Winterkrieger
körperlich?«
»Es gibt eine alte Geschichte«, sagte Antikas, »die mein Vater immer erzählte. Sie ist Teil der ventrischen Geschichte und der Mythen. Es waren einmal zwei windgeborene Götter, mächtig und groß. Sie schwebten über der Erde und beobachteten das Reh und den Löwen, den Adler und das Lamm. Sie neideten ihnen ihre Fähigkeit, über das Land zu laufen. Diese Götter hatten viele windgeborene Untertanen, und auch diese betrachteten die Erde mit Eifersucht. Eines Tages beschlossen die beiden Götter – die einander nicht leiden konnten …«
»Warum konnten sie einander nicht leiden?« fragte Sufia.
»Das ist nicht wichtig. Jedenfalls …«
»Ich finde es schon wichtig«, sagte Pharis. »Warum sollten Götter einander nicht mögen?«
Antikas unterdrückte seine Gereiztheit. »Also schön, sagen wir, dass der eine Gott gut war und der andere böse. Einer war der Herr über Chaos und Zerstörung, während der andere das Licht liebte und gern zusah, wie die Dinge wuchsen. Sie waren wie Tag und Nacht.«
»Gut«, sagte Pharis. »Das kann ich verstehen. Erzähl weiter.«
»Danke. Eines Tages beschlossen diese Götter, ihre große Macht zu nutzen, um einen Zauber zu wirken, der ihrem Volk, den Illohir, erlauben würde, fleischliche Gestalt anzunehmen. Diese Geistwesen schwebten zur Erde hernieder, und wo immer sie landeten, zogen sie Materie an sich und schufen daraus Körper, die über die Erde wandeln konnten.«
»Wie haben sie das gemacht?« erkundigte sich Sufia.
»Keine Ahnung«, fuhr Antikas auf.
»Aber ich«, sagte Ulmenetha. »Alle Materie besteht aus winzigen Partikeln – so winzig, dass das menschliche Auge sie nicht sehen kann. Sie haben diese Partikel an sich gezogen wie Ziegelsteine und daraus ihre Körper gebaut.«
»Siehst du«, sagte Antikas zu Sufia. »Bist du jetzt zufrieden?«
Das Kind sah verwirrt aus. Axiana, die zugehört hatte, ging zu ihr hinüber. Das Baby schlief in ihren Armen.; Antikas stand auf und verbeugte sich vor ihr. Sie antwortete mit einem Lächeln. »Ich habe die Geschichte auch gehört«, sagte sie leise. »Es ist eine wundervolle Geschichte. Einige der Windgeborenen landeten im Wald und bezogen ihre Kraft aus den Bäumen. Sie wurden Dryaden, Beschützer des Waldes, ihre Seelen verbanden sich mit den Bäumen, die sie liebten. Andere kamen in den Bergen herunter und bauten ihre Gestalt aus Felsen und Stein. Das waren die Bergtrolle. Einige Gruppen tauchten in der Nähe von Lebewesen auf, wie zum Beispiel Wolfe. Da sie aus allem in der Nähe einzelne Teilchen zogen, wurden sie Gestaltwechsler, tagsüber menschenähnlich, aber in der Nacht wurden sie zu Wölfen. Überall auf der Welt nahmen die Illohir verschiedene Gestalt an und freuten sich an ihrer neugefundenen Freiheit.«
»Wurden einige auch Vögel?« fragte Sufia.
»Das möchte ich annehmen«, sagte Axiana.
»Das bedeutet dass Bison ein Dämon ist«, sagte Sufia, »denn er hatte einmal große weiße Flügel und flog damit über die Berge.«
»Das müssen aber wirklich große Flügel gewesen sein«, meinte Antikas.
Conalin kam zu ihnen. »Wenn sie alle so glücklich waren, warum haben sie dann einen Krieg gegen die Menschen angefangen?«
Ulmenetha antwortete. »Sie waren nicht alle glücklich. Einige der Windgeborenen landeten an Orten, die … unsauber waren. Schlachtfelder, Friedhöfe, Schauplätze von Gewalt oder Schrecken. Was sie in sich hineinsogen, war dunkel und angsteinflößend. Sie wurden zu den Hohlzähnen, die Schlafenden das Blut aussaugen. Oder zu den Krayakin, die für Krieg und Tod leben.«
»Und diese begannen den Krieg?« beharrte Conalin.
Antikas nahm den Faden wieder auf. »Ja. Das wirkliche Problem lag in der Natur des Zaubers, der die Windgeborenen zur Erde brachte. Sie waren … sind … Wesen des Geistes, und sie konnten ihre Körper zwar mittels Magie schaffen, aber sie nicht für längere Zeit erhalten. Sie konnten nicht essen wie wir, und als die Jahre vergingen, begannen die Illohir zu verwelken und wieder zu Luft zu werden. Diejenigen, die übrig blieben, mussten eine neue Nahrungsquelle finden: Uns. Die Illohir begannen, sich von menschlichen Gefühlen zu ernähren. Die Dryaden, die Faune und andere Waldwesen merkten, dass sie Energie aus menschlicher Freude und Glück ziehen konnten. Deswegen gibt es so viele Geschichten über wilde Feste von Faunen und Menschen. Die Faune sollen den Wein erfunden haben, um die menschliche Freude zu vergrößern. Doch die dunkleren
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