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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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etwas antun, weil ihre Liebe dich von den anderen fernhält.«
    »Das werde ich nicht tun!«
    Davids Stimme war unerwartet laut geworden, worüber er mehr erschrak als Rahel, die hinter den Tresen zurückwich. Nicht, dass ihr dieser Quader Stein viel Schutz bieten konnte. David drehte sich in ihre Richtung und umklammerte die Kante des Tresens, bis seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
    »Natürlich wirst du das tun«, flüsterte Rahel, unfähig, einen Anflug von Mitleid zu verbergen. »Du bist ein erwachsener Mann, du weißt, welche Regeln dir die Wolfsnatur auferlegt.«
    »Aber ich habe den Wolf unter Kontrolle«, erwiderte David, immer noch unfähig, Rahels Blick zu begegnen. »Ich möchte bei Meta sein und ein ganz gewöhnliches Leben führen. Und ich sehe nicht ein, warum ich darauf verzichten sollte, nur weil dieser verfluchte Dämon nach anderen Regeln spielen will.«
    »Dämon? So nennst du das Wesen in dir?«, fragte Rahel ernsthaft irritiert. »Der Wolf ist doch ein Teil von dir - wie dein Schatten. Du kannst ihn nicht einfach bannen, wie stellst du dir das vor?«
    Nun hob David den Blick, und Rahel zuckte zusammen, als sie den Zorn sah, der in ihm flackerte. Aber es war nur die Wut eines Mannes. »Da siehst du einmal, wie wenig du weißt. Glaubst du etwa, der Wolf sei etwas Natürliches, so wie eine psychische Krankheit oder ein seltener Erbfehler?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber diese Trennung, die du vornimmst, ist falsch. Ehrlich gesagt, kann ich mir vorstellen, dass dich das noch viel gefährlicher für Meta macht, als wenn du zu deiner Natur stehen würdest.«
    David lachte höhnisch auf und lehnte sich über den Tresen, um Rahel eine passende Antwort zu geben. Dann hielt er plötzlich inne. »Warum weißt du so gut über uns Bescheid?« In seiner Frage schwang keinerlei Angriffslust mehr mit, sondern langsames Verstehen.
    »Jemand aus meiner Familie war wie du.« Rahel umfasste ihre Oberarme, als könne sie sich damit gegen die Kälte wappnen, die nun von ihr Besitz ergriff. »Er konnte sich auch nur schwer dem Rudel verschreiben. Kam immer wieder zu uns zurück. Aber Mensch und Wolf müssen miteinander verschmelzen, so lautet die erste Regel des Rudels.Wer sich gegen sie auflehnt, wird gejagt.«
    Einen Moment lang blickte David sie voller Entsetzen an, bevor sich Begreifen und Mitgefühl auf seinem Gesicht ausbreiteten. »Ich habe bislang nur davon gehört. In manchen Rudeln wird es so gehandhabt, nicht in allen«, sagte er ruhig, aber Rahel konnte spüren, wie sehr ihm diese Vorstellung zusetzte. »Und bei mir ist es anders: Mein Rudel ist so groß, dass mein Anführer mich kaum vermissen wird, und mein Wolf lässt sich einfach bezähmen. Außerdem scheint er Meta zu mögen. Er hat mich in den Tagen, seit ich bei ihr bin, jedenfalls nicht ein Mal gedrängt, zu unserem Rudel zurückzukehren.«
    Es dauerte, bis Rahel seine Worte wirklich begriff. Ihre Hand fuhr in die Luft und sank sofort wieder herab. »Bist du dir sicher?«, fragte sie verblüfft.
    »Ja.« David nickte. »Vielleicht liegt es daran, dass ich lange Zeit unter der Obhut eines Mannes gelebt habe, der seinen Wolf derart beherrschte, dass er ein Leben ohne Rudel führte. Er wusste, wie man den Dämon bezwingen kann, auch wenn es ihn nicht glücklich gemacht hat. Aber ich bin glücklich, wenn ich nur daran denke, dass es mir mit Meta gelingen könnte, ein normales Leben zu führen.«
    »Du willst ihr also nichts von dem Wolf erzählen?« Rahel war immer noch nicht überzeugt.
    Obwohl allein dieVorstellung ihm sichtlich Schmerzen bereitete, quälte David seine Mundwinkel zu einem Lächeln. »Warum sollte ich sie damit verunsichern, solange mein Wolf sich still verhält?«
    Voller Anspannung registrierte Rahel, dass das leise Gemurmel von Metas Stimme verstummt war, während sie nach wie vor einen inneren Kampf mit sich ausfocht. Gleich würde ihre Freundin um die Ecke gestöckelt kommen.Auch David blickte über die Schulter zu den Büros am Ende des Flurs hinüber, dann wandte er sich wieder Rahel zu, die Kieferknochen hell unter der dunklen Haut hervortretend. »Ich würde ihr nie etwas zuleide tun.Wenn sie jemals von dem Wolf erfahren sollte, werde ich sofort gehen, das verspreche ich dir.«
    In diesem Moment trat Meta aus ihrem Büro, die Wangen vom Kräftemessen mit Rinzo erhitzt, aber mit siegreicher Miene. Demonstrativ stellte sie ihr Handy aus und ließ es mit einem Lächeln in der Handtasche verschwinden, die ihr bereits

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