielt den Zauber aufrecht.
Ein Blitz zuckte. Zwei der Pferde schnaubten und stampften mit den Hufen.
Etwa zehn Meter oberhalb des Wagens tauchte ein riesiger, keilförmiger Kopf zwischen den Bäumen auf. Ulmenetha konnte nur die Silhouette gegen den dunklen Himmel erkennen, aber trotz des peitschenden Windes konnte sie ihn schnüffeln hören, die Gerüche des Waldes einsaugen, um seine Beute ausfindig zu machen.
Der Regen ließ nach, und eine Lücke zwischen den Wolken ließ Mondlicht auf den Schauplatz fallen. Ulmenetha stand ganz still und starrte auf den großen Kopf. Wegen der schlangenhaften Gestalt hatte sie erwartet, dass die Kreatur geschuppt war, doch sie war es nicht, die Haut war leichenblass und fast durchscheinend, und sie konnte die großen Knochen am Genick sehen, die sich gegen die Haut drückten. Der bleiche Kopf drehte sich auf dem langen Hals, und sie starrte in ein schrägstehendes blaues Auge, das so groß wie ein Männerkopf war. Die Pupille war rund und schwarz und erschreckend menschlich. Der gogarin starrte ohne zu blinzeln auf die Straße. Dann zog sich der Kopf zwischen die Bäume zurück, und sie hörten wieder das Splittern von Holz, als sein ungeheurer Körper durch den Wald brach. Sie zog an der Trense und drängte den Wagen weiter, die Straße entlang, die um den Berg herumführte.
Das Gewitter zog nach Norden ab, und der Regen erstarb. Die Wolken rissen jetzt immer öfter auf, und die Gruppe zog weiter auf die ferne Brücke und die dahinterliegende Sicherheit zu.
Eine Stunde lang trotteten sie weiter. Ulmenetha war inzwischen müde und fand es schwierig, den Zauber aufrechtzuerhalten. Die Pflastersteine unter der Erde der Straße ließen nicht zu, dass sie ihre Kraft wieder auftankte, und zweimal brach der Zauber beinahe. Sie ließ das Gespann halten und rief Nogusta leise zu sich.
»Glüht dein Talisman?«
»Nein«, kam die Antwort.
»Ich muss Kraft aus dem Land ziehen. Ich muss die Straße verlassen.«
Sie ließ die Trense los und rannte zum Straßenrand. Sofort wurden der Wagen und die Reiter sichtbar. Ulmenetha sank
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