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Wintermörder - Roman

Titel: Wintermörder - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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schlossen.
    Zuerst einen Schrei, dann ein Stöhnen.
    Augenblicklich blieben sie stehen.
    Nein, nur Myriam blieb stehen, doch Denise ging weiter den dunklen Flur entlang bis direkt vor die hinterste Tür. Myriams Magen hob sich.
    Ihr gesunder Fluchtinstinkt setzte ein.
    Erneutes Stöhnen.
    Es war ein Körper, der stöhnte, nicht nur ein Mund.
    Wollte sie wirklich wissen, was hinter der Tür passierte?
    Nein!
    Doch sie stand in einem dunklen Flur vor einer geschlossenen Tür, hinter der ein Mensch sich das Innerste aus seinen Eingeweiden schrie. Es wäre nicht nur Feigheit, die Flucht anzutreten, sondern auch unterlassene Hilfeleistung.
    Denise hatte sich jetzt vollkommen in einen Geist, in eine weiße, körperlose Gestalt in einem schwarzen Trainingsanzug verwandelt. Ihre Hand griff nach dem Türöffner und bewegte ihn zögernd. Etwas blockierte von innen, dennoch konnte Myriam durch den Türspalt erkennen, dass der Raum erleuchtet war.
    Denise warf nur einen kurzen Blick hinein, dann drehte sie sich abrupt um. Ihr Körper war angespannt. Mit starrem Blick ging sie den Flur zurück zum Treppenhaus. Ihr Schritt war steif, als wäre sie gezwungen, durch Morast zu laufen. Ihren Kopf trug sie hoch erhoben, als wolle sie mit nichts in Berührung kommen.
    Was Myriam eine Minute später sah, entsprach nur im ersten Moment ihren Erwartungen.
    Zwei Körper, die auf dem schwarzen Granitboden miteinander rangen.
    Es sah einfach aus.
    Der Mann hielt mit der Hand den Kopf der Frau nach hinten gepresst.
    So brach man jemandem das Genick.
    Sie lagen nackt unter dem Schreibtisch. Die Arme der Frau klammerten sich an die Tischbeine, und sie schrie im Rhythmus seiner Bewegungen, doch sie traf die falschen Töne. Myriam war klar, dass die Lust, die Oliver Winkler hoffte, bei der Frau, auf der er lag, zu erzeugen, nicht echt war. Sie war verlogen. Sie war gespielt. Sie war von der Art, die Sally meinte, wenn sie Harry einen Orgasmus mitten im Restaurant lieferte. Und noch etwas erkannte Myriam: Oliver Winkler glaubte jeden Ton, den seine Geliebte auf ihrer Orgasmusskala von sich gab.
    Und trotzdem.
    Etwas daran berührte Myriam in ihrem Innern.
    Das Erste, was Myriam machte, als sie in ihrer Wohnung ankam, war Hauptkommissar Liebler anzurufen. Glücklicherweise war er noch auf. Sie verschwieg Oliver Winklers Affäre und kam sofort auf den Brand zu sprechen.
    »Finden Sie das nicht seltsam, dass ihr das nicht sofort wieder eingefallen ist, als der Name Krakau fiel?«, meinte Liebler.
    »Sie steht unter Schock.«
    »Trotzdem. Mir kommt das komisch vor.« Seine Stimme klang rauer als üblich.
    »Sind Sie krank?«
    »Ich bin nur müde. Außerdem rauche ich zu viel.«
    »Dann hören Sie auf.«
    »Nimmt man nicht zu, wenn man aufhört? Ein Teufelskreis.«
    »Dann nehmen Sie eben zu! Wen stört das?«
    Er gab keine Antwort.
    »Übrigens sind die Versicherungsunterlagen zu dem Brand verschwunden.«
    »Warum ist das so ungewöhnlich?«, wollte er wissen.
    »Weil Denise es sagt. Sie versteht es nicht.«
    »Was könnte der Grund sein?«
    »Dass etwas nicht in Ordnung ist. Der Brand ist erst ein halbes Jahr her.«
    »Am besten, ich rufe diesen Matecki an, gleich morgen früh. Wir haben erst heute Abend telefoniert. Er wollte wissen, ob wir die Expertisen für die Gemälde gefunden haben.«
    »Es ist gut, dass wir dort einen Ansprechpartner haben, der Deutsch spricht.«
    »Und kooperativ ist«, ergänzte Liebler.
    »Was ist mit dem Testament? Darüber haben wir noch nicht gesprochen.«
    »Alle Kräfte sind darauf konzentriert, Frederik zu finden.«
    »Dann kümmere ich mich persönlich darum und rufe den Notar an.«
    »Noch nie hatte ich so viele Spuren, ohne weiterzukommen. Wo ist der Junge? Wo hat er ihn hingebracht? Wo hat er ihn versteckt?« Liebler klang frustriert und müde.
    »Gibt es keine Kamera, die den Rastplatz überwacht?«
    »Sie kennen doch die deutschen Gesetze besser als ich.«
    »Warum macht jemand so etwas?«, fragte Myriam. »Wa-rum quält jemand diese Familie?«
    »Weil Sie es verdient hat?«
    »Glauben Sie das wirklich?«
    »Der Täter glaubt es.«
    »Vielleicht sollten wir die anderen Spuren nicht aufgeben. Vielleicht handelt es sich doch um eine normale Entführung, und der Täter wartet nur noch einige Tage, bis er hier richtig für Aufregung gesorgt hat, und dann schickt er seine Lösegeldforderung.«
    »Aber das Risiko erhöht sich Tag für Tag. Jemand kann den Jungen entdecken, oder er befreit sich selbst.«
    »Ja, er geht

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