Winterliebe
"Ich liebe dich noch immer.”
"Aber ich liebe dich nicht mehr”, erwiderte sie emotionslos.
"Das glaube ich dir nicht.”
"Ich liebe einen andern”, sagte Waltraude trocken.
"Du liebst Gregor nicht. Wenn du das denkst, machst du dir selbst etwas vor. Ich weiß, weshalb du zu ihm gezogen bist. Gregor hat etwas, das du brauchst, worauf du nicht mehr verzichten kannst.”
Sie maß ihn gelangweilt. "Ich weiß nicht, wovon du sprichst.”
"Ich rede von Kokain!” sagte Adalbert leidenschaftlich. "Du bist süchtig. Ich sehe es dir an. Du kannst ohne das verfluchte Zeug nicht mehr sein, kommst davon nicht mehr los. Waltraude, du brauchst dringend Hilfe. Lass mich dir helfen. Du bist in etwas hineingeschlittert, aus dem du aus eigener Kraft nicht mehr rauskommst.”
"Märchenonkel”, sagte sie spöttisch. "Ich hätte nicht gedacht, dass du so eine blühende Phantasie hast. Erstaunlich, was du dir so alles aus dem Finger saugst. Nichts, absolut nichts davon entspricht der Wahrheit.”
"Guck in den Spiegel, dann siehst du die Wahrheit”, sagte Adalbert heiser. "Kehr um, Waltraude. Noch ist es nicht zu spät. Weißt du, was dich erwartet? Willst du es wissen?”
"Nein”, zischte sie scharf.
"Ich sage es dir trotzdem: Du bist zu keiner planvollen Arbeit mehr fähig. Die wundervolle gehobene Stimmung, das erhöhte Lebensgefühl, ist längst dahin. Ekel, Missstimmung haben es ersetzt. Nur die Sucht nach dem Gift ist geblieben… Ich habe das alles in einem sehr interessanten Buch nachgelesen. Wenn du möchtest, leihe ich es dir… Lähmungen treten auf. Es kommt zu einer merkwürdigen Erkrankung der Nase, weil sich nämlich in der Nasenscheidewand ein schmerzloses Geschwür bildet, das schließlich durchbricht, so dass ein Loch in der Nasenscheidewand entsteht… Wie gefällt dir das, he…? Deinen körperlichen Verfall begleiten geistige Störungen. Die Fülle der Halluzinationen, die den Kokainisten umschweben, umgaukeln und schrecken, ist unendlich. Du siehst kleine Dinge, Köpfe von Bekannten, oft besonders verkleinert, farbige Gegenstände, phantastische Gebilde, Menschen, die sich plötzlich in Tiere verwandeln, grelle Lichter, alles um dich herum dreht sich, das, woran du denkst, erscheint. Du spürst Ameisen auf der Haut, Würmer unter der Zunge, Wanzen und Läuse, Insekten aller Art. Du hörst Stimmen, die dir zurufen, Musik, Schüsse, Schimpfworte, Drohungen. Du bekommst Tobsuchtsanfälle, reißt dir die Kleider vom Leib, attackierst Fremde. Wahnvorstellungen werden dein Lebensinhalt. Dein Heim wird zur Irrenanstalt. Und irgendwann stirbst du - wenn du Glück hast - in geistiger Umnachtung.”
Waltraude seufzte, als hätte sie das Zuhören ermüdet. "Bist du mit deinem Monolog fertig?”
"Möchtest du so enden?” fragte Adalbert eindringlich.
"Ich werde dir sagen, was ich möchte: Ich möchte nach Hause.”
"Lass uns irgendwo was essen gehen”, schlug Adalbert vor.
"Ich habe keinen Hunger.”
Er nickte bitter. "O ja, weil es da etwas gibt, das dir wichtiger ist.”
"Du stiehlst mir meine Zeit.”
Er griff nach ihrem Arm. "Wir gehören zusammen, Waltraude.”
Sie riss sich los. "Schon wieder ein Märchen.”
"Ich gebe nicht so schnell auf. Ich verfolge meine Ziele sehr beharrlich, das weißt du…”
"He, Waltraude”, sagte plötzlich jemand hinter Adalbert. "Sag mal, belästigt dich dieser Penner?”
Adalbert drehte sich gereizt um und erblickte Gregor Massinger. Das brachte seine Galle zum Überlaufen.
Gregor erdolchte ihn mit seinen Augen. "Du hältst dich von Waltraude fern, sonst schlage ich dir die Zähne ein!” knurrte er feindselig. "Sie will nichts mehr von dir wissen. Sie gehört jetzt zu mir!”
"Ich werde nicht zulassen, dass du sie zerstörst!” gab Adalbert kriegerisch zurück. Er ballte dabei die Hände zu
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