Wintermond
stocksteif stehen, wie Jannik mit einiger Befriedigung feststellte. Doch dann beugte sie sich hinunter und tätschelte dem Hund den Kopf.
Jannik ließ geräuschvoll den Karton auf den Boden fallen und sagte: »Tut mir leid, dass Burek so aufdringlich ist, aber du riechst total nach David.« Augenblicklich kam Leben in dieses puppenhafte Gesicht. Meta lachte unsicher, und das Blut schoss ihr leuchtend rot in die Wangen. Sieht doch gar nicht verkehrt aus, gab Jannik widerwillig zu.
Meta streichelte den sich immer noch vor Vergnügen windenden Hund, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Herrn an ihrer Seite, der die Szenerie mit unverstelltem Interesse beobachtete. »Also, Herr Kandelanz, ich lasse dann zwei der Aquarelle an Ihre Privatadresse liefern, und Sie sehen, ob die Bilder sich tatsächlich, wie erhofft, in die Umgebung einfügen. Wissen Sie, es ist ein Unterschied, ob man Kunst kauft, die für öffentliche Orte wie Ihre Kanzlei bestimmt ist, oder solche, mit der man sich in seinen wenigen ruhigen Momenten umgeben möchte. Solche Werke sind ja auch keine Investitionsanlage, sondern gehören zu den Dingen, die man später einmal Menschen hinterlassen möchte, die einen wirklich gekannt haben und den Wert der Bilder verstehen.«
Der elegante Mann lachte leise und verabschiedete sich freundlich, wobei er auf dem Weg zum Ausgang Jannik noch einmal ansah. Zu dessen großer Überraschung fiel der Blick nicht herablassend aus, sondern bloß neugierig. Vermutlich glaubt er, dass ich das da drüben produziert habe, dachte Jannik grinsend und betrachtete eine Leinwand, die mit einer wilden Farbschmiererei bedeckt war.
»Wenn Sie zu David wollen, kann ich Ihnen auch gern sagen, wo Sie ihn finden können. Ich meine, Sie sind doch ein Freund von ihm, oder?« Metas Stimme klang bei den letzten Worten belegt, als käme ihr plötzlich in den Sinn, dass ihr Liebhaber sich nicht nur mit Freunden umgab. Jannik hätte nur allzu gern gewusst, was David ihr wohl für eine Lügengeschichte aufgetischt hatte, damit er bei ihr bleiben konnte. Währenddessen trat Meta auf ihn zu und betrachtete ihn eingehend. »Sind Sie mit David verwandt?«, fragte sie mit einem Mal überschwänglich.
»Nein, nicht direkt. Ich meine, wir sind nicht direkt … blutsverwandt oder so.« Die Entwicklung des Gesprächs gefiel Jannik überhaupt nicht. Eigentlich hatte er nur vorgehabt, in die Galerie hineinzuschneien, diese Frau in Verlegenheit zu bringen, weil er so wütend auf sie war, und sie dann samt Davids Sachen einfach stehen zu lassen. »Aber wir sind Freunde«, setzte er mit fester Stimme nach, um ja keine weiteren Fragen aufkommen zu lassen.
Doch Meta wirkte nicht überzeugt. »Sie haben exakt dieselbe Augenfarbe wie David, dieses tiefe Blau. Das kann doch kein Zufall sein.«
»Also, ich bin vorbeigekommen, um Davids Krempel abzugeben. Für den Fall, dass er auch mal dein Bett verlassen will, braucht er ja wohl etwas zum Anziehen.« Leider ging Meta auf den Seitenhieb nicht weiter ein, sondern musterte ihn ohne Unterlass. Unwillkürlich fing Jannik an, sich unter ihrem Blick zu winden. »Außerdem wäre es nett, wenn du ihm sagen würdest, dass er sich ruhig mal bei mir melden kann.« Er zögerte kurz und sah sich hilflos nach Burek um, der jedoch die weitläufigen Räume inspizierte. »Und vielleicht noch, dass ich das irgendwie verstehen kann, was da neulich passiert ist.Also, er soll sich einfach melden, ja?«
Meta nickte langsam, und während er so vor ihr stand, bemerkte Jannik plötzlich etwas Seltsames: Sein Wolf, dieses schwache, zurückgezogene Wesen, fühlte sich in der Gegenwart dieser Frau äußerst wohl. Er regte sich zwar nicht, fühlte jedoch auch keinen Zwang, sich in den letzten Winkel zu pressen und tot zu stellen. Das muss an Davids Spuren liegen, die diese Frau wie eine zweite Haut umgeben, dachte Jannik. Aber irgendwie fühlte sich die vernünftig klingende Begründung zu harmlos an, so als verkenne er etwas Essenzielles, obwohl es sich ihm unleugbar offenbarte.
»Ja«, sagte Meta. »Das will ich gerne tun …« Sie schaute ihn fragend an, und es dauerte einen Moment, bis er begriff, worauf sie hinauswollte.
»Jannik.« Sein eigener Name flog ihm regelrecht von den Lippen. Dann schickte er ein schüchternes Lächeln hinterher. »Hat er dir schon von mir erzählt?«
»Nein, bislang leider noch nicht. Aber das wird David bestimmt sofort nachholen, wenn wir es endlich einmal aus meinem Bett
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