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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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Evanjalin für Jehr. „König von Yutlind Süd. Ich werde in unserer Festung wohnen und euer König wird mich besuchen kommen.“
    Jehr sah Finnikin an und sagte etwas zu Evanjalin, die ihm mit einem Kopfschütteln antwortete.
    „Was wollte er denn wissen?“, fragte Finnikin.
    „Er wollte wissen, ob du der Thronfolger bist. Er denkt, dass du der zukünftige König bist, wir es aber vor den Leuten hier verheimlichen.“
    Der Junge sagte wieder etwas, und diesmal lief ihr Gesicht rot an und sie schüttelte sehr energisch den Kopf.
    „Was hat er jetzt gesagt?“, fragte Finnikin.
    „Ist nicht wichtig.“
    Finnikin blickte Jehr fragend an, weil dieser ihn und Evanjalin so aufmerksam beobachtete.
    „Hast du ihm gesagt, dass du zu unserem König gehörst?“, fuhr Finnikin sie an.
    „Ich gehöre zu niemandem!“ Die Luft knisterte vor Spannung.
    Jehr ließ die beiden nicht aus den Augen. „Ah“, sagte er dann und nickte, als hätte er etwas erraten.
    Evanjalin rief dem Vater des Jungen, der sich in der Nähe über eine Brüstung lehnte, ein paar Worte zu. Jehr schaffte es nicht mehr, sich rechtzeitig zu ducken, denn schon hatte der Häuptling die Köpfe der beiden Jungen gepackt und zusammengestoßen. Jehr knurrte Finnikin etwas zu, und was immer es war, Finnikin stimmte, mit einem gereizten Seitenblick auf Evanjalin, aus vollem Herzen zu.
    „Lehre mich ihre Sprache“, bat Finnikin später, als sie in der dunklen Höhle neben den anderen lagen. Nur Trevanion nicht, der war draußen auf dem Felsen. Finnikin roch die Mischung aus Kuhdung und Erde, die den Boden bedeckte.
    Sie begann mit ein paar einfachen Worten und Sätzen, und er wiederholte sie. Manchmal musste sie über seine Aussprache lachen, und er achtete darauf, dass er denselben Fehler nicht noch einmal machte.
    „Wie kommt es, dass du so klug bist?“, fragte er sie leise.
    „Weil ich es sein musste“, antwortete Evanjalin.
    Sir Topher begann einträchtig mit Froi zu schnarchen. Finnikin ahmte einen übertriebenen Schnarcher nach und Evanjalin schüttelte sich vor Lachen.
    „Jehr ist noch nie woanders hingekommen“, sagte sie nach einer Weile. „Er darf die Festung nicht verlassen. Zu viel hängt von ihm ab.“
    „Das ist doch kein Leben“, murmelte Finnikin. „Willst du damit sagen, unser Thronfolger hat nicht genug von der Welt gesehen? Oder meinst du, dass Balthasar irgendwo zu seinem eigenen Schutz eingesperrt ist?“
    Evanjalin blickte Finnikin ernst an. „Hast du dich je gefrag t … ob er überleben wird?“
    „Du meinst Balthasar? Ob er es überlebt, König zu sein?“
    „Nein. Ob er es überlebt, Lumatere zu betreten.“
    Finnikin war wie vom Donner gerührt. „Wieso sagst du so etwas, wo du dir deiner Sache doch immer so sicher gewesen bist?“
    „Wir wissen nicht, was im Tal der Stille geschehen wird. Es gab nie eine Weissagung, dass der Thronfolger überleben wird. Es hieß nur, dass er am Tor den Bann brechen würde.“
    Finnikin schluckte schwer. Er hatte sich gerade an die Hoffnung gewöhnt, dass Balthasar am Leben war. Evanjalin hatte ihm diese Hoffnung gegeben.
    „Was denkst du?“, fragte sie leise.
    „Ich habe ihn als Kind beneidet, weißt du das?“
    „Balthasar?“
    „Jeden Tag wurde er von Sir Topher in den verschiedenen Landessprachen unterrichtet und bekam eine Einführung in die politischen Pläne und Ziele der Nachbarreiche. Ich dagegen musste nachmittags mit der jüngsten Prinzessin spielen. Balthasar lernte die Geheimnisse unseres Königshofs und ich lernte die Namen von Isaboes Puppen.“
    „Und doch bist du jetzt hier und hast durch Sir Topher Politik und die Sprache der anderen Königreiche kennengelernt.“ Sie sah ihn forschend an. „Ist es das, was dich beunruhigt?“, fragte sie. „Dass du sein Leben gestohlen hast?“
    „Du verstehst das nicht“, sagte er. „Als Kind habe ich jede Nacht feierlich geschworen: dass ich, wenn ich König wäre, das Leben der Waldbewohner verbessern würde; dass ich als König nicht so nachgiebig gegenüber unserem Nachbarn Charyn wäre. Und Sagrami hörte meine dunklen Wünsche.“
    „Heilige Göttin!“, stieß sie hervor. „Du glaubst tatsächlich, dass du schuld bist an der Katastrophe in Lumatere!“
    „Schlaf jetzt!“, fuhr er sie an und drehte sich von ihr weg.
    „Falls der Thronerbe die Öffnung des Haupttores nicht überlebt, muss zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes ein Nicht-Adliger über das Königreich herrschen“, fuhr sie

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