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Wintermörder - Roman

Titel: Wintermörder - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Jahren auf dem Reißbrett konstruiert worden. Hier sollte ein Arbeiterzentrum entstehen, eine Planstadt nach den Vorstellungen des Großen Bruders aus Moskau. Nach dem Fall der Mauer hatten hier Arbeitslosigkeit und Resignation Einzug gehalten. Hier schien die Mauer nicht gefallen, der eiserne Vorhang hatte sich nicht gehoben. Die Zeit war in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stehen geblieben. Hoffnungslosigkeit und der Wunsch, irgendwie zu überleben, waren vorherrschend.
    Nachdem sie vergeblich versucht hatten, Matecki telefonisch zu erreichen, waren sie in einem Zivilfahrzeug losgefahren, gefolgt von vier Einsatzwagen der Polizei. Verstärkung eines Einsatzkommandos war unterwegs für den Fall, dass sie hier Frederik Winkler fanden. Sie hatten sich entschieden zu agieren, ohne Aufsehen zu erregen. Die Menschen hier gehörten zu den Verlierern der Gesellschaft. Die Polizei war ihr natürlicher Feind, der Stadtteil war zu ihrer Festung und die Hinterhöfe waren zu ihren Fluchtwegen geworden.
    »Und dennoch wohnt hier ein Polizist?«, fragte Henri.
    »Sein Vater hat im Kombinat gearbeitet, bevor er Polizist wurde. Die meisten Menschen finden keine andere Wohnung in der Stadt, außer sie haben Geld«, erklärte Maj. »Natürlich will jeder hier raus, aber den meisten bleibt nichts anderes übrig als zu bleiben.«
    Der Wagen hielt auf dem Parkplatz vor dem Haus, der Ähnlichkeit mit einem deutschen Gebrauchtwagenmarkt hatte. Auch ein altes Wohnmobil, völlig schneebedeckt, parkte vor dem Eingang.
    Sie gingen schweigend über den Parkplatz zur Eingangstür. Mateckis Wohnung lag im vierten Stock. Ein Blick auf die Klingelschilder zeigte Myriam, dass bei der Wohnung Nummer 68 das Namensschild fehlte. Der Briefkasten war offensichtlich erst geleert worden. Doch als sie die Klingel drückte, öffnete niemand.
    »Ich gehe hoch«, sagte Myriam.
    »Nein«, antwortete Henri, »wir wissen nicht, was uns erwartet, ob er Frederik hierhergebracht hat.«
    »Wenn ihr zu viert vor seiner Tür steht, wird er Verdacht schöpfen. Eine Frau allein ist nicht verdächtig.«
    »Eine deutsche schon.«
    »Ich könnte Englisch sprechen und nach jemandem suchen, der angeblich hier wohnt.«
    Henri schüttelte den Kopf, doch Halecki, der den Einsatz leitete, zuckte die Schultern und sagte etwas zu Maj, der übersetzte: »Es ist keine schlechte Idee.«
    »Nein.«
    »Ich schaue nur, ob er da ist. Mehr nicht.« Sie wandte sich um. In Deutschland leitete sie die Ermittlungen, hier war das Hoheitsgebiet von Halecki. Er hatte zu entscheiden. Sie sah ihn abwartend an. Er nickte.
    Die Eingangstür war nicht verschlossen. Sie betraten den Wohnblock. Maj drückte auf den Aufzugknopf. Die Türen öffneten sich.
    »Wir gehen zusammen«, sagte Henri.
    »Er kennt deine Stimme, außerdem siehst du aus wie ein Deutscher. Er wird Verdacht schöpfen.« Sie betrat den Lift und drückte auf das vierte Stockwerk. Die Türen schlossen sich, und der Aufzug setzte sich langsam und quietschend in Bewegung. Erst jetzt hatte Myriam Zeit, darüber nachzudenken, was sie hier machte. Sie wusste, dass Henri Recht hatte, aber sie dachte auch an Denise, an Frederik. Es gab Momente, da waren Bedenken und Vorschriften einfach fehl am Platz.
    Als sie den Aufzug verließ, befand sie sich in einem schmalen, lang gezogenen Flur, in dem sich eine Wohnung an die andere reihte. Der Verputz blätterte von den Wänden, und offenbar gab es hier keinen Hausmeister, der für die Reinigung von gemeinsamen Fluren, Treppen und Fenstern verantwortlich war.
    Ihr Handy klingelte laut. Sie sah an der Nummer, dass es Henri war. »Fünf Minuten«, sagte er. »Länger lasse ich dich nicht allein.«
    Sie antwortete nicht, sondern wandte sich nach rechts, wo die Wohnungen mit den geraden Nummern lagen. Zögernd ging sie den schmalen Flur nach hinten, der wie eine Falle wirkte. Hinter den Türen waren keine Geräusche zu hören, als hätten sich die Bewohner verbarrikadiert. Die Wohnung mit der Nummer 68 lag am Ende. Auch hier war kein Namensschild vorhanden.
    Sie drückte die Klingel und wartete.
    Nichts war zu hören.
    Die Wohnung war leer.
    Myriam spürte es, sobald sie hinter den Polizisten und Henri den Flur betrat. Hier war niemand. Auch Frederik nicht. Sofort begannen die Beamten damit, die winzige Wohnung zu durchsuchen. Sie betrat die Küche. Das war der Raum, der am meisten über einen Menschen aussagte. Matecki war ordentlich. Kein Geschirr im Spülbecken, kein Fleck auf der

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