Wintermond (German Edition)
fand“, fuhr Ben dann fort, während er sich vom Bett aufrichtete und seine Klamotten zusammensuchte. „Aber ich hab’ zwei Paar in meiner Tasche. Wir sind also bestens ausgestattet!“
Alex nickte gedankenverloren, während er Ben beobachtete.
„Wieso hast du dich eigentlich rasiert?“, fragte er dann.
„Keine Ahnung“, entgegnete Ben und zuckte mit der Schulter, „Ich wollt’ mal was Neues ausprobieren“, dann stockte er kurz, blieb stehen und fasste sich grübelnd mit einer Hand an sein Kinn. „Sieht’s so beschissen aus, oder was?“
Daraufhin musste Alex tatsächlich von ganz allein leise auflachen.
„Ich würd’ sagen, meine Lachlerntherapie hat rasant angeschlagen“, meinte Ben daraufhin schmunzelnd, bevor er sich sein T-Shirt über den Kopf zog.
„Nein, es steht dir“, kam dann Alex’ verzögerte Antwort. „Also ... das Rasierte.“
„Na, dann bin ich ja beruhigt“, erwiderte Ben, während er um das Bett herumtrat, „... und außerdem noch mal kurz im Bad.“
Auf dem Weg zu diesem bückte er sich noch nach seiner Jeans und verschwand schließlich hinter der Tür. Alex blickte ihm kopfschüttelnd hinterher. Eigentlich überforderte ihn die ganze Situation immens, doch gleichzeitig genoss er jede einzelne Minute, die er mit Ben verbringen konnte. Er war dabei, den Dunkelhaarigen noch einmal von einer ganz anderen Seite kennenzulernen. Ben hatte ihn warmherzig aufgenommen und schien sich regelrecht darum zu bemühen, dass er sich wohlfühlte. An etwas Derartiges musste Alex sich erst einmal gewöhnen. Sein Vater hatte sich ihm gegenüber nie so verhalten und auch seine Mutter hatte sich während ihrer letzten Lebensjahre lieber zurückgezogen, als sich um ihren Sohn gekümmert. Die Freundschaft zu Diego konnte man gar nicht erst zu einem Vergleich heranziehen, da diese bislang lediglich auf einer kriminellen und voneinander abhängigen Ebene stattgefunden hatte. Eigentlich konnte man das aktuelle Verhältnis zu Ben nur mit dem zu Sebastian vergleichen. Die beiden hatten eine recht unkomplizierte Freundschaft gelebt, in der sie viel miteinander unternommen und dabei eine Menge Spaß gehabt hatten. Genau diese Form der Unbedarftheit war es, die Ben ihm aktuell gewährte - dadurch, dass er sich Alex gegenüber locker und freundlich verhielt. Dabei behandelte er Alex, als neuen Partner an seiner Seite, mit einer derart sympathischen Selbstverständlichkeit, die den Blonden seine Sorgen und Ängste tatsächlich leicht vergessen ließ.
Weiter kam er in seiner gedanklichen Ausarbeitung allerdings nicht, da Ben in jenem Moment zurück in das Zimmer trat.
„So!“, gab der Dunkelhaarige entschlossen von sich. „Jetzt such’ ich noch schnell die Handschuhe raus und dann kann’s losgehen!“
Alex nickte wortlos. Der gedankliche Film von Ben und ihm auf dem Eis lief nach wie vor nicht reibungslos in seinem Kopf ab. Die Vorstellung war einfach zu absurd. Doch jetzt hatte er sich bereits auf diese Idee eingelassen und wollte deshalb keinen Rückzieher mehr machen.
Ben hatte sich in der Zwischenzeit neben seine Tasche gehockt, sie geöffnet und daraufhin sämtlichen Inhalt aus ihr herausgekramt.
Alex beobachtete ihn skeptisch. Die entstandene Unordnung auf dem Fußboden machte ihn ganz kirre.
„Ah, da sind sie ja!“, sagte Ben dann, zog zwei Paar Handschuhe aus seinem Klamottenberg und richtete sich daraufhin wieder auf. „Wollen wir dann?“
„Scheiße ...“, murmelte Alex und stand vom Bett auf. „Worauf hab’ ich mich da nur eingelassen?“
„Auf ’ne Menge Spaß!“, entgegnete Ben grinsend.
Alex seufzte leise, bevor er nach seiner am Boden liegenden Jacke griff und sie überzog. Das Gleiche tat er mit seinen Schuhen. Ben band sich zunächst einen schwarzen Schal um und warf sich erst daraufhin seine Jacke über. Dann schritt er zu seinem Nachtschrank, griff nach dem Zimmerschlüssel und trat schließlich an Alex vorbei in Richtung der Tür. Dieser folgte ihm wortlos. Als Ben seine skeptische Miene zu bemerken schien, beugte er sich vor und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen.
„Guck doch nicht so!“, sagte er dazu. „Das wird bestimmt ein schöner Nachmittag.“
Anschließend traten sie in den Flur. Ben zog die Tür hinter ihnen zu und ging schließlich voran. Die Treppe eilte er dann so schnell herunter, dass Alex Probleme hatte, mit ihm Schritt zu halten. An der Rezeption angekommen, gab Ben seinen Schlüssel ab und ging weiter zum Ausgang des Hotels.
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