Winterliebe
konnte von ihr verlangen, was er wollte, sie tat alles für ihn - und für eine Prise Koks. Sie brauchte das Zeug, sonst litt sie an Beklemmungen, Schlafstörungen und Herzklopfen. Aber Gregor hatte zum Glück immer Verständnis für sie und ließ sie niemals leiden. Gregor war lieb. Gregor war nett. Gregor war ein guter Freund. Ein viel besserer Freund, als es Adalbert je gewesen war. Und sie hatte kein Problem damit, ihm einen zu kauen, wenn sie dafür ein kleines Briefchen bekam.
28
Dr. Emmerson legte die Krankengeschichte einer neu eingelieferten Patientin beiseite und griff nach dem Hörer des läutenden Telefons.
"Ein Anruf für Sie, Chef”, sagte Senta Semmelgroot. "Aus Holland.”
"Etwa aus Rotterdam?”
"Ein Piet van Geest.”
"Piet!” rief Hadubrand Emmerson erfreut aus. "Stellen Sie durch, Senta.”
Augenblicke später hörte Hadubrand die Stimme des Holländers. "Ich hoffe, ich störe dich nicht bei etwas Wichtigem”, sagte Piet.
"Freut mich, dass du von dir hören lässt.”
"Das hatte ich gehofft”, sagte der große Holländer. "Wie geht es Laetitia und den Kindern?”
"Sehr gut”, antwortete Dr. Emmerson. "Und wie geht es deiner lieben Frau?”
"Leider nicht so gut. Sie hatte in letzter Zeit ziemlich große Probleme mit ihrem Kreislauf.”
Hadubrand Emmerson machte ein besorgtes Gesicht. "Das höre ich aber gar nicht gern.”
"Zuviel Arbeit. Zuviel Stress”, sagte Piet van Geest.
"Ist sie in ärztlicher Behandlung?” wollte Hadubrand wissen.
"Seit einer Woche, und es geht ihr auch schon ein wenig besser”, sagte der Holländer. "Ich muss mich nach einer Halbtagskraft umsehen, die Meitje etwas entlastet.”
"Bist wenigstens du soweit in Ordnung?” erkundigte sich Dr. Emmerson.
"Ich bin ein Büffel, mich haut so schnell nichts um”, lachte Piet. "Hör zu, Hadubrand, Meitje und ich werden in absehbarer Zeit eine Papierfabrik in Erding besuchen. Ein genauer Termin steht noch nicht fest, aber…”
"Ihr müsst auf jeden Fall ein paar Tage anhängen und diese bei uns verbringen”, fiel Dr. Emmerson dem Niederländer erfreut ins Wort.
"Ich hoffe, dass sich das einrichten lässt. Sobald wir wissen, wann wir nach Deutschland kommen, rufe ich dich noch einmal an.”
"Tu das”, sagte Dr. Emmerson. "Wir freuen uns auf euch. Bestell Meitje einen herzlichen Gruß von mir.”
"Und du grüß deine liebe Familie von uns.”
"Mach’ ich”, sagte Hadubrand Emmerson.
"Bis bald.”
"Ja, bis bald.” Der Chef der Kronwasser-Klinik legte auf und wollte die Krankengeschichte wieder zur Hand nehmen, doch er wurde abermals gestört - diesmal von Dr. Bertrand Wolling, dem Chefarzt der Chirurgie.
"Hast du Zeit?” fragte Dr. Wolling. Er blieb abwartend in der Tür stehen.
"Was gibt’s?”
Der Chirurg trat ein. "Schwester Claudette scheint ein Problem zu haben.”
"Ein Problem?”
"Sie kommt mir in letzter Zeit verändert vor”, erklärte Dr. Wolling. "Manchmal wirkt sie ziemlich geistesabwesend. Wenn man mit ihr spricht, hat man das Gefühl, man redet an ihr vorbei. Sie ist vergesslich geworden und hat sichtlich Schwierigkeiten, sich bei Operationen auf ihre Arbeit zu konzentrieren.”
Eine Sorgenfalte entstand über Dr. Emmersons Nasenwurzel. Wer bei einer Operation nicht hundertprozentig leistungsfähig war, stellte ein Risiko für den Patienten dar.
"Hast du mit Schwester Claudette gesprochen?” fragte der Klinikchef.
"Ich habe es versucht”, antwortete Dr. Wolling.
"Und?”
"Sie blockt sofort ab, lässt niemanden an sich heran, behauptet, es sei alles in Ordnung”, sagte Dr.
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