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Winterkrieger

Winterkrieger

Titel: Winterkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Er erinnerte sich an seine erste Schlacht in der neu formierten Armee des alten Königs. Er hatte den ganzen Tag lang gekämpft, ohne auch nur die Spur von Müdigkeit zu empfinden. Und in jener Nacht hatte er zwei der Lagerfrauen mit ins Bett genommen, eine nach der anderen. Er warf einen Blick auf seine dünnen, faltigen Beine, deren lose Haut über verwelkten Muskeln schlotterte. Du hättest schon vor Jahren sterben sollen, sagte er sich.
    Die Kälte wurde intensiver, aber er spürte sie nicht mehr.
    Seine Depression wuchs sich zu einer tiefen Verzweiflung aus, gemischt aus Bedauern über das, was geschehen war und einer eisigen Furcht vor dem, was noch kommen konnte, Senilität und Bettnässen. Was sollte er tun, wenn er wieder in Drenan war? Diener einstellen, die seine verschmutzten Bettlaken wechselten, die ihm den Speichel abwischten, der ihm aus dem Mund rann. Vielleicht würde er den Abscheu in ihren Gesichtern ja nicht sehen. Aber in Momenten der Klarheit würde er es sehen.
    Der alte Mann zog seinen Dolch und legte die Klinge auf sein Handgelenk. Er ballte die Faust und sah die Arterie hervorquellen. Geschickt ritzte er sie mit dem Messer auf. Selbst sein Blut war schwach und dünn, wurde herausgepumpt und befleckte den ledernen Kavalleriekilt, floss über seine Schenkel und in seine Stiefel.
    Er saß ganz still, dachte an die ruhmreichen Tage, bis er schließlich vom Bett fiel.
    Das Feuer flackerte auf, und die Hitze begann wieder das Zelt zu durchdringen.
    Nach ein paar Minuten hob sich die Zeltklappe, und zwei Männer traten ein.
    Der erste Mann lief zu dem Leichnam und kniete daneben nieder. »Gütiger Himmel«, wisperte er. »Warum? Er war guter Dinge, als du ihn nach der Karte schicktest, General. Und er hat am Geburtstag des Königs viel gewonnen. Er sprach über sein Zuhause in der Nähe von Dros Corteswain und seine Pläne für seinen Bauernhof. Das macht doch keinen Sinn.«
    Der Weiße Wolf stand schweigend daneben, sein heller Blick glitt prüfend über das Innere des Zeltes. Auf dem Klapptisch standen ein Krug und ein Becher, in dem Wasser gewesen war. Jetzt war er voll mit schmelzendem Eis. Kondensation hatte auch eine Eisschicht auf den Zeltwänden hinterlassen.
    Banelion verbarg seinen Ärger. Die Möglichkeit eines zauberischen Angriffs war ihm nicht in den Sinn gekommen, und er verfluchte sich für seine Dummheit.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte der graubärtige Offizier, der neben dem Toten kniete. »Warum sollte er sich umbringen?«
    »Warum bringt sich überhaupt jemand um?« entgegnete Banelion. »Lass den Leichnam wegschaffen.«
     
    Dagorian und Zani brachten ihre Pferde in den Stall. Der Ritt war schweigsam verlaufen, und jetzt, während sie durch die dämmrigen schattigen Straßen gingen, hielt sich der kleine Ventrier dicht bei dem größeren Offizier. »Ich denke, du solltest mir erzählen, was dort vorgefallen ist«, sagte er.
    Der Drenaikrieger nickte, dann führte er Zani zu einer kleinen Taverne unweit des Marktplatzes. Sie war fast leer, und sie setzten sich an einen Fenstertisch. Dagorian bestellte Wein, fügte etwas Wasser hinzu und nippte dann. »Dort waren Dämonen«, sagte er schließlich leise. »Ganze Scharen. Vielleicht Hunderte. Sie füllten das Haus, ganz und gar, bis auf den Raum mit dem Abwehrzauber. Sie zerrten mit Klauen und Zähnen an mir. Ich dachte sie würden mir das Fleisch von den Knochen reißen.«
    »Aber du hattest keine Wunden. Vielleicht war es nur das Rauschmittel.«
    Dagorian schüttelte den Kopf. »Ich hatte Wunden, Zani. Ich kann sie noch immer spüren. Sie zerrten an meinem Geist – meiner Seele, wenn du so willst Sie waren sogar draußen, in den Bäumen. Schlimmer noch, ich hatte das Gefühl, sie wären überall. Sie sind wahrscheinlich sogar jetzt hier, in den Schatten an der Decke, an den Wänden.«
    Zani blickte sich nervös um. Aber er konnte nichts sehen. »Wie sahen sie aus?« Dagorian beschrieb sie, die knochenweißen Gesichter mit den hervortretenden Augen, die scharfen Zähne und die Klauen. Zani schauderte. Es klang wie der Alptraum eines Verrückten – was Zani unendlich viel lieber gewesen wäre. Aber sie untersuchten fast zwei Dutzend bizarre Morde, und alles, was Dagorian beschrieb, klang wahr. Trotzdem ging es weit über Zanis Verständnis. Der Drenaioffizier schwieg. Zani fragte leise: »Was bedeutete das alles, Drenai?«
    »Ich weiß es nicht. Es geht weit über das hinaus, was man mich gelehrt hat. Aber da war noch etwas

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