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Wintermörder - Roman

Titel: Wintermörder - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Erben?«
    »Die haben nichts damit zu tun. Hier zählt der letzte Wille der Verstorbenen. Wie gesagt, ich berufe mich auf mein Zeugnisverweigerungsrecht.«
    »Ist Ihnen nicht klar«, rief Myriam entsetzt, »dass ein Kind entführt wurde?«
    »Es gibt nichts, was sich dadurch ändert.«
    »Ich kann jederzeit einen Durchsuchungsbeschluss für Ihre Kanzlei ausstellen lassen.«
    »Gegen mich läuft kein Ermittlungsverfahren, auch nicht gegen irgendeinen meiner Klienten. Ich werde eine Untersuchung nicht dulden, geschweige denn die Unterlagen herausgeben. Laut § 18 BNotO bin ich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Berufspflicht kann strafrechtlich geahndet werden, ganz abgesehen von disziplinarrechtlichen und haftungsrechtlichen Folgen. Sie sehen, ich bin in einem Dilemma. Helfen Sie mir heraus, indem Sie mich in Ruhe lassen.«
    »Ich werde per Gerichtsbeschluss dafür sorgen, dass Sie von Ihrer Verschwiegenheitspflicht befreit werden. Das geht schneller, als Sie glauben.«
    Er lachte. »Das wird Ihnen nicht gelingen. Ich kann nicht einfach jedem mitteilen, was mir in meiner Eigenschaft als Notar anvertraut worden ist.«
    »Sie verweigern die Herausgabe wichtiger Beweismittel.«
    »Ihr Verdacht stützt sich auf Vermutungen, sonst nichts. Sie wissen noch nicht einmal, ob ich tatsächlich diese Unterlagen besitze, von denen Sie sprechen. Wie wollen Sie also begründen, dass die Durchsuchung zur Ergreifung des Beschuldigten führt und damit zu dem entführten Jungen? Sie werden weder den Entführer noch das Kind in meinen Räumen finden. Wenn Sie eine Beschlagnahmung in Betracht ziehen, dann müssen Sie mich persönlich verdächtigen.«
    »Sie behindern unsere Ermittlungen. Das kann Sie den Kopf kosten. Dafür werde ich sorgen.«
    »Ich fürchte eher, dass Sie in Schwierigkeiten kommen. Durchsuchungen in einer Notariatskanzlei dürfen nur durch Richter angeordnet werden.«
    »Bei Gefahr in Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft.«
    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Ich habe gehört, Sie haben eine große Karriere vor sich. Möchten Sie diese wirklich gefährden?«
    Sobald Myriam das trockene Reisbällchen in den Mund steckte, begann es im Büro nach Fisch zu riechen. Sie versuchte zu ignorieren, dass der Fisch roh war, und vermied, darauf herumzukauen. Ihr wurde schlecht.
    Und Hillmer? Er zitierte sie
augenblicklich
zu sich. Wie eine verdammte Schülerin. Was wollte er mit ihr machen? Sie in den Karzer stecken? Nein, sie machte sich nicht abhängig von seiner Beurteilung. Der Erfolg würde ihr Recht geben, auch wenn es den Beamtenstatus kosten sollte.
    Hillmer saß an seinem Schreibtisch, die Hand neben dem Telefon, als habe er den Hörer soeben erst abgelegt. Der Raum war überheizt. Die verbrauchte Luft staute sich unter der Zimmerdecke. Sie musste sich beherrschen, nicht das Fenster aufzureißen.
    »Ich hatte soeben ein höchst unerfreuliches Telefonat mit der Kanzlei Conradi, höchst unerfreulich.«
    Er bot ihr tatsächlich keinen Platz an, was Myriam nicht daran hinderte, auf dem Besuchersessel Platz zu nehmen.
    »Ich möchte, dass Sie Dr. Conradi nicht weiter belästigen.«
    »Spielen Sie zusammen Golf?« Sie schlug ihre Beine betont lässig übereinander. Der Rock rutschte nach oben und zeigte die Krokodillederstiefel.
    Sein blasses Gesicht hatte einen rosa Schimmer. Bei einem Lügendetektor hätte er keine Chance. »Das tut nichts zur Sache. Das ist eine dienstliche Anweisung. Und merken Sie sich: Hier, in dieser Abteilung, entscheide noch immer ich. Und ich werde es nicht zulassen, dass Sie Conradi weiter belästigen.«
    »
Ich
werde einen richterlichen Beschluss beantragen, da Conradi die Ermittlungen behindert. Er bewahrt Unterlagen auf, die eine Straftat betreffen.«
    »Was soll das sein?«
    »Briefe.«
    »Briefe?«
    »Laut der Haushälterin, Frau Hirschbach, hat Henriette Winkler im letzten Jahr immer wieder Briefe erhalten. Aus dem Ausland. Frau Hirschbach hat ausgesagt, dass sie mehrfach persönlich Unterlagen in die Kanzlei gebracht hat. Versiegelte Briefe, die vermutlich Drohungen enthalten.«
    »Drohungen?«
    »Mein Gott, verstehen Sie nicht? Der Täter will sich nicht bereichern. Irgendetwas ist im Krieg vorgefallen. Jemand will sich rächen, und …« Myriam konnte sich nicht zurückhalten. »In Ihrem Alter wissen Sie besser als ich, was eine NS-Vergangenheit für ein Unternehmen wie das der Familie Winkler bedeutet. Ganz abgesehen von dem Schaden für uns, die Justiz.

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