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Winterkrieger

Winterkrieger

Titel: Winterkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Dämonen in der Luft nach. Leise ging sie zurück zu ihrem Schwingstuhl und lehnte sich in die Kissen. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand erreicht und schien mit schmerzhafter Helligkeit. Sie schloss die Augen – und hatte eine Idee.
    Dämonen liebten helles Licht nicht. Vielleicht könnte sie jetzt unbeobachtet fliegen.
    Mit einem letzten Blick auf das schwatzende Paar holte sie tief Luft, um die innere Ruhe zu finden, die für den Flug vonnöten war. Dann ließ sie ihren Geist frei und floh wie ein Pfeil zur Sonne. Hoch über der Stadt schwebte sie und schaute hinunter. Der Dachgarten war jetzt winzig, von der Größe ihres Daumennagels, der Fluss, der sich durch die Stadt wand, nur noch ein dünner blauweißer Faden. Jetzt flogen keine Dämonen, aber sie konnte sie in den Schatten sehen, unter den Dachvorsprüngen der Häuser. Es waren Hunderte. Vielleicht Tausende. Sie wanden sich über der Stadt wie weiße Maden auf verwesendem Fleisch.
    Drei lösten sich aus den Schatten des Palastes und schossen mit ausgestreckten Klauen zu ihr empor. Ulmenetha wartete, starr vor Entsetzen. Sie umringten sie, so dass sie ihre opalfarbenen Augen und die scharfen Zahne sehen konnte. Sie konnte nirgends hinflüchten. Sie waren zwischen ihr und der Sicherheit ihres Körpers.
    Eine schimmernde Gestalt aus hellem Licht tauchte neben ihr auf, ein Flammenschwert in der Hand. Ulmenetha versuchte, in ihr Gesicht zu sehen, doch vor dem strahlenden Licht musste sie die Augen abwenden. Die Dämonen wichen vor der Gestalt zurück. Eine Stimme flüsterte in ihren Gedanken. Sie war seltsam vertraut »Geh jetzt, rasch!« drängte sie.
    Ulmenetha musste nicht gedrängt werden. Als die Dämonen zurückfielen, floh sie in die Zuflucht ihres Körpers.
    Sie schoss über den Dachgarten und sah die Königin neben … neben …
    Dann schlug ihr Körper die Augen auf, und ein erstickter Schrei entrang sich ihren Lippen. Axiana und Kalizkan eilten zu ihr. »Alles in Ordnung, Ulmenetha?« fragte Axiana und streichelte ihrer Freundin über die Wange.
    »Ja. Ja. Ich habe schlecht geträumt. So was Dummes. Es tut mir leid.«
    »Du zitterst ja«, sagte Kalizkan. »Vielleicht hast du Fieber.«
    »Ich glaube, ich gehe lieber hinein«, meinte sie, »und lege mich hin.«
    Sie ließ die beiden zurück und ging in ihr Zimmer neben der Wohnung der Königin. Ihr Mund war ausgedörrt, und sie schenkte sich einen Becher Wasser ein. Dann setzte sie sich und versuchte, sich ins Gedächtnis zu rufen, was sie im Dachgarten gesehen hatte.
    Das Bild war nur flüchtig gewesen, und sie stellte fest dass es um so ungreifbarer wurde, je mehr sie sich darauf zu konzentrieren versuchte.
    Leise kehrte sie zum Dachgarten zurück und blieb ungesehen in der Tür stehen. Von hier aus konnte sie den freundlichen Zauberer und die Königin beieinander sitzen sehen. Sie schloss die Augen ihres Körpers und betrachtete sie mit den Augen ihres Geistes.
    Ihr Herz hämmerte, und sie begann wieder zu zittern.
    Kalizkans Gesicht war grau und tot, seine Hände nur teilweise von Fleisch bedeckt Blanke Knochen ragten aus seinen Fingern. Und als Ulmenetha genauer hinsah, entdeckte sie eine kleine Made, die aus einem Loch in der Wange des Zauberers glitt und auf sein blaues Satingewand fiel.
    Sie ging in ihr Zimmer zurück und betete.
     
    Dagorian stand mitten in dem kleinen Zimmer. Blut war auf die weißen Wände gespritzt, und der Krummdolch, der die schrecklichen Wunden verursacht hatte, war zu Boden geworfen worden, wo er den Ziegenfellteppich besudelt hatte. Der Leichnam der alten Frau war schon fortgebracht worden, als Dagorian kam, doch der Mörder saß noch immer am Herd, den Kopf in den Händen verborgen. Zwei Drenaisoldaten bewachten ihn.
    »Es scheint ganz offensichtlich«, meinte Dagorian zu Zani, dem schlanken ventrischen Beamten, »in einem Wutanfall hat dieser Mann seine Mutter getötet. Es sind keine Soldaten beteiligt. Keine Bedrohung für den König. Ich verstehe nicht warum du mich hast rufen lassen.«
    »Du warst letzte Nacht der Wachoffizier«, sagte Zani, ein kleiner Mann mit kurz geschnittenem schwarzem Haar und einer Stirntolle. »Wir sollen alle Fälle von mehrfachen Morden melden.«
    »Dann gab es mehr als einen Toten?«
    »Ja, aber nicht hier, sondern woanders. Sieh dich um. Was siehst du?«
    Dagorian schaute sich um. Regale säumten die Wände. Auf einigen standen getöpferte Gefäße, auf anderen Flaschen aus farbigem Glas. Auf dem niedrigen Tisch neben der

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