Winterkrieger
einen Teller, und die beiden Männer saßen in geselligem Schweigen beieinander und aßen. Bison aß rasch, dann nahm er eine flache Pfanne und ging flussaufwärts, um nach Gold zu suchen.
»Er wird nichts finden«, sagte Kebra. »Hier gibt es kein Gold.«
»Aber es beschäftigt ihn«, sagte Nogusta mit trauriger Stimme.
»Glaubst du immer noch, dass man uns verfolgt?«
Nogusta nickte. »Malikada verzeiht nichts. Er wird Männer ausschicken, und ich werde sie töten. Und wofür? Wegen der Arroganz eines Mannes.«
»Vielleicht können wir ihnen ja auch entgehen«, meinte Kebra. Nogusta holte tief Luft und stand auf.
»Vielleicht. Ich habe noch keine neuen Visionen darüber gehabt. Aber der Tod kommt Kebra. Ich kann ihn riechen.« Kebra antwortete nicht. In solchen Dingen irrte Nogusta sich selten.
Sternenfeuer kam zu den beiden Männern. Sein Atem ging noch immer abgehackt Nogusta strich dem Hengst über den langen Hals. »Vielleicht hat Bison recht«, meinte Kebra. »Der Versuch, auf einem kranken Pferd einer Verfolgung zu entgehen, macht nicht sehr viel Sinn.«
»Er war schlecht untergebracht«, sagte Nogusta. »Mein Vater kannte sich in diesen Dingen aus. Er hat das Stroh immer feucht gehalten und dafür gesorgt dass die Ställe sauber waren. Und Sternenfeuer ist nicht bewegt worden.«
»Das meinte ich nicht«, sagte Kebra leise.
»Ich weiß, mein Freund. Es ist auch nicht vernünftig.« Er grinste. »Aber ich würde es wieder tun.«
Ulmenetha sah vom Dachgarten aus zu, wie die Armee aus der Stadt marschierte. Viertausend Drenai-Fußsoldaten, in Dreierreihen, und dreitausend ventrische Kavalleristen in Zweierreihen. Hinter ihnen kamen die Karren mit Proviant zerlegten Belagerungs- und Wurfmaschinen. Die Nachricht dass die cadische Armee sich in Marsch gesetzt hatte, hatte Usa erreicht und Skanda war begierig, ihr zu begegnen.
Der König hatte sich nicht die Mühe gemacht, Axiana zu besuchen, sondern hatte lediglich durch Kalizkan einen Abschiedsgruß geschickt. Ulmenetha hatte den Zauberer gemieden und war in ihren Räumen geblieben, bis er wieder gegangen war. Jetzt stand sie hoch über den jubelnden Menschen, als Skanda aus der Stadt ritt. Die Bevölkerung streute Rosenblüten vor sein Pferd, und er winkte lächelnd.
Erstaunlich, dachte Ulmenetha. Vor ein paar Jahren war er ein einmarschierter Ausländer gewesen, den alle fürchteten. Und jetzt, trotz der endlosen Schlachten und der Zerstörung des Reiches, war er ein Held für sie. Er war ein Gott.
Sie überlegte müßig, ob es wohl anders gekommen wäre, wenn er hässlich gewesen wäre. Konnte ein Mann mit einem hässlichen Gesicht solche Verehrung hervorrufen? Wahrscheinlich nicht. Aber Skanda war nun einmal nicht hässlich. Er sah gut aus und war hochgewachsen, mit hellblondem Haar, einem gewinnenden Lächeln und ungeheurem Charme. Wir sind manchmal so dumm, entschied sie. Im vergangenen Jahr hatte Skanda dem städtischen Waisenhaus zehntausend Raq gespendet – ein Hundertstel der Summe, die er auf seinen Kriegszügen ausgab. Doch das Volk liebte ihn dafür. Es war das Tagesgespräch der Stadt. Im selben Monat war ein geachteter heiliger Mann angeklagt worden, eine junge Priesterin verführt zu haben. Er wurde wütend verurteilt und aus Usa verbannt. Auch das war Stadtgespräch. Solche Gegensätze, dachte Ulmenetha. Das ganze Lebenswerk des heiligen Mannes war zu Staub zerfallen wegen einer einzigen unglückseligen Tat. Die Menschen verachteten ihn. Doch der größte Mörder des Reiches gewann ihre Liebe, indem er einen kleinen Teil des Geldes, das er aus dem Stadtsäckel geplündert hatte, verschenkte.
Ulmenetha seufzte. Wer konnte das schon verstehen?
Als die letzten Soldaten die Stadt verlassen hatten, wanderte sie zurück durch die oberen Etagen des Palastes hinunter in den lang gestreckten Küchentrakt. Diener, die wenig zu tun hatten, saßen herum, und Ulmenetha nahm sich ein zweites Frühstück aus Käse und Eiern, Brot und dicker Erdbeermarmelade.
Während sie aß, lauschte sie dem Schwatzen der Diener. Sie sprachen über einen jungen Drenai-Offizier, der verrückt geworden war und einen ventrischen Beamten und einen Offizier aus dem Stab von Antikas Karios erstochen hatte. Soldaten durchkämmten die Stadt nach ihm. Andere waren nach Süden geritten, um zu prüfen, ob er versucht hatte, sich den Männern anzuschließen, die mit dem Weißen Wolf auf dem Heimweg waren. Als sie wieder in den oberen Etagen war, suchte sie Axiana auf.
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