Wintermond
verdreht!«
Maggie sah ihn an und offenbarte damit ihre verletzten Gefühle. David wünschte sich plötzlich inniglich, er hätte sich nicht von Sascha abgewandt. Eine Auseinandersetzung mit diesem kaltblütigen Mann wäre bei weitem einfacher zu ertragen gewesen.
»Um zu verstehen, wozu der Wolf in der Lage ist, braucht man nur lange genug in einem Rudel zu leben.« Davids Mund bewegte sich wie von selbst. »Je höher der Rang, desto größer ist die Lust am Jagen. Und wer jagt, wird über kurz oder lang auch töten.Also komm mir nicht so, Maggie.Wir wissen beide, was es kostet, den Wolf zu stärken.«
Aber so leicht war ihr nicht beizukommen. »Jagen ist nicht gleich Töten, und Töten ist nicht gleich Morden. Wir sind Wandler zwischen den Welten und keine Bestien. Du kannst Hagen nicht als Gradmesser nehmen. Sein Problem ist nicht der Wolf, sondern er selbst.«
David setzte gerade zu einer Entgegnung an, als Sascha unvermittelt auf sie zutrat. Seine starke körperliche Präsenz und die Tatsache, dass er ihm viel zu nahe war, weckte in David das Bedürfnis, den Mann fortzustoßen. Trotzdem verharrte er an Ort und Stelle, wohlwissend, dass Saschas Provokation am besten mit Aushalten entgegenzutreten war.
»Dieses Gerede ist Zeitverschwendung«, erklärte Sascha, scheinbar die Ruhe in Person, die Hände in den Hosentaschen. Nur eine kaum wahrnehmbare Gereiztheit in der Stimme verriet, dass er nicht im Geringsten mit der Situation zufrieden war - weder mit der Tatsache, so lange ignoriert worden zu sein, noch mit dem vertrauten Umgang zwischen Maggie und David. »Der Bursche hält sich für einen Mörder, weil er mit diesem alten Wolf kurzen Prozess gemacht hat. Deshalb sind wir jetzt alle Mörder für ihn. Kann uns doch recht sein, solange er bloß Hagen beseitigt. Den zweiten Mann seines Rudels hat er ja auch schon auf dem Gewissen.«
Bei dieser unterschwelligen Kampfansage spannte David seine Muskeln an.Vermutlich war es nur Maggies Anwesenheit geschuldet, dass Sascha ihn noch nicht direkt herausgefordert hatte. »Wenn du so scharf auf Hagens Tod bist, dann kümmere du dich doch darum. Oder reicht es bei dir dafür nicht?«, gab er in dem vollen Bewusstsein zurück, Sascha damit unnötig zu reizen. Aber seine Nerven waren für Spielereien zu strapaziert.
Erstaunlicherweise stürzte sich Sascha nicht sofort auf ihn, sondern setzte ein träges Grinsen auf. »Ich würde Hagen nur allzu gern das Licht ausblasen, diesem abartigen Hurensohn. Kann ich aber nicht, denn das hier ist schließlich immer noch Maggies Territorium. So gesehen, bin ich gar nicht anwesend.«
David stutzte kurz, dann begriff er, worauf Sascha hinauswollte: Offensichtlich hatte Maggie nicht vor, ihr Revier kampflos aufzugeben. Statt von einem der beiden großen Rudel überrannt zu werden, spielte sie die beiden Anführer gegeneinander aus. Kluges Mädchen, dachte David. Dann sah er Sascha abfällig an. »Wenn du nicht hier bist, dann solltest du am besten auch deine Schnauze halten.«
Nichts in Saschas Gesicht regte sich, dennoch wankte David eine Sekunde später unter einem Angriff. Jemand hatte ihn angesprungen, doch es war kein Schatten. Ohne nachzudenken, packte er blindlings zu und bekam eine sich windende Loreen zu fassen. »Bastard«, fauchte sie ihn an. Mit ihren erstaunlich langen Nägeln hatte sie ihm die Wange aufgekratzt, und wenn David sie nicht rechtzeitig abgewehrt hätte, wäre sein Auge ebenfalls verletzt worden.
Mit stummem Groll hielt er Loreens Handgelenke fest, und erst als Maggie leise seinen Namen nannte, ließ er die vor Schmerzen wimmernde Frau wieder los. Unter dem gleichgültigen Blick ihres Herrn sank Loreen auf den Boden, die geschundenen Handgelenke an die Brust gepresst.
Als er hinter sich eine Bewegung wahrnahm, kreiste David um die eigene Achse.Aber es war lediglich Jannik, der ihm mit weit aufgerissenen Augen zu Hilfe geeilt war. Jetzt allerdings schien ihn sein Mut bereits wieder zu verlassen, denn er wich zurück, als Davids Blick ihn traf.
»Warum hat sie nicht ihren Wolf zu Hilfe gerufen?«, fragte Jannik, die Stimme vor Aufregung unnatürlich laut.
Verwirrt blinzelte David, dann schüttelte er den Kopf. Er begriff es selbst nicht. Eigentlich wäre es ein Leichtes für Loreen gewesen, seinen Griff abzuschütteln. Im Gegensatz zu ihm konnte sie jederzeit auf die Macht des Dämons zurückgreifen. Schließlich würde Sascha niemanden an seiner Seite dulden, dessen Wolf schwach war.
»Loreen hat
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