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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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Tiere, kräftig und schön. Seine Bewunderung für die Pferde war ihm anzusehen. Einer der Älteren rief einem jungen Mann einen Befehl zu, worauf dieser sofort absaß und Trevanion die Zügel überließ. Der alte Mann trieb sein Pferd an und galoppierte los. Trevanion preschte hinterher.
    Am Abend wurden sie mit Yakmilch und Maiskuchen bewirtet. Während sie aßen, kam ein junges Mädchen mit bronzefarbenem Teint und honigfarbenen Augen und betrachtete voller Mitleid den Sonnenbrand auf Finnikins Haut. Sie berührte sein Haar, ließ es durch die Finger gleiten und redete in der kehligen Sprache der Süd-Yuts auf ihn ein.
    „Was sagt sie denn?“, fragte er Evanjalin.
    „Dass echte Männer keine solche Haarfarbe haben.“ Sie ging zu Froi, nahm ihm ein Stück Kuchen aus der Hand und gab es Sir Topher zurück.
    Als Trevanion zurückkam, half er Finnikin auf die Beine. „Sie haben uns erlaubt, eines ihrer Zelte zu benutzen, Finn. Es hat keinen Sinn weiterzugehen, solange du so schwach bist und Schmerzen hast.“
    Finnikin protestierte nicht. Es war eine Erleichterung, aus der grellen Sonne zu kommen und auf einer gewebten Matte zu liegen. Das Zelt war klein und niedrig. Sir Topher und Trevanion mussten den Kopf einziehen.
    „Versuch zu schlafen“, sagte Trevanion und vergewisserte sich, dass Finnikins Verband noch richtig saß. „Mal sehen, was wir gegen die Schmerzen tun können. Das Fieber hat dich geschwächt.“
    „Evanjalin wird wissen, was zu tun ist“, murmelte Finnikin.
    „Sie ruht sich aus, aber sie war so freundlich, diese schmerzstillende Salbe anzurühren“, sagte Sir Topher betont munter und kauerte sich neben ihn. „Kannst du dich aufsetzen?“
    Finnikin konnte nicht schlafen, weil er ständig Besuch bekam. War es nicht sein Vater oder Sir Topher, dann war es der Geistkrieger, der sie hierhergeführt hatte. Er versuchte mit Finnikin in seiner Sprache zu reden. Alle kamen, alle bis auf Evanjalin. Das Yut-Mädchen brachte Öl und bestrich damit Finnikins sonnenverbrannte Haut. Ihre Finger waren sanft und ihr Lächeln war warm.
    Froi kam mit Finnikins Essen. Finnikin wusste genau, dass der Junge nur einen Grund suchte, um für eine Weile der sengenden Hitze zu entfliehen. „Mach dich nützlich und bring Evanjalin zu mir“, befahl er energisch.
    „Will nicht“, murrte Froi.
    „Wer hat hier das Sagen?“, fragte Finnikin. „Du oder ich?“
    Der Dieb grinste, während er es sich bequem machte. „Sie natürlich.“
    Finnikin nickte ein. Als er aufwachte, kniete Evanjalin neben ihm und war dabei, den Verband zu lösen. Der Eitergestank war beinahe unerträglich, aber Evanjalin ließ sich nichts anmerken, sondern versorgte seine Wunde mit flinken Fingern. Als sie die Salbe auftrug, spürte er die Wärme ihrer Hand, und diese Wärme ließ ihn sofort das höllische Brennen der Wunde vergessen.
    Während der Behandlung hatte sie die ganze Zeit geschwiegen. Nun strich sie mit groben Bewegungen Öl auf seinen Sonnenbrand, ganz anders als das sanfte Yut-Mädchen. Finnikin versuchte dabei nicht zusammenzuzucken, aber insgeheim verfluchte er Evanjalin. Als sie aufstand, packte er sie am Handgelenk und zog sie zu sich.
    Zum ersten Mal, seit sie das Zelt betreten hatte, trafen sich ihre Blicke, ihre Augen waren voller Zorn.
    „Lass meinen Arm los!“
    „Warum bist du wütend?“, fragte er. „Es ist nicht meine Schuld, dass ich verwundet wurde.“
    „Ich bin wütend, weil du dumm bist.“
    „Dumm?“
    „Verstehst du das Wort nicht?“, fragte sie und wiederholte es in den Sprachen von Sendecane, Sarnak, Charyn, Osteria, Yutlind, Belegonia und Sorel.
    Jetzt war auch er wütend. „Sei vorsichtig, wen du für dumm hältst. Ich habe mich nicht mitten auf die Lichtung gestellt und mein Leben aufs Spiel gesetzt. Übrigens ist dein Sendecanisch erbärmlich. Jeder weiß, dass dieses Wort mit einem Zischlaut gesprochen wird.“
    „Es war dumm, dass du den Schiffsmast hinaufgeklettert bist, statt deinem Vater zu gehorchen und ans Ufer zu schwimmen“, sagte sie betont langsam und zog ihren Arm weg. „Wir können auf solche Heldentaten verzichten, wir brauchen Klugheit und Mut.“
    „Bleib!“, bat er.
    „Das Yut-Mädchen kann dir doch Gesellschaft leisten“, entgegnete sie kühl. „Sir Topher möchte gern, dass ich heute Abend mit ihm das Spiel der Könige spiele, und ich will ihn nicht warten lassen.“
    „Sir Topher sagt, es gebe niemanden, der dieses Spiel besser beherrschte als mich“, prahlte

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