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Winterkrieger

Winterkrieger

Titel: Winterkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Dämonen am Fenster«, sagte er heiser. Seine Worte klangen in seinem Kopf wider.
    »Ich sehe keine Dämonen«, sagte Zani mit zitternder Stimme.
    »Und doch sind sie da.«
    »Es wird kalt hier drin«, stellte Zani fest »Spürst du das?«
    Dagorian antwortete nicht. Er stand auf, ging zur inneren Tür und spähte hinaus in die Bibliothek und zur darunterliegenden Treppe. Weiße Gestalten schwebten dicht unter der Decke, andere kauerten sich außerhalb der Sonnenstrahlen zusammen, die durch die Fenster im Westen hereinfielen.
    Angst erfasste den Offizier. Es waren Scharen.
    Sie flogen ihn mit ausgestreckten Klauen an. Der Schmerz war groß, und er taumelte rückwärts. »Was ist das?« schrie Zani.
    In Panik rannte Dagorian zur Vordertür. Die Dämonen bedeckten ihn nun ganz und zerrten an ihm. Er schrie laut stolperte gegen die Tür und tastete nach der Klinke. Die Tür war verschlossen. Er fiel auf die Knie, der Schmerz war unbeschreiblich. Zani packte seinen Arm und zerrte ihn zum Westfenster. Helles Licht fiel auf ihn, und die Dämonen zogen sich zurück Zani half ihm, in den Garten hinaus zu klettern. Dagorian taumelte auf den Rasen, dann fiel er hin und rollte in den Schatten der Bäume.
    Weiße, durchscheinende Gestalten ließen sich von den Ästen herunterfallen und rissen mit Zähnen und Klauen an seinem Gesicht. Er schlug wild mit den Armen nach ihnen, aber seine Finger glitten durch sie hindurch.
    Ein schimmerndes Feuerschwert erschien. Die Dämonen wichen zurück. Eine Stimme flüsterte. »Das Gebet des Lichts! Sage es auf, du Narr, sonst stirbst du hier.«
    Schmerz und Entsetzen blockierten Dagorians Erinnerungsvermögen. Die Stimme sprach wieder. »Sag es mit mir zusammen: O Herr des Lichts, Quelle allen Lebens, sei mit mir hier in dieser Stunde der Dunkelheit und Gefahr … sprich es laut!«
    Dagorian begann das Gebet zu sprechen. Die Dämonen wichen zurück, blieben aber in der Nähe. Ihre dunklen, boshaften Augen funkelten ihn finster an.
    Dagorian erhob sich auf die Knie und beobachtete sie. Langsam begann die Kraft des Lorassium zu schwinden, und damit seine Geist-Sicht. Die Dämonen wurden immer durchscheinender, bis sie schließlich nicht mehr waren als formlose Rauchfetzen. Dann waren sie verschwunden.
    Jetzt war er sicher. Er starrte auf seine Arme und Hände und wunderte sich, dass kein Blut zu sehen war. Die Klauen hatten ihn so oft verwundet. Er sank erschöpft zurück. »Was ist hier geschehen?« flüsterte Zani. »Gegen was hast du gekämpft?«
    Dagorian antwortete nicht. Das Lorassium verstärkte nicht nur die visuelle Kraft, sondern auch die Wahrnehmung und Erkenntnisfähigkeit. Während die Wirkung nachließ, bemühte er sich, die Eindrücke, die er selbst bei seiner panischen Flucht gewonnen hatte, festzuhalten.
    Die Dämonen waren nicht empfindungsfähig – jedenfalls nicht auf eine Art, die ein menschliches Wesen verstehen konnte. Sie waren … das Wort Fresser kam ihm in den Sinn. Ja, das war es. Wie ein hungriges Rudel versuchten sie zu verschlingen … was? Was war die Ursache für seinen Schmerz? Er war nicht körperlich, trotzdem hätte er ihn getötet. Das Lorassium hatte seine Wirkung fast ganz verloren, und er versuchte, das Wissen festzuhalten, das er errungen hatte. Obwohl sie nicht empfindungsfähig waren, besaßen die Wesen eine Zielstrebigkeit, die außerhalb ihrer eigenen Wünsche lag. Ihre Gewalt wurde gesteuert.
    Die Sonne ging hinter den Bergen unter. Bald würde es dunkel sein. Dagorian überkam wieder die Angst. »Wir müssen hier weg«, sagte er.

 
Kapitel fünf
     
    Mondlicht glitzerte auf dem Zelt des Weißen Wolfes und verwandelte es in Silber. Drinnen öffnete der alte Mann die Schatulle mit den Landkarten und begann sie zu durchsuchen. Ein Becken mit heißen Kohlen erfüllte das Zelt mit Wärme, und zwei glühende Laternen warfen flackernde Schatten auf die Innenwände.
    Als er die Karte gefunden hatte, die er suchte, streckte sich der alte Mann. Sein Rücken schmerzte, und er reckte die Arme hoch, um seine Muskeln zu lockern. Da traf ihn die Kälte, bitter wie ein Schneesturm. Stöhnend drehte er sich zu dem Kohlebecken um. Es strahlte keinerlei Wärme mehr aus. Er setzte sich auf seine Pritsche, plötzlich müde, ließ die Karte auf die dünne Matratze fallen und streckte seine Hände dem Feuer entgegen. Die Hände waren alt und voller brauner Flecken, die Knöchel angeschwollen vor Rheumatismus.
    Depression überfiel ihn. Einst war ich jung, dachte er.

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