Wintermond (German Edition)
Wochen und Monaten und war bislang zu keiner richtigen Antwort gekommen. Die aktuellen Umstände verschärften seine Lage allerdings noch einmal erheblich, denn der Sex mit einem anderen Kerl war nicht gerade etwas, das man verdrängen und möglichst schnell vergessen konnte.
Er senkte seinen Kopf und starrte dabei nachdenklich auf Bens Füße. Wieder einmal begann er sich zwiespältig zu fühlen. Ein Teil von ihm wollte am liebsten aus der Situation flüchten, der andere Teil genoss Bens Nähe und sehnte sich sogar nach mehr.
Er versuchte gerade herauszufinden, welchem dieser Teile er sich zugehöriger fühlte, als er plötzlich Bens Zeigefinger an seinem Kinn spürte. Mit sanfter Gewalt drückte der Dunkelhaarige sein Kinn nach oben und sah Alex daraufhin tief in die Augen. Der Zeigefinger wanderte vom Kinn zu seinen Lippen, fuhr sie einmal nach und blieb schließlich dort ruhen. Das Kribbeln in Alex’ Bauch nahm heftig zu. Jetzt fühlte es sich schon eher an, als ob jemand eine Knarre gegen seine Schläfe drückte und Russisch Roulette mit ihm spielte.
„Mann, Alex ...“, begann Ben leise. „Ich hab’ mich in dich verliebt.“
Nachdem er ausgesprochen hatte, wandte der Dunkelhaarige den Blick ab, kniff die Lippen zusammen und lachte daraufhin selbstironisch auf.
Alex erstarrte und blickte sein Gegenüber fassungslos an. Sein Herz begann schneller zu schlagen, sein Kopf sich mit wirren Bildern zu füllen. Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit einem Liebesgeständnis. Mittlerweile spürte er nicht mehr Bens Zeigefinger, sondern dessen Daumen an seinem Mundwinkel. Er wurde nervös und gleichzeitig panisch. Außerdem war er verwirrt und konnte deshalb nicht verhindern, dass er eine angewiderte und entsetzte Miene aufsetzte.
„Keine Ahnung ...“, fuhr Ben fort und mied Alex’ Blick weiterhin. „Ich weiß nicht, wie ich’s ausdrücken soll, aber du faszinierst mich einfach“, er stockte kurz und begann Alex dann wieder in die Augen zu sehen. „Du hast mich von Anfang an fasziniert.“
Alex’ Magen zog sich zusammen. Ein betäubendes Gefühl begann seine Nervenbahnen zu durchfahren. Er wusste nicht, wie er reagieren sollte oder was Ben nun von ihm erwartete. Noch nie zuvor hatte er von irgendwem eine Liebeserklärung erhalten. Überhaupt hatte er noch nie eine ernsthafte Beziehung geführt, sondern sich meist von einem One-Night-Stand in den nächsten gestürzt. Bislang hatte er es nicht einmal in Erwägung gezogen, dass sich einmal irgendjemand ernsthaft in ihn verlieben könnte. Er war nämlich nicht gerade der Typ, in den sich Frauen verliebten.
Frauen. Ben war allerdings keine Frau.
„Du musst jetzt nichts sagen“, meinte Ben leise, während er mit seinem Daumen über Alex’ Wange bis zu dessen Ohr strich und dort verharrte. Seine übrigen Finger schmiegten sich dabei in Alex’ Halsbeuge.
Alex stand völlig neben sich. Er fühlte sich benommen und schaffte es nicht mehr, den Blick von Bens braunen Augen abzuwenden. Alles wirkte so irreal und verschwommen. Nur Ben wirkte scharf und deutlich.
„Was willst du, Ben?“, fragte er schließlich ruhig. Dabei hatte er große Mühe, nicht allzu heiser zu klingen.
„Ich will dich etwas fragen“, erwiderte Ben leise und blickte dabei kurz auf Alex’ Lippen und wieder zurück. „Wenn ich dich vor zwei Wochen geküsst hätte, was hättest du dann gemacht?“
Über diese Frage musste Alex kaum sichtbar lächeln.
„Ich hätte dich fertig gemacht“, antwortete er dann sicher.
Auch über Bens Lippen huschte ein unauffälliges Lächeln.
„Und was würdest du heute tun?“, fragte er dann weiter und bewegte seinen Kopf dabei ein kleines Stück auf Alex zu.
Der Puls des Blonden beschleunigte sich nun auf ein Unermessliches. Er musste durch einen leicht geöffneten Mund atmen, weil er glaubte, sonst nicht mehr genügend Sauerstoff zu bekommen. Er atmete schwer und blickte Ben starr in die Augen.
„Vermutlich das gleiche“, erwiderte er benommen, während er sich unbewusst gegen Bens Hand an seinem Hals lehnte.
„Kannst du mir das auch beweisen?“, fragte Ben leise und näherte sich Alex noch weiter. Seine Augen waren jetzt nur noch zur Hälfte geöffnet.
Alex fühlte sich, als ob er unter Drogen stehen würde. Sein Verstand war wieder einmal wie ausgeknipst, während sein Körper ihm längst nicht mehr gehorchte. Er konnte nicht anders und schloss schließlich seine Augen.
„Ich denke schon ...“, hauchte er die letzte Antwort
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