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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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werden.«
    Als Mathol sich ihr mit seiner immer noch blutenden Nase entgegenneigte, wich die Frau mit einem spitzen Schrei zurück, bis sie gegen Davids Arm stieß. Wie ein in die Enge getriebenes Tier blickte sie wild von einem zum anderen.
    Mathol schien die Situation äußerst gut zu gefallen, er ließ sogar ein angriffslustiges Knurren hören, bei dem sich sämtliche Haare auf Davids Unterarmen aufstellten. Es mochte eine Sache sein, ein Opfer zu jagen und in die Ecke zu drängen.  Aber es zu quälen, lag gewiss nicht in der Natur des Wolfes. Das Rudel sah das offensichtlich ähnlich, denn eine Welle von Missmut durchströmte den Raum.
    Plötzlich schob sich Amelia zwischen Mathol und den Tisch, berührte die Frau an der Schulter und sagte eindringlich: »Lauf! Lauf, so schnell du kannst.«
    Als habe sie lediglich auf diesen Anstoß gewartet, sprang die Frau vom Tisch. Doch kaum kamen ihre Füße auf dem Boden auf, knickte sie um und fiel auf die Knie.Vollkommen aufgelöst, versuchte sie, auf allen vieren weiterzukriechen, hielt jedoch mit schmerzverzerrtem Gesicht inne und fasste sich an den verdrehten Knöchel.
    In das Rudel geriet Bewegung, bestimmt durch den Wunsch vorzupreschen und der eindeutigen Anweisung ihres Anführers, sich zurückzuhalten.Auch Mathol blieb zähneknirschend hinter Amelia stehen, deren Nasenflügel angesichts des ausgelieferten Opfers vor Anspannung vibrierten. Die offenkundige Jagdlust stand im krassen Gegensatz zu ihrem sorgfältig geschminkten Gesicht.
    Unterdessen nutzte David den Moment, um vom Tisch, der ihm mehr denn je wie ein Opferaltar erschien, hinabzusteigen. Allerdings hatte sich Hagen nicht von dem Durcheinander ablenken lassen und machte einen bedrohlichen Schritt auf ihn zu. Dabei bot er die ganze Autorität auf, die der Wolf ihm zur Verfügung stellte. Er ergriff Davids Oberarm und grub seine Finger hinein, dass David befürchtete, der Knochen könnte bersten.
    Als Hagen zum Reden ansetzte, zitterte seine Oberlippe vor Anspannung. »Du wirst sie dir jetzt schnappen. Oder ich lasse dieses Miststück herbringen, das dich die letzten Wochen fast um den Verstand gebracht hat. Dann werde ich dafür sorgen, dass du stattdessen ihr das verfluchte Genick brichst«, flüsterte er so leise, dass David die Worte kaum verstand. »Mir  ist es völlig egal, wie, aber du wirst deinen Wolf jetzt, verdammt noch mal, stärken!«
    Benommen schüttelte David den Kopf, gleichgültig, dass sich über Hagens Antlitz ein Schatten auszubreiten drohte, der ihn vernichten konnte. Doch in diesem Moment wurden auch seine Sinne in ein Grau getaucht, das die Welt anschließend um ein Vielfaches lebendiger erscheinen ließ. Ohne dass er darum gebeten hatte, war ihm der Dämon zu Hilfe geeilt. Flüchtig schloss er die Augen, als sein Wolf mit ihm verschmolz.
    »Du willst also, dass ich ein Opfer stelle - Hauptsache, der Dämon in mir wird stärker?«, fragte David seinen Anführer, der kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren. »Irgendein Opfer?«
    »Ja«, erwiderte Hagen mit einer Stimme, in der nichts Menschliches mehr zu finden war. »Sofort.«
    Mit einem Satz war David wieder auf dem Tisch und überquerte ihn mit zwei langen Schritten. »Mathol, hierher!«, rief er, und es klang wie ein Befehl.Widerwillig riss der Angesprochene den lauernden Blick von der tränenüberströmten Frau, der er Zentimeter für Zentimeter auf ihrem Weg durch den Audienzsaal gefolgt war.
    »Halt’s Maul. Hättest sie dir ja nehmen können, jetzt gehört sie mir«, knurrte Mathol, kehrte aber dennoch zum Tisch zurück.
    »Ich will nicht die Frau - ich will dich«, erwiderte David und verpasste dem Mann kurzerhand einen Tritt gegen die Stirn.
    Noch während Mathol mit ungläubigem Ausdruck nach hinten kippte, kam David auf dem Boden auf und räumte Amelia, nicht ohne eine gewisse Genugtuung, mit einem Stoß aus dem Weg.
    Zuerst sah es so aus, als wollte Amelia ihn anspringen, um sich für diese Unverschämtheit zu rächen, doch dann hielt sie  inne, weil sie begriff, was David vorhatte. Auf ihren Zügen spiegelte sich eine verzückte Vorfreude, und sie warf Hagen, der Davids ungestümen Angriff auf Mathol beobachtete, eine Kusshand zu.
    Blitzschnell drehte sich der gestürzte Mathol auf die Seite und versuchte, David mit seinen schweren Stiefeln zu treffen. Aber David wich den Tritten geschickt aus. Mit geschmeidigen Bewegungen umkreiste er Mathol, der nicht wagte, sich aufzusetzen.
    »Verfluchter Scheißkerl«,

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