Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)
vergessen, die Einladungen: ein Kaffeetrinken hier, eine Weihnachtsfeier dort. Jeder Verein, jeder Sportclub und natürlich sämtliche Kunden schickten ihre Einladungen.
Nicht jede konnte ich absagen. Auch wenn es mir nicht behagte, es gab ein paar, auf denen ich mich in diesem Jahr zeigen musste. Mit Robert hatte ich darüber genau so wenig gesprochen wie über seine Dekorationswut, die sich mittlerweile auf die gesamte Wohnung ausgeweitet hatte.
Erstaunlicherweise war nichts Neues von „Schwaengelbells“ dazugekommen. Dafür hing jetzt ein großer Weihnachtsstern im Fenster und diverse Figuren tummelten sich auf unserer Schrankwand. Ich sagte nichts dazu und das verwunderte mich eigentlich am meisten.
Ich ließ ihn machen, verzog mein Gesicht zu einem Lächeln, wenn er mich fragte, ob es mir gefiel. Robert schien es zu genügen und ich ... hoffte einfach nur, dass es nicht noch schlimmer werden würde. Mein Freund kam mir in den letzten Tagen vollkommen fremd vor und das gefiel mir gar nicht. Wobei mich meine eigene Reaktion noch viel mehr verunsicherte. Seit wann nahm ich Dinge hin, die mir nicht entsprachen, die ich eigentlich nicht wollte? Ich erkannte mich selbst kaum wieder.
Was war nur mit uns passiert? Gab es überhaupt noch ein echtes „Uns“? Mein Magen zog sich bei diesem Gedanken krampfhaft zusammen. Ich fühlte mich so wohl bei ihm, ich wollte ihn als meinen Partner. Aber das kam mir alles so fremd vor …
Vermutlich lag es wirklich an dieser „besonderen“ Jahreszeit. Vielleicht wollte ich auch einfach nur sehen, wohin das Ganze führen würde.
„Guten Tag Herr Krüger!“, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
„Frau Kowalowksi! Ich habe Sie gar nicht gesehen!“, sagte ich und sah sie entschuldigend an.
Sie lächelte: „Das macht doch nichts“ und blieb stehen. Ich hatte keine andere Wahl, als ebenfalls anzuhalten.
„Junger Mann, Sie sehen müde aus!“, sagte sie und betrachtete mich eingehend.
„Es ist im Moment sehr stressig auf der Arbeit!“, gab ich unbestimmt von mir.
„Ja, ja, mein Eduard musste in der Vorweihnachtszeit auch immer so viel arbeiten.“
Ich nickte nur, sagte jedoch nichts weiter dazu, sondern sah sie nur lächelnd an.
„Alter schlesischer Landadel!“, hatte Robert mal gemeint und dabei gegrinst. Damit hatte er womöglich nicht ganz unrecht. Frau Kowalowski ging immer nur perfekt gestylt aus dem Haus. Sie hatte immer einen Hut passend zum Mantel und natürlich passend zur Handtasche.
Heute war sie ganz in Lila gekleidet. Sie trug an jedem Finger einen Ring und war dezent geschminkt. Ich hatte keine Ahnung, wie alt sie war, vermutlich mindestens um die 80. Sie lebte allein und nutzte jede Gelegenheit für eine Unterhaltung.
Als Robert bei mir einzog, da musste ich ihr ganz genau erklären, was es mit dem jungen Mann auf sich hatte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie verstand, dass wir nicht in einer WG lebten, sondern tatsächlich in einem Bett schliefen. Ihr Gesichtsausdruck war herrlich gewesen, erstaunlicherweise hatte es sie nicht abgeschreckt.
Nein, sie war immer daran interessiert, wie wir so lebten, nutzte jede Gelegenheit, um uns in ein Gespräch zu verwickeln und hatte mittlerweile einige Male bei uns geklingelt, um uns Neuigkeiten zu erzählen oder uns einen Kuchen zu bringen.
„Nicht, dass die jungen Männer verhungern!“, hatte sie zwinkernd gemeint, und wir hatten uns natürlich höflich bedankt und sie hereingebeten. Zu dritt hatten wir den Kuchen gegessen und sie hatte sich neugierig unsere Wohnung angesehen, unseren Kaffee gelobt. Die Bilder im Wohnzimmer fand sie ebenfalls ganz entzückend.
„Dass ich das noch erleben darf!“, fing sie plötzlich an und lächelte vielsagend. Ich hatte keine Ahnung, wovon sie redete und so sah ich sie nur verständnislos an.
„Der Herr Hartmann tut Ihnen aber wirklich gut! So ein feiner junger Mann!“, säuselte sie und ich wusste immer noch nicht, worauf sie hinaus wollte.
„Ja, ich mag ihn sehr!“, brachte ich mühsam hervor.
„Das freut mich und noch mehr freut es mich, dass Sie endlich auch richtig Weihnachten feiern. Ich bin jedes Jahr ganz traurig, dass man bei Ihnen gar keine Weihnachtsstimmung sieht, nun ist das ja vorbei! Und der Weihnachtskranz an Ihrer Tür sieht ganz besonders entzückend aus! Da könnte ich glatt neidisch werden. Wenn ich den Herrn Hartmann das nächste Mal sehe, werde ich ihn fragen, wo er ihn gekauft hat. Niedlich, diese Rentiere!“, kicherte
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