Wintermond
beladenen Teller auf dem Sofa neben Burek gemütlich gemacht, und als David schließlich eintrat, grinste er ihn mit vollen Backen an. »Alles sehr nett hier. Könnte ich mich glatt dran gewöhnen, besonders an den vollen Kühlschrank. Burek gefällt es hier übrigens auch.« Dabei warf er einen Schinkenfetzen in die Luft, den der Hund mühelos auffing.
»Freut mich«, erwidert David trocken und kniete sich vor die Musikanlage. Anscheinend hatte Meta sich als Letztes ein altes Rockalbum angehört, von dem sie einmal erwähnt hatte, dass die Stimme des Sängers der seinen ähnelte. Um ein Lächeln zu unterdrücken, biss David sich auf die Unterlippe. Ganz gleich, wo er auch suchte, nichts deutete darauf hin, dass Meta ihn aus ihrem Leben verbannt hatte. Eigentlich hatte er erwartet, bestenfalls einen Karton mit seinen Habseligkeiten vor der Tür vorzufinden, inklusive der schriftlichen Aufforderung, ihr nie wieder unter die Augen zu treten. Doch auf dem Esstisch lag sogar noch seine Zeichnung von dem hinfälligen Haus, die er vor einer gefühlten Ewigkeit angefertigt hatte.
»Also, falls es dich interessiert: Metas süße Freundin ist hier gewesen, die mit den vielen Locken«, brachte Jannik zwischen zwei Bissen hervor. »Bestimmt haben dir die beiden Frauen gründlich den Arsch bearbeitet, weil du Meta nicht nur einen vorgeflunkert, sondern dich auch noch aus dem Staub gemacht hast, nachdem du aufgeflogen bist.War wohl nicht gerade deine beste Vorstellung.«
Trotz Janniks Sticheleien verspürte David Erleichterung. Alles sah danach aus, als ob Meta am Morgen ganz normal zur Arbeit aufgebrochen sei, ohne dass Hagen oder jemand aus seinem Gesinde sie belästigt hatte. Den Tag würde sie in der Galerie oder an anderen sicheren Orten verbringen. Er hatte also ausreichend Zeit, sie zu finden, bevor Hagen ihrer in Maggies Revier habhaft werden konnte.
»Schubs Burek von dem Sofa, bevor er noch etwas anderes als die Decke einsaut, und dann hauen wir ab«, sagte David, der es mit einem Mal gar nicht mehr erwarten konnte, die Galerie zu betreten. Selbst wenn Rahel ihm die Pest an den Hals wünschen sollte, weil er sein Versprechen, sich von Meta fernzuhalten, brach. Damit würde er genauso leben können wie mit einem Aufblitzen von Furcht in Metas Augen, solange sie ihn nur in ihrer Nähe duldete, bis er sie in Sicherheit gebracht hatte.
Doch bevor David seinen Freund, der sich hastig die Essensreste in den Mund stopfte, hochziehen konnte, sprang Burek winselnd vom Sofa und versuchte, sich hinter Davids Beinen zu verstecken. Auf Janniks Gesicht breitete sich augenblicklich ein panischer Ausdruck aus. »Scheiße«, flüsterte er und ließ den Teller auf den Boden fallen.
Mit langen Schritten hielt David auf die Wohnungstür zu, die bereits mit einem Knall aufsprang. Abrupt blieb er stehen. Maggies rot leuchtender Schopf tauchte auf, und sie lächelte ihn müde an. »Guten Morgen, David«, sagte sie. »Ich habe Besuch mitgebracht.«
Hinter Maggie betrat ein Mann um die vierzig die Diele: Er war von durchschnittlich hohem Wuchs, allerdings mit breiten Schultern und kräftigen Oberarmen - trotz der winterlichen Temperaturen trug er nicht mehr als ein kurzärmeliges Hemd und Stoffhosen. Am Handgelenk hing eine schwere Digitaluhr, die zu dem altmodischen Bürstenhaarschnitt passte. Seine Augen lagen unter schweren Lidern, so dass das verräterische Blau kaum mehr als ein Schatten war. Die Mundwinkel seines unpassend sinnlichen Mundes hingen herunter, während er den Blick gelangweilt umherschweifen ließ. Maggie musste den Mann an ihrer Seite gar nicht vorstellen, denn obwohl David ihn noch nie zuvor gesehen hatte, wusste er, um wen es sich handelte: Sascha hatte es gewagt, diese Straßen, die nun unter Hagens Herrschaft standen, zu betreten.
An Saschas Seite gesellte sich eine Frau, deren dunkelblondes Haar ihr wie ein Vorhang eng ums Gesicht hing, was die ohnehin langgestreckten Züge unvorteilhaft betonte. Ihr Blick war zwar auf David gerichtet, aber sie schien durch ihn hindurchzusehen. Zu seinem Erstaunen konnte er beobachten, wie sie mit Hilfe des Wolfes versuchte, Witterung aufzunehmen, jedoch scheiterte.
Was auch immer der Wandel nach Nathanels Tod aus dem Dämon gemacht hatte, er schützte David vor aufdringlichen Übergriffen anderer Wölfe - sogar in einer Situation, da er einen eigenen Weg eingeschlagen hatte. Obgleich David selbst in diesem Moment auf die Hilfe des Dämons verzichten wollte, fühlte er sich
Weitere Kostenlose Bücher