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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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und grinste Jannik zu. Dann trat er an den Tisch heran und beugte sich zu der Frau hinunter.
    »Hallo, Maggie, möchtest du gerne, dass ich dich zur Begrüßung ausgiebig beschnüffle und mich an dir reibe?«
    Maggie drehte ihren Stuhl so, dass sie David erst einmal ausgiebig mustern konnte, bevor sie ihm antwortete. Dieselben blauen Augen, wie sie auch David und Jannik hatten - wie sie sie alle hatten. Maggies Gesicht war außergewöhnlich spitz zulaufend, und um ihre Augen zeichnete sich ein feines Netz von Linien ab. Ihre Züge verrieten eine starke Persönlichkeit, aber auch eine tiefgehende Erschöpfung. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie schon sehr lange an der Spitze ihres Rudels stand.
    »Du solltest dich besser nicht aufspielen, mein Schatz«, sagte sie gedehnt, die Sprache von einem singenden Zungenschlag gefärbt, den David nicht zuzuordnen wusste. »Wenn ich das richtig sehe, hat dich vor gar nicht allzu langer Zeit schon eine Frau fertiggemacht. Eine Runde mit mir hältst du also bestimmt nicht durch, auch wenn du noch so ein potentes Kerlchen bist.«
    Zu Janniks Verwunderung zuckte David lediglich mit den Schultern und setzte sich neben die Rothaarige, während er seinem Freund den anderen freien Stuhl neben dem unbekümmert kauenden Mann zuwies. Jannik zog es jedoch vor, stehen zu bleiben. Wenn es ihm nicht zu peinlich gewesen wäre, hätte er sich sogar neben die Eingangstüre gestellt. Oder  noch lieber davor. David schien da deutlich weniger Berührungsängste zu verspüren, denn er angelte ungefragt einige Pommes vom Teller der Frau.
    Maggie sah ihm ungerührt dabei zu. »Ich verstehe das nicht: Ich habe gehört, dass es endlich einmal vorangehen soll mit dir, David. Dass Hagen dir die nächste Stufe gewährt, damit dein Wolf zu guter Letzt doch noch sein Potenzial entfalten kann.Aber du bist weiterhin ganz der Alte. Wenn ich es darauf anlegen würde, könnte ich mir haargenau anschauen, was dieser Blondschopf gestern mit dir veranstaltet hat. Wo liegt für dich das Problem mit dem Ritual? Macht es dir Spaß, dich Hagen auszuliefern, obwohl du dich ihm genauso gut entziehen könntest?«
    »Ach, Maggie. Das geht dich doch nichts an«, sagte David und versuchte, den Teller zu sich zu ziehen, was ihm mit einem flinken Schlag auf die Hand versagt wurde. »Ich wollte eigentlich mit dir über dieses Gebiet beim Fluss reden. So ein Fluss ist doch wirklich eine schöne Grenze, warum wollt ihr euch nicht darauf einlassen?«
    Maggies klare Züge verzogen sich zu einer Grimasse. »Da kommt Hagens Fußabtreter und glaubt allen Ernstes, mit mir über Grenzfragen reden zu können. Du bist wirklich ein ganz schön dreister Bengel.Vor allem, da es doch deine Sippe ist, die ihr Territorium auf unsere Kosten ausdehnen möchte.«
    »Willst du mir jetzt wirklich mit diesem Hierarchiekram ans Bein pinkeln?«
    »Nein«, erwiderte Maggie und klang mit einem Mal sehr müde. Langsam schob sie David den Teller mit den Pommes zu. »Mein Haufen interessiert sich nicht sonderlich für das Gerede über Ränge, obwohl sich das dank Hagens aggressivem Verhalten langsam zu ändern droht. So ist das, wenn man auf der einen Seite von Hagen bedroht wird und auf der anderen Seite Sascha und sein Rudel hat, das ganz und gar im  Glauben an das Recht des Stärkeren aufgeht. Da ist es nicht einfach, ein kleines Rudel zu leiten, das einfach nur in Ruhe leben will. Trotzdem freue ich mich, dass du mein Angebot, dich jederzeit bei mir melden zu können, nicht vergessen hast. Obwohl ich, ehrlich gesagt, befürchte, dass es in diesem Fall nicht viel zu reden gibt:Wenn Hagen weiterhin darauf drängt, dass seine Leute unsere Ecken markieren, werden wir zurückschlagen.«
    David aß schweigend, während Jannik am liebsten gegangen wäre. Diese Art der Unterhaltung war ihm zuwider, und er hegte den Verdacht, dass dieser fremdartige Geruch, den die Frau und ihr Partner verströmten, an ihm haften bleiben würde wie ein unsichtbarer Makel. Seine Fingerspitzen kribbelten vor Nervosität, und er verspürte den Drang, an die nächste Häuserecke zu pinkeln.
    Eigentlich hatte Jannik keine Ahnung von der Ordnung der anderen Rudel. Er wusste, wo die Grenzen verliefen. Punkt. Er hatte von Maggie gehört, die ein eher kleines Rudel leitete. Eigentlich unbedeutend, wenn man einmal davon absah, dass es ein Bollwerk zwischen Hagens und Saschas dominanten Rudeln war. Ein empfindliches Gleichgewicht, das nun durch Hagens wachsenden Anspruch

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