Wintermond (German Edition)
war er völlig aufgebracht und verzweifelt. Er suchte nach einer Erklärung für seinen plötzlichen Neigungswechsel und begann sich zu fragen, warum dieser so rasch und unerwartet gekommen war. Vor Bens Auftauchen in der Villa hatte er nie irgendein Interesse für andere Kerle gehegt, sich nicht einmal Gedanken darüber gemacht, ob dies eventuell anders sein könnte.
„Alex?“, fragte Ben vorsichtig und sah ihn dabei unsicher an.
Der Blonde starrte wie gebannt zurück, schaffte es allerdings nicht, etwas zu erwidern. Er befand sich in einer Art Schockstarre, die ihn lähmte und zu keiner Handlung mehr befähigte.
„Alex, ist alles in Ordnung?“, hakte Ben irritiert nach.
Doch der Blonde war noch immer wie erstarrt. Mühselig versuchte er die Kontrolle über seinen Körper zurück zu erlangen und das Gefühl in seinen Gelenken wieder zu finden. Nach weiteren, schweigenden Sekunden gelang es ihm schließlich. Taumelnd stolperte er ein paar Schritte rückwärts und begann halb wahnsinnig damit, seinen Kopf verneinend zu schütteln.
„Ich will das nicht“, brachte er währenddessen gequält hervor. Seine Stimme zitterte. Er schritt rückwärts weiter und bewegte seinen Kopf dabei noch immer panisch hin und her.
„Was willst du nicht?“, fragte Ben verwirrt und folgte ihm.
Alex begann noch schwerer zu atmen. Sein Körper setzte eine neue Dosis Adrenalin frei, die nur darauf wartete, in Form von Wut entladen zu werden.
Dann streckte Ben einen Arm nach ihm aus und legte ihn, in dem Versuch einer beruhigenden Geste, auf Alex’ Schulter. Genau das wurde schließlich der Auslöser für eine impulsive Reaktion des Blonden. Er funkelte Ben an, schielte dann schnaubend auf dessen Hand an seiner Schulter und riss sich schließlich brutal los.
„FASS MICH NICHT AN!“, fauchte er dabei durch zusammengedrückte Zähne.
Ben zuckte erschrocken zusammen und blickte Alex daraufhin fassungslos und entsetzt an. Er öffnete seinen Mund, wollte anscheinend etwas sagen, schloss die Lippen aber zwei Sekunden später wieder und schaute stattdessen an Alex vorbei in Richtung der Tür. Alex betrachtete ihn skeptisch, bevor er Bens Blick folgte und sich hektisch umwandte.
Dann sah er Jo, wie er mit ernster Miene und vor der Brust verschränkten Armen in der Tür stand.
„Was ist hier los?“, fragte dieser streng.
Alex wurde unsicher, schaute wieder zurück zu Ben und tauschte einen flüchtigen Blick mit diesem.
Es trat ein unangenehmes Schweigen ein, das ausreichte, um Jos Skepsis wachsen zu lassen.
„Beantwortet mir mal jemand meine Frage?“, fügte er streng hinzu.
Alex’ Blick klebte an Ben - panisch und warnend.
Er schnaufte noch immer laut und stolperte weitere Schritte rückwärts auf Jo zu. Vermutlich hatte sein Vater gehört, wie er Ben verbal angefahren hatte. Mit Jos plötzlichem Auftauchen hatte er jedoch nicht gerechnet, war aber dankbar dafür, dass dieser nicht ein paar Sekunden früher erschienen war.
Ben blickte abwechselnd von Alex zu Jo und schien nicht zu wissen, wie er sich verhalten sollte. Deshalb stand er einfach nur da und schwieg. Alex selbst war völlig überfordert. Er fühlte sich hilflos gegenüber seinen Gedanken und empfand es als unerträglich, seine Gefühle gegenüber Ben entdeckt zu haben. Er konnte nicht damit umgehen. Das einzige, was er wusste, war, dass er sich niemals auf diese Gefühle einlassen würde. Er wollte nicht schwul sein und damit einer derjenigen werden, über die er sich jahrelang lustig gemacht hatte. Sein Verstand wehrte sich mit aller Kraft dagegen, seine Gefühle musste er allerdings noch besser zu kontrollieren lernen.
Er blieb neben Jo in der Tür stehen und funkelte Ben noch immer herablassend an.
„Frag’ doch ihn!“, meinte er dann zu seinem Vater und nickte dabei in Bens Richtung. „Dein Lieblingspraktikant maßt sich hier nämlich einiges an.“ Er klang äußerst hochnäsig.
Bens Blick wurde irritiert und ungläubig.
„Was meinst du damit?“, fragte Jo kühl.
Alex lachte stumpf auf.
„Diese Scheiß Schwuchtel hat mich angegraben“, erwiderte er mit abgeneigter Stimme.
Sein Blick hing noch immer an Ben, welcher die Augen vor Entsetzen weit aufrissen hatte und seinen Mund leicht öffnete, als ob er etwas sagen wollte. Doch Alex’ drohte ihm mimisch.
„Das war sicher nur ein Missverständnis“, tat Jo ab, während er genervt aufstöhnte.
Mal wieder schien er sich auf Bens Seite zu stellen und Alex’ Verhalten lediglich als
Weitere Kostenlose Bücher