Wintermond
wäre, hätte die Dame sich vielleicht noch zu einer kleinen Zugabe hinreißen lassen. Dagegen hätte Jannik ganz und gar nichts gehabt. Denn wenn David auf seine Kosten kam, dann fiel davon auch etwas für ihn ab. Eine nette Abwechslung, da Davids Gefühlswelt ansonsten eher einem trüben Tümpel glich.
»Hast du dem Paket denn wenigstens eine Karte mit deiner Adresse beigelegt oder so?«, fragte Jannik schließlich in der Hoffnung, dass noch nicht alles verloren war.
David verlangsamte seine Schritte, als habe diese Frage ihm den Wind aus den Segeln genommen. »Nein, ich bin irgendwie davon ausgegangen, dass ich mit ihr sprechen würde und dabei feststellen könnte, ob sie mich überhaupt noch einmal treffen will.«
Jannik stöhnte und fing sich dafür einen zornigen Blick von seinem Freund ein. Doch in diesem Augenblick war es ihm herzlich gleichgültig, ob David die Zähne fletschte vor Wut. Sie hatten sich beide den Arsch aufgerissen, um Metas Fährte zu folgen, die nach einer Woche alles andere als aufdringlich gewesen war. Aber sie hatten sie gefunden und waren ihr bis in dieses elende Glasscheiben-Viertel gefolgt. Nach all den Mühen erwartete Jannik mehr als ein anonym überreichtes Geschenk.
»Das heißt, sie hat jetzt keine Möglichkeit, sich bei dir zu melden? David, warum machst du das so kompliziert?«
»So wie Meta mich eben in der Galerie angesehen hat, dürfte sie eh kaum ein Interesse daran haben, mich wiederzusehen.«
»Moment mal - sie war da?«
Jannik brauchte die Antwort nicht zu hören, denn schon überrollte ihn Davids nur mühsam beherrschte Enttäuschung, die jeden Augenblick in Wut umschlagen konnte. Und in seinem Inneren breitete sich als Reaktion eine Angst aus, die sich anfühlte, als habe er unzählige Zitronenspalten auf einen Schlag verschluckt. Obwohl er genau wusste, dass David seine Frustration nicht an ihm auslassen würde, zog er unwillkürlich den Kopf ein. Das verängstigte Winseln in seinem Inneren, das nur er und David hören konnten, war von der Ungefährlichkeit der Situation alles andere als überzeugt. David warf seinem Freund einen wissenden Blick zu und berührte ihn kurz an der Schulter.
Eine Zeit lang liefen sie schweigend durch die Straßen, das Wasser rann ihnen in die Kragen, die Hosen klebten nass an ihren Oberschenkeln. Dabei machte die Nässe Jannik deutlich weniger zu schaffen als David, der immer wieder übellaunig zum schwarzen Himmel aufsah. Jannik ärgerte sich nur darüber, bei dem Regen nicht rauchen zu können. Burek lief einige Schritte wie eine Vorhut voraus, dicht an den Hausmauern entlang, um wenigstens etwas Schutz vor dem Unwetter zu finden. Er hatte die Ohren angelegt, die Rute eingezogen und sah sich immer wieder nach den beiden Männern um, als sei ihm die Stille unheimlich.
»Meta hat mich gesehen und auch wiedererkannt«, sagte David schließlich. Dabei ging er unbeirrt weiter, hielt den Kopf jedoch gesenkt, als wolle er dem Regen keine Chance geben, ihm ins Gesicht zu fegen. »Da war so ein Ausdruck auf ihrem Gesicht, als würde sie sich einen räudigen Straßenköter anschauen. Vielleicht ist ihr in diesem Moment ja klargeworden, mit wem sie sich da eingelassen hat. Jedenfalls schien es ihr klüger, sich im Hintergrund zu halten, während dieses aufgetunte Miststück von Kollegin mich Richtung Ausgang gebissen hat.Was für eine idiotische Idee, ihr ausgerechnet ein Bild zu schenken. Eine Galerie, verflucht! Du hast diesen Laden ja gesehen - todschick. Und ich Schwachkopf geh da trotzdem rein und versuche eine nette Zufallsnummer in … ja, in was eigentlich zu verwandeln?«
Janniks Hand fuhr unwillentlich zu der Haarinsel auf seinem Hinterkopf und zupfte an den nassen Fransen. »Das mit der Galerie konntest du doch nicht wissen«, sagte er, um seinen Freund etwas zu beruhigen. »Hör mal, wir sind den ganzen Tag unterwegs gewesen, sind sogar in Maggies Revier eingedrungen, um Metas Wohnhaus zu finden. Aber was hätten wir da ausrichten können? Dumm herumstehen, bis uns Maggies Grenzwächter den Hintern aufreißen? Das Geschenk einfach so vor ihrer Tür abstellen? Mann, die Galerie befindet sich wenigstens auf neutralem Boden.«
Doch David machte nicht den Eindruck, als ob ihn irgendetwas beruhigen könnte. »Wenn es richtig schlecht läuft, denkt sie noch, dass ich mich mit meinen Bildern aufdrängen will. Warum, zum Teufel, bin ich da bloß reingegangen? Wenn ich nur einen Augenblick lang nachgedacht hätte.«
»Nun komm
Weitere Kostenlose Bücher