Wintermond (German Edition)
Alex’ Vater gemacht, ließ sich dies gegenüber Jo allerdings nicht anmerken, was auch gut so war.
„Ich werd’ jetzt noch etwas lernen“, erklärte Ben und ging zur Tür.
„Ach, Ben?“, rief Jo ihm nach.
Der Angesprochene blieb vor der Tür stehen und drehte sich noch einmal um. Erwartungsvoll wartete er auf das, was Jo ihm sagen wollte, denn der Tonfall dessen Stimme klang vielversprechend negativ.
„Mach dir nicht zu viele Hoffnungen bei Alex! Auch ich habe schon viel mit ihm durchgemacht und kenne mittlerweile einige seiner Schattenseiten“, er pausierte einen Moment lang und blickte streng in Bens Richtung. „Und wenn ich eines ganz sicher weiß, dann, dass er nicht auf Männer steht. Und würde er es aus einem absurden und völlig unerfindlichen Grund doch tun, würde ich das nicht gerade gutheißen.“
Ben sah Jo nachdenklich an und fragte sich, was in jenem Moment wohl in diesem Menschen vorging. Dann kniff er seine Augen zusammen und presste seine Lippen aufeinander. Nach wenigen Sekunden senkte er den Blick und nickte als Zeichen, diese Aussage verstanden und richtig aufgefasst zu haben. Schließlich wandte er sich um und verließ den Wintergarten, während Jos letzte Worte in seinem Kopf widerhallten. Da war sie wieder gewesen, die niederträchtige Art von Jo, einem bedacht und zugleich unmissverständlich klar zu machen, was er von einem verlangte.
Ben durchquerte den Flur und schüttelte dabei ungläubig den Kopf. Dann musste er leise auflachen. In dieser Lache steckte neben Fassungslosigkeit eine gewaltige Spur von Hohn, denn Jo hatte absolut keine Ahnung von seinem Sohn und schon gar nicht von dem, was bereits zwischen diesem und Ben vorgefallen war.
„Wenn du wüsstest, Jo ...“, murmelte er schmunzelnd vor sich hin und schüttelte noch immer schadenfroh seinen Kopf. „Wenn du wüsstest ...“
Kapitel 16
Ich bin nicht schwul .
Das waren die Worte, die Alex wieder und wieder durch den Kopf schwirrten, in ihm widerhallten und ihn dabei nahezu um den Verstand brachten. Noch immer konnte er nicht fassen, was in ihn gefahren war und verstand nicht, wie es überhaupt so weit hatte kommen können. Deshalb brauchte er erst einmal Abstand und vor allem Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten. Gleichzeitig wollte er sich ablenken und überlegte, später in irgendeiner Bar eine Frau aufzureißen, um sich schnellstmöglich zu beweisen, dass er nicht auf Männer stand.
Gedankenverloren umklammerte er das Lenkrad seines schwarzen BMWs, setzte den Blinker und bog rechts ab. Da er nicht wusste, wo er hin sollte, hatte er sich dafür entschieden, die kommende Nacht in Diegos zurzeit leer stehender Wohnung zu verbringen. Er wusste, dass Diego einen Ersatzschlüssel seiner Wohnung klischeehaft unter der Fußmatte deponierte und hoffte, dass dies noch immer der Fall sein würde. Sein weiteres Vorgehen hatte Alex bislang nicht geplant. Er war körperlich zu ausgelaugt und geistig zu erschöpft, als dass er dafür ausreichend klare Gedanken fassen konnte. Ihm war übel. Immer wieder musste er an das denken, was zwischen ihm und Ben vorgefallen war. Daran, dass sie sich geküsst hatten und vor allem, wie sie es getan hatten. Es war leidenschaftlich und hemmungslos gewesen und hatte tatsächlich ein Gefühl von Lust in Alex geweckt. Wie hatte er bloß dermaßen die Kontrolle über seinen eigenen Körper verlieren können? Das Ganze hätte niemals passieren dürfen. Es war schlimm genug, dass sie sich überhaupt geküsst hatten und Alex dabei nicht gerade passiv gewesen war, doch war es nur umso schlimmer und peinlicher, dass die ganze Sache letzten Endes ein derart intimes Ausmaß angenommen hatte, dass es beinahe zu mehr zwischen den beiden gekommen wäre. Alex hatte Bens Teil gespürt, wie er es hart gegen sein Becken gedrückt hatte und auch er selbst hatte einen gewaltigen Ständer bekommen, der wohl kaum vom Dunkelhaarigen unbemerkt geblieben war.
Der Blonde schüttelte sich und versuchte damit die intime Szene aus seinem Kopf zu verbannen. Doch gelang es ihm nicht. Wie ein unnachgiebiger Parasit bohrten sich die Bilder immer tiefer in sein Gedächtnis und schienen einfach nicht von ihm ablassen zu wollen. Alex krallte seine Hände noch fester in das schwarze Leder des Lenkrads und spürte dabei einen stechenden Schmerz durch seine Hand ziehen, der kurz darauf mit einem unangenehmen Pochen abklang. Erneut setzte er den Blinker, bog ein weiteres Mal rechts ab und warf dabei einen flüchtigen
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