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Wintermond (German Edition)

Wintermond (German Edition)

Titel: Wintermond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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Blick auf seine verbundene Hand. Er bereute es, sich derart verstümmelt zu haben. Denn unter dem Verband verbarg sich seine mit zig tiefen Schnittwunden durchzogene Hand, auf der mit großer Wahrscheinlichkeit eine Menge Narben zurückbleiben würden. Doch diese Narben waren nichts im Vergleich zu dem Chaos, das sich in seinem Inneren befand. Er verfluchte sich selbst, verfluchte sein Handeln und erst recht, dass er sich aktuell in einer Rolle gefangen fühlte, die nicht zu ihm passte. Er war nicht schwul und wollte nichts von Ben. Da war er sich sicher. Deshalb konnte er sich einfach nicht erklären, wie es zu dem Kuss gekommen war und wieso ihn dieser in jenem Moment derart angemacht hatte.
    Er befand sich nun am Pinnasberg und durchquerte die verschneite Straße im Schritttempo, um nebenbei nach einem freien Parkplatz Ausschau zu halten. An diesem Abend hatte er Glück, denn schon wenige Meter weiter entdeckte er eine nahezu perfekt auf sein Auto zugeschnittene Parklücke. Er fuhr etwas schneller an dieser vorbei, hielt an, legte den Rückwärtsgang ein und fädelte den Wagen daraufhin gekonnt zwischen einen roten Opel und einen grauen Ford. Er schaltete den Motor ab und zog die Handbremse an. Dann lehnte er sich erschöpft in seinem Sitz zurück. Es glich fast einem Wunder, dass er diese - wenn auch kurze - Fahrt gemeistert hatte, ohne einen Unfall zu bauen, denn seine Gedanken befanden sich überall, jedoch nicht im Straßenverkehr.
    Alex schloss seine Augen und fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. Er versuchte seinen Verstand vorerst abzuschalten, zog den Schlüssel aus der Zündung und stieg schließlich aus. Die Wagentür schmiss er unbedacht hinter sich zu. Dabei entstand ein recht lauter Knall, der dumpf in der fast leeren Straße widerschallte. Alex stopfte den Schlüsselbund in seine Jackentasche und trat zum Bürgersteig. Nur ein Haus weiter sah er das ihm mittlerweile bekannte, mit einem schwarzen Graffitizug versehene Gebäude, in dem sich Diegos Wohnung befand. Er zögerte noch einen letzten Moment, bevor er einen Fuß vor den nächsten setzte und sich auf den Weg zur Eingangstür des mehrstöckigen Wohnhauses machte. Der Schnee peitschte ihm dabei ins Gesicht und die Kälte verursachte ein Brennen in seinen Augen. Immer wieder klemmte er sich loswehende Haarsträhnen hinter die Ohren, hielt den Kopf dabei etwas gesenkt, um dem Wind nicht völlig ausgeliefert zu sein und zog sich schließlich eine Kapuze über den Kopf. Es war sehr kalt und Alex vermutete, dass es in Diegos unbeheizter Wohnung nicht viel wärmer, sondern lediglich geschützter sein würde. Dennoch trieb ihn die Sehnsucht nach Ruhe an, den Weg fortzusetzen. Er bog rechts ein und folgte einem hoch verschneiten Weg bis zu drei Treppenstufen, die zur Eingangstür führten. Es schien, als ob sich keiner der Hausbewohner um die Schneeräumung scherte, denn der sich auf dem Weg häufende Schnee konnte nicht nur von dem gegenwärtigen Schneeschauer stammen. Alex blieb stehen und warf einen Blick auf die Klingelschilder. Unter anderem fand er darunter das unbeschriftete von Diego wieder. Jetzt hatte er allerdings ein Problem. Die Eingangstür war verschlossen und für diese Tür konnte er keinen Schlüssel ausfindig machen.
    „Scheiße ...“, fluchte er und schlug sich gedanklich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Darauf hätte er auch früher kommen können. Er überlegte kurz, hob dann seine linke Hand und drückte einige Male hintereinander auf Diegos Klingel. Das war das Beste, was ihm zunächst einfiel. Es war zwar absurd, aber er hoffte dennoch, dass der gebürtige Italiener vielleicht doch zu Hause sein und ihm in wenigen Sekunden die Tür öffnen würde. Dies geschah jedoch nicht. Alex seufzte laut auf und wollte aus diesem Grund gerade kehrt machen, um zu seinem Wagen zurückzukehren, als sich die vor ihm befindende Tür plötzlich öffnete und ihm ein Afrodeutscher entgegen kam.
    „N’Abend!“, grüßte dieser ihn flüchtig.
    Alex reagierte blitzartig. Er griff in seine Jackentasche, zog seinen Schlüsselbund hervor und blätterte hektisch zwischen den vielen Schlüsseln, als ob er nur nach dem Richtigen suchen würde. Der fremde Kerl musterte ihn kurz und schien schließlich auf Alex’ Trick hereinzufallen. Vielleicht lag es daran, dass Alex noch immer eine Kapuze aufhatte, vielleicht aber auch daran, dass der Typ seine Nachbarn überhaupt nicht kannte.
    „Wollten Sie gerade rein?“, fragte der Kerl und nuschelte

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