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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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sich von den fremden Schreckensbildern befreien, die nun Teil seiner eigenen Erinnerung geworden waren. Doch wie der Rest Lumateres brannte auch die Wiese.
    Finnikin fiel auf die Knie, hielt Isaboe fest umfangen und beugte seinen Körper schützend über ihren. Dichter Rauch drohte ihn zu ersticken, er konnte kaum etwas sehen. Er schluchzte vor Wut darüber, dass sie nun auf dieser Wiese in ihrer Heimat einen sinnlosen Tod sterben sollten. Hätte er die richtigen Worte gewusst, er hätte den Göttern seinen Zorn entgegengebrüllt. Sein einziger Trost war, dass Isaboe den Untergang ihres geliebten Königreichs nicht mit ansehen musste. Ein Königreich, das schon einen viel zu hohen Blutzoll von ihrer Familie gefordert hatte. Verfluchtes Land , hatte Sir Topher einst gesagt. Verfluchte Menschen .
    In seinem Kopf drehte sich alles und um ihn herum wurde es weiß. Die Leere erfasste seine Seele mit einer Kälte, die ihn fast die schrecklichen Traumbilder zurückwünschen ließ. Wenn das der Tod war, wo war dann das Licht, das ihm versprochen worden war? Wo war seine Mutter, Bartolina von den Felsen? Schon ehe er die ersten Worte verstehen konnte, hatte Trevanion ihm versprochen, dass seine Mutter im Tod bei ihm sein würde. Und wo war Balthasar, der tapferste aller Krieger, der seine geliebte Isaboe in einer Erdhöhle versteckte und dann in den Rachen des Wolfes sprang, um die zukünftige Königin zu retten?
    Finnikin schloss die Augen. Er wollte etwas sehen, was irgendeinen Sinn ergab. Doch er wusste, Isaboe hätte ihn dafür gescholten. Deshalb ließ er davon ab und konzentrierte sich auf die Hoffnung. Taumelnd kam er wieder auf die Beine und lief mit der Königin auf den Armen halb blind weiter.
    Er hörte es, noch bevor er es sah, und er betete, dass hier nicht der Thronräuber und seine Männer kamen. Dann stand es direkt vor ihm: ein Pferd vor einem Wagen, der von einer weißhaarigen Kreatur gelenkt wurde. War das ein Geist oder eine Hexe?
    „Leg die Königin auf den Boden und tritt zurück!“, kreischte die Kreatur. Sie sprang vom Wagen und schwang ein zweischneidiges Schwert über ihrem Kopf.
    Sie war eine kleine Frau, doch ihre Augen funkelten wild wie die eines Dämons. Ihr Gesicht ließ vermuten, dass sie im Alter von Lady Abian war, doch die Haare der Frau schienen vorzeitig weiß geworden. Langsam kehrten seine Sinne zurück, und er hörte das Brüllen der Männer und das Zischen der Pfeile in der Ferne. Er weigerte sich, von der Königin zu lassen; ein Knurren entfuhr ihm, als die Hexe näher trat.
    „Leg die Königin auf den Boden, hab ich gesagt!“
    „Du riskierst dein Leben, wenn du noch einen Schritt näher kommst!“, rief er. Er blickte auf und entdeckte drei Novizinnen, die in dem Wagen hockten. Die nackte Angst stand ihnen ins Gesicht geschrieben, während ihre Blicke von ihm zu der Frau wanderten.
    Die Kreatur kam mit dem Schwert in der Hand näher.
    „Geh zurück oder du stirbst!“, zischte er.
    „Wie willst du gleichzeitig die Königin festhalten und mich töten, Junge?“, spottete sie und hielt ihm die Klinge an die Kehle. „Leg sie auf den Boden.“
    „Sie bleibt bei mir.“
    Er wollte diesem Monster wehtun. Das Gefühl war so stark, dass er seine ganze Willenskraft aufbringen musste, um dagegen anzukämpfen. Mit Isaboe auf den Armen ging er vorwärts und spürte, wie das Schwert der Hexe in seine Haut gedrückt wurde.
    „Halt!“
    Der Ausruf wurde von den Schreien der Novizinnen begleitet. Perri stand an der Rückseite des Wagens. Sein Schwert war blutverschmiert und Finnikin konnte die Kampfeslust in seinen Augen sehen, während er die Gestalt zwischen ihnen fixierte. Zwei der jungen Mädchen im Wagen krochen in die Ecken, während die dritte Finnikin und Perri anstarrte. „Dämonen!“, fauchte sie.
    „Weg vom Wagen!“, rief die weißhaarige Frau. Die ganze Wucht ihrer Stimme richtete sich gegen Perri, doch Finnikin sah das Schwert in ihrer Hand zittern.
    Perri trat einen Schritt zurück und Finnikin konnte in seinem Gesicht mehr Regung lesen als je zuvor. „Übergib die Königin an Tesadora, Finnikin“, sagte er.
    Tesadora aus dem Wald richtete ihren Blick erneut auf Finnikin und ließ langsam ihr Schwert sinken. „Der Junge von den Felsen, der seinen Schwur nicht vergessen kann. Ich habe einen kräftigeren Mann erwartet.“
    „Dein Vater braucht dich an seiner Seite, Finn“, sagte Perri.
    Finnikin weigerte sich, ihm zu folgen, und sah zu Isaboe hinab. Sie fühlte sich

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