Winterkrieger
eine Mahlzeit zuzubereiten. Die Kinder sammelten Feuerholz. Alle wirkten so beschäftigt Axiana blickte zu der hohen Klippe auf. Solche Klippen hatte es in Morec auch gegeben. Sie war einmal eine hinaufgeklettert, und ihre Mutter hatte schrecklich mit ihr geschimpft. Plötzlich erinnerte sie sich an die Königliche Leibgarde, die vor einiger Zeit an ihren Wagen gekommen war. Was war mit ihnen passiert? Warum waren sie fortgegangen? Sie wollte gerade Ulmenetha danach fragen, als ihr der Duft nach Fleisch und Gewürzen aus dem Kessel über dem Lagerfeuer in die Nase stieg. Das roch köstlich!
Sie stand auf und ging zum Feuer. Der Bogenschütze, der neben dem Kessel kauerte, blickte auf. »Es ist bald fertig, Hoheit.«
»Es riecht wundervoll«, sagte sie. Sie wanderte zu dem mondbeschienenen Bach, am Ufer entlang, bezaubert von den glitzernden Lichtern auf den glatten Steinen unter Wasser. Sie schimmerten wie Juwelen. Allein ließ sie sich am Ufer nieder und dachte daran, wie sie in Morec am Strand gesessen hatte, mit den Füßen im Wasser. Ihre Kinderfrau sang ihr immer ein Lied vor, das von Delphinen handelte. Axiana versuchte sich daran zu erinnern. Sie lachte auf, als ihr die Zeilen einfielen und begann zu singen.
»Oh wie gern ich wär`
solch Königin im Meer,
ich folgte der See,
ich zöge umher,
immer so wunderbar frei.«
Im Gebüsch neben ihr raschelte es, und eine riesenhafte Gestalt richtete sich drohend über ihr auf. Axiana klatschte in die Hände und lachte glücklich. Der Bär war so groß und anders als die traurigen Kadaver, die ihr Vater nach Hause gebracht hatte, so voller Leben. Der Bär ließ ein tiefes Knurren hören.
»Gefällt dir mein Lied nicht, Brauner?« fragte sie.
Sie spürte eine starke Hand auf ihrem Arm. Als sie aufschaute, sah sie den schwarzen Krieger neben sich. Er hielt eine brennende Fackel in der Hand. Sanft zog er sie auf die Füße. »Er hat Hunger, Hoheit, und ist nicht in Stimmung für Gesang.«
Langsam wich er zurück und zog die Königin mit sich. Der Bär spreizte seine Pfoten und kam durch das Gebüsch auf sie zu. »Er kommt mit uns«, sagte Axiana strahlend. Der schwarze Mann stellte sich vorsichtig vor sie und hielt die brennende Fackel vor sich ausgestreckt. Links von ihnen sah er den Schützen Kebra mit gespanntem Bogen.
»Nicht schießen«, sagte Nogusta.
Bison und Dagorian näherten sich von rechts. Bison hielt ebenfalls eine Fackel in der Hand. Der Bär drehte seinen großen Kopf von rechts nach links. »Verschwinde!« brüllte Bison und sprang nach vorn. Überrascht von der Bewegung ließ sich der Bär auf alle viere fallen und tappte davon in die Dunkelheit.
»Er war so groß«, sagte Axiana.
»Das war er allerdings, Hoheit«, sagte der schwarze Mann. »Und jetzt wollen wir zum Feuer zurückgehen.«
Der Eintopf wurde auf Blechtellern serviert, und Axiana aß mit Genuss. Sie bat um Wein, und Ulmenetha entschuldigte sich dafür, dass sie nicht daran gedacht hatte, welchen mitzubringen. Statt dessen trank die Königin einen Becher Wasser aus dem Bach. Es war kühl und wohlschmeckend. Ulmenetha bereitete für sie ein Lager neben dem Feuer. Dagorian grub eine kleine Mulde für ihre Hüfte unter den Decken. Den Kopf auf ein Kissen aus einer zusammengerollten Decke gebettet, lag Axiana still und lauschte den Gesprächen am Feuer. Sie hörte die Worte. Das Kind Sufia schlief neben ihr, der Junge Conalin saß bei ihr und wachte über sie.
»Ich habe heute einen Bären gesehen«, erzählte Axiana schläfrig.
»Schlaf jetzt«, sagte der Junge.
Bison legte Holz nach, als Kebra die Teller einsammelte und sie zum Abwaschen an den Bach trug. Der Riese warf einen verstohlenen Blick auf Nogusta, der mit dem Rücken an die Felswand gelehnt ruhig dasaß. Dagorian und Ulmenetha flüsterten miteinander, doch Bison konnte nicht verstehen, was sie sagten. Bison war durch die Ereignisse des Tages verwirrt. Nogusta hatte sie früh geweckt, und sie hatten sich auf den Rückweg zur Stadt gemacht. »Die Königin ist in Gefahr«, war alles, was der schwarze Mann gesagt hatte, und sie waren schnell geritten, ohne sich Zeit für ein Gespräch zu nehmen. Bison war kein Reiter. Er hasste Pferde. Fast genauso wie er es hasste, im Winter auf dem nackten Boden zu schlafen, dachte er. Seine Schulter tat weh, und in seinem Rücken saß ein tiefer, nagender Schmerz.
Bison warf einen Blick zur schlafenden Königin hinüber. Die Kinder schliefen neben ihr. Nichts von alldem
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