Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
Vom Netzwerk:
bestraft. Tatsächlich leben die jungen Mädchen in dem alten Kloster der Sagrami im Nordwesten des Königreich s – an einem der wenigen Orte, die der Thronräuber und seine Männer aus Furcht vor Seranonnas Vermächtnis nicht betreten.“
    „Glaubst du, unsere Landsleute wissen, dass die Mädchen noch leben?“, fragte Trevanion.
    Evanjalin schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht sagen, wer von ihnen die Wahrheit kennt. Nach dem Traum des Bäckers zu urteilen, wissen es die Eltern der Mädchen. Bei den anderen bin ich mir nicht sicher. Der Lehrjunge des Kochs trauerte aufrichtig, er glaubte wirklich, dass seine Liebste tot sei.“
    „Aber wir können trotzdem nicht sicher sein, dass Tesadora die Tage des Unsagbaren überlebte“, beharrte Trevanion.
    „Ich belauschte den Schlaf einer Novizin der Sagrami. Sie träumte von dem Tag, als ein Mann mit einer Krone kam und sie versteckte.“
    „Balthasar?“
    „Einer mit einer Krone, mehr weiß ich nicht.“
    „Könnte es sei n …“, begann Trevanion, zögerte dann jedoch und schüttelte den Kopf.
    „Jemand schmuggelte Tesadora und die Novizinnen, noch bevor der Fluch ausgesprochen wurde, nach Lumatere hinein.“
    „Jemand mit einer Krone?“, fragte Sir Topher. „Das ist Unsinn.“
    „Aber der Fluch mit dem Blut ist kein Unsinn?“, fragte Trevanion.
    „Es wäre doch sehr einleuchtend, wenn jene dritte Person, die zusammen mit mir und dem Kind durch fremde Träume wandelt und vielleicht sogar den Fluch brechen kann, mit der Quelle des Fluchs blutsverwandt wäre“, sagte Evanjalin. „Seranonnas Tochter.“
    „Ausgerechnet Tesadora? Perri nannte sie ,Natternbrut‘“, sagte Trevanion.
    „Wenn das von Perri dem Wilden kam, weiß man, was davon zu halten ist“, warf Sir Topher ein.
    „Vielleicht ist Tesadora trotzdem genau die Richtige“, widersprach Finnikin.
    „Seranonna sandte sie als Kind in den Norden zu den Novizinnen, um sie vor den anderen Waldbewohnern zu beschützen“, erklärte Sir Topher. „Denn die fürchteten sie sehr. Sie hielten Tesadora für böse, weil ihr Waldblut mit dem eines Charyniten vermischt war.“
    „Wenn du durch den Traum eines Menschen gehst, tauschst du dabei keine Gedanken mit ihm aus?“, fragte Trevanion.
    Evanjalin schüttelte den Kopf. „Nur mit dem Kind, das mich begleitet. Das erste Mal geschah es, als ich zwölf Jahre alt war und einen wundersamen Traum hatte. Inzwischen glaube ich, dass dieser Traum die Geburt eben jenes Kindes war. Als mein e …“, sie zögerte und sah Sir Topher an, „als meine erste Blutung kam, begann auch das Herz des Kindes zu schlagen. Ich hielt es im Traum in meinen Armen.“
    „Und du wandelst nie z u … anderen Zeiten?“, fragte Finnikin.
    „Nur einmal gab es eine Ausnahme“, sagte sie leise.
    „Als dein Blut auf eine andere Weise floss?“, fragte Sir Topher.
    Sie nickte. „Vor zwei Sommern. In jener Nacht wandelte ich durch den Traum von Lady Beatriss und sie flüsterte die Worte: ‚das Kloster von Sendecane‘.“
    „Wieso flos s …“ Dann begriff Finnikin. „Sarnak! Dein Blut wurde bei dem Massaker vergossen?“
    Sie nickte.
    „Aber wie bist du dem Tod entronnen, Evanjalin?“, fragte Sir Topher sanft.
    „Hast du eine Wunde davongetragen?“, fragte Trevanion.
    Sie öffnete ihr Gewand und enthüllte eine hässliche Narbe über der Brust. Die Wunde war schlecht verheilt und nässte.
    „Sie wissen nicht einmal, wie man einen sauberen Stich führt“, sagte Finnikin, der gern die Augen abgewendet hätte, es aber nicht fertigbrachte.
    „Oh nein, darauf verstehen sie sich sogar sehr gut“, widersprach Evanjalin. „Sie waren Jäger, das erkannte ich sofort. Ich beobachtete sie. Ihre Pfeile trafen direkt ins Herz, ihre Dolchstöße gingen hinein und ebenso blitzschnell wieder heraus. Unsere Leute warfen sich auf die Knie, aber sie wurden niedergemetzelt, noch während sie die Hände zum Gebet falteten. Andere rannten weg und bekamen einen Pfeil in den Rücken. Die Jäger pflegten jene, die im Rücken getroffen waren, umzudrehen und ihnen auch noch einen Dolch ins Herz zu stoßen.“
    „Dennoch ist deine Wunde das Werk eines Stümpers“, sagte Sir Topher.
    „Weil ich nicht wegrannte und nicht flehte. Wo immer sich etwas bewegte, trafen die Jäger ihr Ziel. Aber ich konnte ihnen nicht den Rücken zukehren. Ich musste einfach wissen, was vor sich ging. Ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass mich der Tod von hinten überraschte. Als um mich herum die

Weitere Kostenlose Bücher