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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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fragte Finnikin zornig. „Hast du etwa vor, Froi ein zweites Mal zu verkaufen? Ich persönlich hätte ja überhaupt nichts dagegen, wenn ich nicht genau wüsste, dass du mich bei nächster Gelegenheit an irgendeinen gottverlassenen Platz zerrst, um ihn zurückzustehlen.“
    „Das reicht“, sagte Trevanion.
    Froi murrte: „Will hierbleiben.“
    „Wir machen einen Fehler, wenn wir uns trennen“, wiederholte Evanjalin und drängte sich mit ihrem Bündel an Finnikin vorbei. „Froi! Ich sagte, du sollst dich nützlich machen.“
    „Du kommst nicht mit!“ Finnikin packte sie am Arm. „Du bleibst hier, wo du in Sicherheit bist.“
    „Schluss jetzt, ihr beiden!“, sagte Trevanion.
    „In Sicherheit?“, schrie sie. „Und was passiert, wenn sie dich gefangen nehmen, Finnikin? Sollen wir dann bis in alle Ewigkeit hier warten?“
    „Wieso denkst du, man könnte uns gefangen nehmen?“, fragte er. „Das einzige Mal, als mir das passierte, hattest du mich an die Sorelaner verraten.“
    Bis auf Evanjalins lautes Atmen herrschte Stille.
    „Wir verschwenden Zeit“, sagte Trevanion und nahm einem erleichtert dreinblickenden Froi die Verpflegung ab.
    Evanjalin wand sich aus Finnikins Griff. „Was ist los?“, fragte sie kalt. „Raus mit der Sprache! Was stört dich so? Dass ich einen Weg gefunden habe, deinen Vater aus dem Bergwerk zu holen, während du ihn jahrelang dort hast verrotten lassen?“
    Das Rauschen des Bluts in seinen Ohren war unglaublich laut, trotzdem hörte Finnikin, wie Trevanion scharf Luft holte. Und er sah Frois schadenfrohen Blick.
    „Es reicht!“, rief Sir Topher. Seine Wangen waren vor Ärger gerötet. „Wie war das mit dem Schweigegelübde?“, sagte er zu Evanjalin. „Du wirst nicht sprechen, bevor du nicht die Erlaubnis hast. Hast du mich verstanden, Evanjalin? Falls nicht, bin ich der Erste, der dich an der Mündung des Yack zurücklässt. Wir bleiben zusammen“, fügte er etwas ruhiger hinzu und sah Finnikin an. „Es ist so oder so gefährlich.“
    Evanjalin drängte sich an Froi vorbei und stieg die Planke hinauf, noch ehe jemand etwas einwenden konnte. Finnikin registrierte die Blicke der Mannschaft an Bord. Raubtiere, wie die Gefangenen von Sorel. Aber es war ihm egal, was sie ihr antäten. In seinen Ohren hallten noch ihre grausamen Worte. War es das, was Trevanion dachte und nicht sagen konnte? Dass sein Sohn ein Feigling war, der ihn in den Eingeweiden der Hölle schmachten ließ?
    Der Kapitän der Myrinhall sah zu, wie sie nacheinander an Bord kamen, und schüttelte den Kopf. „Ihr habt Euer Todesurteil unterzeichnet, Freunde. Ja, das habt Ihr.“
    Finnikin blieb die erste Hälfte der Reise für sich allein. Sein einziger Trost war, dass Evanjalin die meiste Zeit mit dem Kopf über der Reling verbrachte und ihren Magen ins Meer entleerte. Nach so vielen Stunden war es erstaunlich, dass überhaupt noch etwas darin war.
    Er sah zu, wie sie zurück zu ihrer Decke taumelte, doch sobald sie sich hinsetzen wollte, würgte es sie wieder und sie rannte zur Reling. Froi ging es die meiste Zeit nicht viel besse r – ein Anblick, der Finnikin sogar noch mehr befriedigte.
    Während seiner Reisen war er nie auf dem offenen Meer gewesen und er fand es ebenso Angst einflößend wie berauschend. Wenn es nicht die Wellen waren in ihrem wogenden Auf und Ab, die sie nach vorne schleuderten, dann waren es die heftigen Winde, die das Meerwasser in brodelnden Schaum verwandelten. L’essoupi nannten die Segler diesen Teil des Meeres. „Der Verschlinger“.
    Später gesellte sich Trevanion zu ihm und sie saßen Seite an Seite mit dem Rücken gegen den Rumpf. Wie so oft herrschte Schweigen zwischen ihnen, doch diesmal passte es Finnikin gut. Nach der Szene auf dem Pier gab es nichts zu sagen.
    Sie verbrachten die Nacht unter einem Himmel, der voller Lichter war, so als kämpfte jeder Stern darum, gesehen zu werden. Das Meer war ruhig, und Evanjalin hatte endlich aufgehört, sich zu übergeben. Obwohl Finnikin kein Verlangen nach ihrer Gegenwart hatte, ertappte er sich dabei, wie er sie beobachtete, weil er fürchtete, dass einer der Seeleute ihr zu nahe käme.
    „Schlaf ein wenig“, flüsterte Trevanion in der Dunkelheit. „Ich passe schon auf sie auf.“
    Sir Topher wischte über Evanjalins Stirn. Das Mädchen war schwach und den Tränen nah vor Erschöpfung, doch er wusste, das war nicht der einzige Grund für ihren Zustand. Er konnte ihre Unruhe spüren, jedes Mal, wenn sie den Kopf hob,

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