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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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ohne die Berührung seines langjährigen Begleiters seltsam nackt.
    Die Frau stieß ein frustriertes Schnaufen aus, das Saschas Desinteresse endlich brach. »Der alte Mann wusste offensichtlich ganz genau, was er tat, als er sich von dir töten ließ«, sagte er mit einer schleppenden Stimme, die Sprache durchwirkt von einem Akzent, der David an unendlich weite Wälder im Dämmerlicht denken ließ. »Loreen dringt für gewöhnlich zu jedem von uns durch und sollte es auf jeden Fall bei einem tun, dessen Wolf sich aus dem Staub gemacht hat.«
    Irgendwo im Hintergrund keuchte Jannik erschrocken auf, der erst jetzt bemerkte, dass sich an Davids Körper kein Schatten schmiegte.
    Sascha reagierte nicht darauf, sondern hing einem Gedanken nach, bevor er weitersprach. »Es ist wirklich zu schade, dass ich nicht dabei sein werde, wenn du Hagen herausforderst.«
    Beim Anblick dieses kaltblütigen Mannes verspürte David das dringende Bedürfnis, ihn ohne Vorwarnung zur Tür hinauszustoßen. Sascha wohnte eine abstoßende Verrohung inne, die nur von einer ausgeprägten Vernunft im Zaum gehalten wurde.Aber anstatt seinen Instinkten zu folgen, entschied sich David dafür, nach den Wolfsregeln zu spielen: Bewusst wandte er sich von Sascha ab und konzentrierte sich auf Maggie, der dieses Revier schließlich immer noch gehörte.
    »Warum kommst du mit deinen neuen Freunden nicht herein? Einer von euch sollte sich allerdings gegen die ramponierte Tür lehnen, damit sie nicht endgültig aus dem Rahmen fällt.«
    Zu seiner Überraschung ging Maggie wirklich auf ihn zu, und als sie an ihm vorbeischritt, streifte sie leicht seinen Oberarm - eine beabsichtigte Geste, um ihn zu beruhigen. »Tut mir leid, dass wir hier mit einem solchen Radau eindringen, aber deine Fährte ist sehr verwirrend. Deshalb waren wir unsicher, was uns hinter der Tür erwarten würde.«
    »Ich bin Gast in deinem Revier, Maggie. Wie könnte ich  dir etwas antun?«, fragte er, selbst verwundert über den warmen Unterton in seiner Stimme.
    Maggie sah ihn kurz an, dann ging sie auf den Esstisch zu, wo die Zeichnung lag. Eine Zeit lang studierte sie das Papier, ungerührt von der Anwesenheit Janniks, der auf dem Sofa herumzappelte. Dem Jungen war die Anspannung ins Gesicht geschrieben, und es war ihm hoch anzurechnen, dass er sich nicht gemeinsam mit seinem wimmernden Hund hinter dem Möbelstück versteckte.
    »Ich mache mir auch keine Sorgen, dass du mir etwas antun könntest, ganz gleich, welche Stärke der Wolf dir verliehen haben mag«, sagte Maggie, wobei ihre Fingerspitzen das vom Stift zerfurchte Papier abtasteten. »Aber dein Unwille, den Wolf anzunehmen, zwingt mich dazu, eine Entscheidung zu treffen, die mich mehr als alles andere quält.«
    Mit einem Schlag war es um Davids Selbstbeherrschung geschehen. Bevor er begriff, was er tat, stand er vor Maggie und packte sie an den Schultern. Es gelang ihm gerade noch, sie nicht durchzuschütteln. Hinter sich konnte er Sascha knurren hören, doch Maggie gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er sich zurückhalten sollte.
    »Komm zur Sache, Maggie«, forderte David sie mit rauer Stimme auf. »Du weißt, warum ich in diese Wohnung zurückgekehrt bin. Das Einzige, was mich im Augenblick interessiert, ist, Meta aus der Schusslinie zu bringen, in die sich dein Revier verwandelt hat.«
    »Daran sind Nathanel und du ja nicht gerade unschuldig. Ich habe mich auf dich verlassen und stand am Ende völlig allein da.«
    »Das ist mir, ehrlich gesagt, scheißegal.« Mit einem Ruck gab er Maggies Schultern frei und trat einen Schritt zurück.
    »Tatsächlich?« Eine Welle feuerroten Haares war ihr über  die Braue gerutscht, und als Maggie sie zurückschob, zitterten ihre Finger. »Wenn wir uns gegenseitig zerfleischen, wirst du anschließend lediglich froh darüber sein, dass es ein paar weniger von uns gibt?«
    Wütend hob David die Arme in die Luft, dennoch konnte er sich ihren Worten nicht entziehen. »Du weißt, wie ich über den Wolf denke: Wenn man ihn nicht niederhält, verwandelt er sich in einen blutrünstigen Dämon. Er lauert doch nur auf seine Chance. Ich habe es gerade am eigenen Leib erlebt, verdammt. Warum sollte ich mir also um dich und deinen Haufen Gedanken machen?«
    »Du kennst mich, David. Und trotzdem hältst du mich für jemanden, der zulässt, dass eine Bestie in mir immer weiter zu Kräften kommt? War Nathanel so? Du redest einen solchen Unsinn, Convinius hat dir wohl den Verstand

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