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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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Doch der wache Geist, der ihn von jeher ausgezeichnet hatte, war nicht aus seinen Augen gewichen.
    „Ich habe dafür gesorgt, dass er schneller altert“, murmelte Finnikin. Er ging zum Fenster und spähte in die Dunkelheit. „Wir brauchen eine Unterkunft für ein oder zwei Nächte. Und etwas zu essen. Deshalb müsst Ihr Eure Dienerschaft wegschicken. Für unsere Weiterreise brauchen wir Pferde und, wenn ich so frei sein darf, auch ein paar Silbermünzen.“
    „Sonst noch etwas?“, fragte Lord Augustin und sein Blick wanderte erneut zu den Männern in der Kammer. „Vielleicht auch noch meine Erstgeborene?“
    Draußen auf dem Balkon war ein Geräusch zu hören, dann tauchte eine Hand am Geländer auf. Finnikin beugte sich hinaus und half einem Mann über die Brüstung. Als Lord Augustin sah, wer es war, entspannte er sich sichtlich.
    „Guten Abend, Lord Augustin“, keuchte Sir Topher. Finnikin legte dem alten Mann die Hand auf die Schulter, bis er wieder Luft bekam. „Hast du ihn wegen der Waffen gefragt?“, stieß Sir Topher keuchend hervor.
    „Nein. Er hat mir seine Erstgeborene angeboten, das hat mich abgelenkt“, sagte Finnikin. Zu Lord Augustin sagte er: „Nun wisst Ihr also, dass Sir Topher wohlauf ist. Können wir Euch jetzt vertrauen? Wir müssen sicher sein, was das angeht. Also seid ehrlich und schickt uns wieder weg, wenn Ihr nicht gewillt seid, uns zu helfen.“
    „Ist meine Familie in Gefahr?“, fragte der Herzog mit einem Seitenblick auf die hünenhaften Gestalten im Nebenzimmer.
    Finnikin machte einen Schritt auf ihn zu und versperrte ihm so die Sicht. Lord Augustin meinte, einen Anflug von Bedauern in der Miene des jungen Burschen zu erkennen; vielleicht kam es ihm doch etwas respektlos vor, den eigenen Körper als Waffe zu benutzen.
    „Denn wenn das der Fall ist, dann werde ich dich töten.“
    „Hör auf, meinen Sohn zu bedrohen, Augustin“, hörte er plötzlich jemanden hinter Finnikin sagen. Einer der Männer trat aus dem Schatten heraus. „Sonst müsste ich dich ebenfalls töten. Und das, obwohl Lumatere wahrlich nicht noch mehr vaterlose Kinder brauchen kann.“
    „Gütige Sagrami!“, stieß Lord Augustin hervor. Seine Augen wanderten von Trevanion zu Perri und Moss, die sich nun ebenfalls zu erkennen gaben, und wieder zurück zu Trevanion. Verblüfft fing er zu lachen an. Dann umarmte der kleine Mann den Riesen Trevanion, klopfte ihm auf den Rücken und schob alle zusammen in die Kammer nebenan. Schmunzelnd zeigte er auf Finnikin. „Ich wusste ja, dass du endlich doch zur Vernunft kommen würdest.“
    „Das ist aber nicht Euer Verdienst.“
    „Es wird die Hölle los sein, wenn sich erst einmal die Nachricht herumspricht, dass ein politischer Gefangener auf der Flucht ist.“
    „Sind wir hier sicher, Sir?“, fragte Finnikin.
    „Wir wollen dich und deine Familie auf keinen Fall in Gefahr bringen“, sagte Trevanion ruhig.
    „Je weniger Leute Bescheid wissen, desto besser“, warnte Sir Topher.
    „Augustin?“
    Die fünf Männer drehten sich um. Lady Abian stand in der Tür und umklammerte ängstlich das Wolltuch, das sie rasch über ihr Nachtgewand geschlungen hatte. Als sie Trevanion erkannte, unterdrückte sie einen Aufschrei und im nächsten Augenblick warf sie sich in seine Arme.
    „Abie“, tadelte sie ihr Gatte gutmütig, „ich muss doch sehr bitten. Willst du mich zum Hahnrei machen?“
    Beim Anblick von Finnikin schlug Lady Abian die Hand vor den Mund und brach in Tränen aus.
    „Sehe ich so schrecklich aus?“, fragte er.
    Überwältigt von ihren Gefühlen, schüttelte sie den Kopf und umarmte Finnikin. „Außer meinen eigenen habe ich nie einen hübscheren Säugling in den Armen gehalten als dich.“
    „Ein schmeichelhaftes Kompliment für einen Mann“, sagte Trevanion lachend.
    „Was habt ihr hier vor?“, fragte sie. Als niemand antwortete, blickte Lady Abian von Trevanion zu ihrem Mann. „Wir gehen nach Hause“, flüsterte sie. „Oh süße Göttin, wir gehen nach Hause.“
    „Lady Abian, es kann gut sein, dass es dort nichts mehr gibt, was man als Zuhause bezeichnen könnte“, sagte Finnikin leise.
    Ein schriller, durchdringender Schrei schreckte sie auf. Lord Augustin rannte zur Tür, gefolgt von den anderen. Er lief die Treppe hinunter in eine winzige Kammer, die man ebenso gut für einen begehbaren Schrank hätte halten können; es war jedoch eine Schlafstube. Dort stand Evanjalin neben Lady Celie, die beim Anblick von Trevanion und Perri

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