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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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sie stammte: David war bis über beide Ohren verliebt - dieses Gefühl wob seine eigene Art von Magie, der man sich nur schwer entziehen konnte. Ob ihn das nun gefährlicher machte oder vielleicht zähmte, vermochte Rahel allerdings nicht zu sagen.
    Auch Meta hatte mittlerweile ihre Freundin bemerkt und winkte sie eifrig zu sich. »Rinzo, einen Moment bitte. Nein, Rinzo, warte einmal kurz, ja?« Doch Rinzo schien momentan außerstande, auch nur eine Sekunde innezuhalten - so war es schon den ganzen Nachmittag über gegangen, seitdem er Meta endlich einmal an den Apparat bekommen hatte.
    Meta verdrehte die Augen, dann eilte sie auf Rahel zu und zog die erstarrte Freundin zum Tresen, wo sie mit der Hand auf den verlegen dreinblickenden Mann deutete. Zwischen einigen beruhigenden Brummgeräuschen, die für den aus  dem Apparat dröhnenden Rinzo bestimmt waren, formte Meta mit den Lippen lautlos die Namen von David und Rahel, wobei sie die Vorstellung mit der freien Hand untermalte.
    Plötzlich spannte sich Metas Körper an wie ein Flitzebogen, und eine steile Falte grub sich über ihrer rechten Augenbraue ein. »Auf gar keinen Fall!«, rief sie in den Hörer, um ihn sogleich mit der Hand zuzuhalten. »Rahel, kümmerst du dich bitte einen Moment lang um David? Rinzo steht kurz vor einem geschäftlichen Kamikazeflug.« Kaum hatte Rahel zustimmend genickt, streichelte Meta ihrem Liebsten noch einmal über den Arm und entfernte sich dann, zu einem lautstarken Monolog ansetzend, in Richtung Büro.
    Während Rahel noch mit grüblerischer Miene ihre Möglichkeiten abwog, bemühte David sich - sichtlich ungeübt - um eine Unterhaltung. »Meta hat mir erzählt, dass Sie in einem Laientheater mitspielen. Was für ein Stück proben Sie denn zurzeit?«
    »Meta und der böse Wolf.« Die Worte waren heraus, bevor Rahel selbst recht verstand, was sie da von sich gab. Doch der Blick aus den blauen Augen hatte die alte Angst in ihr wachgerufen, auf die sie mit Kühnheit zu reagieren gelernt hatte. Zwar wohnte dieser Taktik ein gewisses Risiko inne, aber es war ihr lieber, bei einem Angriff zu scheitern, als in ihrer Furcht zu ertrinken.
    David lachte kurz verstört auf, und Rahel konnte an dem Funkeln in seinen Augen erkennen, dass etwas in ihm bereits Witterung aufnahm. Bevor sie die Beherrschung verlor und zurückwich, sagte sie: »Ich weiß, was du bist. Und es sind nicht nur deine Augen, die dich verraten. Du wirst mir eine äußerst gute Begründung liefern müssen, damit ich nicht sofort zu Meta gehe und sie über deine wahre Natur aufkläre. Du solltest wissen, dass ich dir diese Chance nur deshalb gebe, weil  ich gesehen habe, wie ernst es euch beiden ist. Außerdem tust du ihr gut, so verrückt das klingen mag.Also, was kannst du zu deiner Verteidigung vorbringen?«
    Eine Sekunde lang befürchtete Rahel, David könnte das Problem auf eine sehr grundsätzliche Art lösen, nachdem sie ihn dermaßen erbarmungslos in die Ecke gedrängt hatte. Der junge Mann blinzelte jedoch nur einige Male, während er das Gehörte allmählich begriff, dann lehnte er sich seitlich gegen den Tresen und verschränkte die Arme vor der Brust, das Gesicht angespannt, um den Mund einen mutlosen Zug.
    »Was kannst du denn schon darüber wissen, was ich bin?«
    Gern hätte Rahel ihm an den Kopf geworfen, eigentlich müsste jeder halbwegs normale Mensch bemerken, dass in ihm etwas hauste, das nicht da sein sollte. Diese unbeschreibliche Aura, die ihn umgab und jeden auf Distanz hielt. Das Gefühl, einem fremdartigen Geschöpf gegenüberzustehen, das nur vorgab, Mensch zu sein. Doch Rahel wusste es besser: David war ein Mensch - und er war auch etwas anderes. Obwohl sie ihn gern verletzt hätte, indem sie ihm sein Menschsein absprach, konnte sie es nicht über sich bringen. Sie wünschte sich, er würde sie angesichts ihres Wissens bedrohen oder wenigstens anknurren. Aber dass er sich einfach nur zurückzog und mutlos wirkte, machte es für sie unendlich viel schwieriger.
    »Ich weiß genug über dich und deine Bagage, um abschätzen zu können, wie dieses kleine Tête-à-tête mit Meta enden wird«, sagte sie und verachtete sich für die Brüchigkeit in ihrer Stimme. Auch wenn David sich von ihrer Angst nicht herausgefordert fühlte, so wollte sie vor ihm nicht schwach erscheinen. »Das Rudel gewinnt immer, so ist das doch bei euch. Ich habe keine Ahnung, was du für einer bist, aber früher oder später wirst du Meta den Rücken zukehren. Du wirst ihr

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