Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)
zu ihm. Gerade im Moment kam mir diese Bezeichnung gleichwohl passend vor.
„Sie haben sich lieb!“, feixte er neben mir.
„Hmmm. Sie haben sich sehr lieb, wie mir scheint!“, brummte ich und drehte die Tasse in meiner Hand.
„Ja ... sehr lieb!“
Das Lachen in seiner Stimme war nicht mehr zu überhören und auch meine Mundwinkel begannen allmählich zu zucken.
„Okay, halten wir mal eben fest! Vor mir brennt ein Penis auf dem Adventskranz, auf meiner Tasse treiben es zwei Rentiere, und wenn ich die Serviette von meinem Teller nehme...“, ich machte es genau in diesem Moment, „... natürlich! Auch auf meinem Teller tummeln sich die Rentiere ... wer hätte das gedacht!“
Auf dem Teller waren sie sogar noch besser zu sehen und ihre Haltung war mehr als eindeutig. Der vordere verdrehte vor Glück die Augen, während den Nüstern des hinteren eine kleine Dampfwolke entstieg. Er schien sich mächtig anzustrengen und es war ja auch recht kalt, dort oben im hohen Norden. Ich rollte mit den Augen und legte die Serviette wieder auf den Teller.
„Also, was habe ich nicht mitbekommen?“, fragte ich nach und wusste echt nicht, ob ich lachen oder wütend sein sollte. „Wann hast du beschlossen, dass wir Pornoweihnachten feiern?“
„Das ist doch total süß!“, erwiderte Robert grinsend und ich nickte mechanisch.
„Süß! Hmm, du mit einer Menge Nutella auf dem Körper, das wäre süß gewesen ... aber das hier!“
„Was hast du nur mit dem Nutella?“, fragte er und seine Stimme bekam diesen leicht gereizten Tonfall. Ja, was war das nur mit dem Nutella?
„Nichts, vergiss es!“, brummte ich und trank nun doch einen Schluck Kaffee. Das Bild auf der Tasse gab dem Begriff „Kaffeesahne“ eine ganz neue Bedeutung. Der Kaffee wirkte augenblicklich und ich fühlte, wie meine gereizten Nerven sich beruhigten. „Wo hast du das ganze Zeug nur her?“
„Aus dem Internet!“, brummte Robert und klang dabei leicht angepisst. Dabei hatte er eigentlich keinen Grund dazu. Ich war doch wirklich ruhig!
„Du verbringst eindeutig zu viel Zeit vor dem PC!“, murmelte ich vor mich hin. Natürlich so laut, dass es Robert auch hören konnte.
Ein Zischen war die Antwort darauf: „Ich wollte eigentlich nur nach ein wenig Deko suchen und dabei bin ich auf diese Seite geraten: „Schwaengelbells dot com“!
Ich spuckte meinen zweiten Schluck Kaffee quer über den Tisch und fing an, wie wild zu husten. Robert klopfte mir gönnerhaft auf den Rücken.
„Ist nicht dein Ernst!“, brachte ich mühsam hervor, als ich meinen Hustenanfall unter Kontrolle hatte.
„Doch.! Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Diese Seite ist echt großartig. Du glaubst gar nicht, was die alles anbieten.“
„Und die heißt tatsächlich „Schwaengelbells“?“, fragte ich.
Robert nickte eifrig. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was es da alles gab, allerdings hatte ich das Gefühl, dass ich noch eine Menge davon kennenlernen würde.
Der Rest des Tages verlief doch noch so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Wir machten es uns auf dem Sofa bequem, schauten ein paar Filme, die ich allesamt aussuchte. Auf Roberts Gejammer, dass er diese Actionfilme nicht leiden könnte und das alles viel zu brutal wäre, nahm ich keine Rücksicht. Ganz im Gegenteil, ich genoss es, wenn er seinen Kopf an meiner Brust verbarg, weil es ihm zu blutrünstig war.
Ich hielt es für die gerechte Strafe für diese Überraschung. Von der ich mich auch am Nachmittag noch nicht erholt hatte. Die Wohnung kam mir seltsam fremd vor und daran änderte auch nichts, dass die Peniskerze allmählich herunterbrannte und nur noch ein kümmerliches Bild abgab.
„Mach dir keine Gedanken!“, sagte Robert lächelnd, „Ich habe gleich ein ganzes Paket Ersatzkerzen mitbestellt!“
„Was für ein Glück!“, brummte ich und warf den nächsten Film ein.
* * *
Müde schloss ich die Haustür auf.
Die letzten Tage im Jahr waren für meine Firma eine besondere Herausforderung. Wer auch immer behauptete, dass es eine besinnliche Zeit wäre, war ein Idiot.
Nein, diese Zeit war nicht besinnlich, sie war die mit Abstand anstrengendste im Jahr. Alles drehte sich nur noch um Geschenke kaufen, um essen, backen, dekorieren.
An jeder Ecke stand ein Weihnachtsmann, der Briefkasten quoll über vor Spendenbriefen. Keine Zeit war passender, um den Finger auf die Missstände der Welt zu legen und gleichzeitig dezent mit dem Überweisungsträger zu winken. Und nicht zu
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