Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
Vom Netzwerk:
lassen.Verfluchte Wölfe.
    Nun hatte Rahel jedoch den notwendigen Beweis erhalten. Sie konnte sich nicht länger davor drücken, Meta die Augen zu öffnen, ganz gleich, ob die gerade erst entstandene Freundschaft dadurch zerstört werden würde. Denn daran, dass die ungewöhnliche Verbindung zwischen Meta und ihr gekappt werden würde, hegte Rahel keinen Zweifel. Sie wusste nur allzu gut, dass Menschen es einem übelnahmen, wenn man ihnen etwas offenbarte, das ihr Leben aus den Fugen geraten ließ. Genau diese Furcht hatte Rahel in Wirklichkeit überhaupt so lange zögern lassen, denn obwohl es ihr weder an Bekanntschaften noch an einer engen Familienanbindung mangelte, stellte ihre Freundschaft zu Meta etwas Besonderes dar.Ansonsten hätte sie keine solche Zurückhaltung walten lassen, die dazu geführt hatte, dass ihre Freundin nun jemanden bei sich beherbergte, der ihr nur Unglück bringen konnte.
    Mit beiden Händen wischte sich Rahel über das Gesicht und stellte fest, dass doch einige Tränen einen Weg über ihre Wangen gefunden hatten. Sie schniefte durch die Nase und beschloss, schnell noch dem Waschraum einen Besuch abzustatten, bevor sie Meta gegenübertrat. Mit einem verquollenen Gesicht und bebender Stimme würde sie keinen besonders überzeugenden Eindruck machen.
    Als sie schließlich wieder durch die Tür vom Waschraum schritt, hörte sie Metas helles Lachen. Ein ungewöhnlicher Klang in diesen Räumen. Außerdem gehörte Meta für gewöhnlich zu jenen Frauen, die ein Lachen nach Möglichkeit unterdrückten oder es wohlerzogen hinter der Hand versteckten. Doch jetzt erscholl es offen und mit einer verspielten Note. Obgleich sie das schlechte Gewissen packte, zog Rahel die Tür wieder ein Stück zu. Vorsichtig linste sie durch den Spalt.
    Beim Tresen, der auf seiner spiegelglatten, schwarzen Marmoroberfläche lediglich einige Kataloge beheimatete, stand Meta. Zu ihr beugte sich gerade ein junger Mann herunter, um ihr etwas zu sagen, das sie erneut auflachen ließ. Sie schüttelte den Kopf, bis sich Haarsträhnen in ihren Wimpern verfingen. Der Mann nutzte die Chance und strich die Strähnen vorsichtig aus ihrem Gesicht, wobei seine Fingerspitzen zum Nacken wanderten und dort liegen blieben. Eine zärtliche Berührung, aus der Vertrautheit sprach.
    Rahel musste nicht erst abwarten, dass der Mann den Blick hob und sie die Farbe seiner Iris erkannte. Sie wusste auch so, dass es David war, der mit Meta flirtete. Nur zu gern schien ihre Freundin auf das Spiel einzugehen. Gerade stellte sie sich auf die Zehenspitzen und flüsterte dem hochgewachsenen Mann etwas zu, woraufhin dieser mit vorgetäuschter Empörung zurückwich, ohne jedoch ihren Nacken freizugeben. Meta lachte siegessicher und hakte ihren Finger im Taschensaum seiner Jeans ein, um ihn erneut dicht an sich heranzuziehen. In diesem Augenblick dröhnte ein Handy los, und Meta nahm den Anruf mit einem äußerst ungeduldigen Gesichtsausdruck an, während David sie schmunzelnd in die Seite zwickte. Meta gab ihm einen Klaps auf die Finger, aber ihre Züge entspannten sich sichtlich ob dieser kleinen Neckerei.
    »Hallo, Rinzo«, begann sie in den Hörer zu sprechen, um eine klare, geschäftsmäßige Stimme bemüht, was ihr in Davids Nähe offensichtlich alles andere als leichtfiel. »Natürlich habe ich vollstesVerständnis dafür, dass du schon wieder anrufst. Nett,  dass du fragst. Aber es ist, wie ich zuvor schon sagte: Ich finde es unseriös, einem Künstler gewisse Marktwerte zuzusagen, nur um ihn von der Konkurrenz abzuwerben - ganz gleich, ob er der neue Stern am Himmel ist oder nicht. Okay, sprechen wir unsere Argumente trotzdem noch einmal durch.«
    Entgegen jeder Vernunft verließ Rahel ihr sicheres Versteck hinter der Tür und ging zu den beiden hinüber. Gegenüber Davids dunkler Erscheinung wirkte Meta fast wie ein Lichtreflex, doch auf seinen harten Gesichtszügen spiegelte sich eine anziehende Wärme, und dieser Widerspruch ließ ihn verwirrend attraktiv aussehen. Als Rahel näher kam, zuckte David zusammen, anscheinend überrascht von der Tatsache, dass er sie nicht schon vorher bemerkt hatte. Tja, dachte sich Rahel, wenn man dem Objekt seiner Begierde so nahe ist, können die Sinne noch so gut geschärft sein.
    David hatte sich schnell wieder gefangen und warf ihr ein zögerliches Lächeln zu, das sie wider besseres Wissen erwiderte. Die strahlende Anziehungskraft des jungen Mannes überwog ihre Ängste, und Rahel wusste genau, woher

Weitere Kostenlose Bücher