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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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rausschaffen.« Zu Janniks Erleichterung wurde dieser Kommentar von einem Lächeln begleitet, das ihm bewies, dass diese kleine Retourkutsche nicht nachtragend gemeint war.
    Eigentlich war nun der perfekte Moment gekommen, um sich umzudrehen und zu gehen, doch Jannik konnte sich von dieser Frau nicht losreißen. So unangenehm ihm das herrenlose Gebiet und erst recht die hellerleuchtete Galerie mit ihren kühlen Geschöpfen vorgekommen war, so wohl fühlte er sich jetzt. Am liebsten hätte er sich gemeinsam mit Meta gegen den Tresen gelehnt, eine Zigarette geraucht und noch ein wenig geplaudert.
    Eine kräftige Frauenstimme riss ihn jäh aus seinen Träumereien.
    »Meta, ich fände es wirklich klasse, wenn du Rinzo jetzt endlich zurückrufen würdest. Eve ist nämlich ausgeflogen, Sol treibt sich immer noch mit dieser Pressetante im Café herum, so dass der Telefondienst wieder einmal an mir hängenbleibt. Also wählst du jetzt entweder augenblicklich Rinzos Nummer, oder ich gehe nach Hause. Was ist dir lieber?« Eine süß aussehende Frau mit dunklen Locken, deren Alter Jannik allerdings nur schwer einschätzen konnte, hatte sich zu ihnen gesellt und die Hände angriffslustig in die Hüften gestemmt. »Außerdem hat mich dieser Köter beschnüffelt.«
    Meta schlug sich mit dem Handrücken gegen die Stirn. »Mist, Rinzo habe ich vollkommen vergessen. Tut mir leid, Rahel.«
    »Lass mich einmal raten, woran das wohl liegen könnte?«, fragte Rahel in einem deutlich milderen Ton. Sie sah Jannik an und lächelte ihm zu. Doch bevor er es erwidern konnte, verzog sich ihr Mund zu einem erschrockenen O, und sie wich zurück. Janniks Wolf hob kurz den Kopf, anscheinend unschlüssig, wie er auf diese plötzlich aufkommende Furcht reagieren sollte. Da die Frau jedoch ihre Angst schnell niederkämpfte, entschloss sich der Wolf zum Rückzug.
    Unterdessen schien Meta von dem Stimmungswandel nichts mitzubekommen, da sie verlegen ihre Fingernägel betrachtete. »Das ist Jannik, ein Freund von David. Er hat einige von seinen Sachen vorbeigebracht. David wohnt vorübergehend bei mir, das habe ich dir vor lauter Hektik ja noch gar nicht erzählt.«
    »Nein, das hast du nicht«, erwiderte Rahel heiser. Zwar weigerte sie sich, auch nur einen zweiten Blick auf Jannik zu  verschwenden, aber sie schien noch weniger Lust zu verspüren, Meta anzuschauen. Einige Atemzüge lang stand sie reglos da, dann wandte sie sich zum Gehen. »Ruf Rinzo an, bevor du auch das vergisst.«
    Mit einem verhaltenen Nicken verabschiedete sich Jannik von Meta, die sichtlich um Fassung rang. Offenbar hatte sie das kurze Gespräch mit dieser Frau ganz schön aus der Bahn geworfen, und als sie Jannik zum Abschied nachwinkte, glaubte er zu verstehen: Das Geheimnis um Davids Wolf zog Kreise, die sich auf Metas Leben auswirkten. Diese Rahel hatte irgendwie begriffen, dass der Geliebte ihrer Freundin mehr als nur ein junger Bursche war, der sich über seine Vergangenheit ausschwieg. Sie hatte die Gefahr erkannt, die der Wolf darstellte. Jannik wünschte sich inständig, sie hätte es nicht getan. Er bewegte sich selten außerhalb des Rudels, und die Angst in Rahels Augen hatte ihn verletzt.
    Missmutig ließ Jannik das Geschäftsviertel hinter sich. Er überschritt die nur für ihn sichtbare Grenze zum Revier seines Rudels und verspürte einen fast körperlichen Widerwillen, als ihn Hagens Macht berührte. Er blieb abrupt stehen und schluckte einige Male kräftig, dann hatte er seinen Magen wieder unter Kontrolle. Burek schaute ihn fragend an, woraufhin er mit den Schultern zuckte. »Keine Ahnung, was los ist«, erklärte er seinem Hund. »Aber Nachhausekommen sollte sich eigentlich schöner anfühlen.« Er lachte kurz über seine eigenen Worte, fühlte sich jedoch kein bisschen besser.
    Burek schien es ähnlich zu gehen, denn er duckte sich plötzlich und versuchte, hinter seinem Herrchen in Deckung zu gehen. Jannik blickte sich irritiert um und stieß einen Schrei aus, als wie aus dem Nichts Nathanel neben ihm auftauchte.
    »Irgendwie ist es traurig, dass die Instinkte deines Hundes besser sind als deine eigenen.« Nathanels Stimme ließ nicht  erkennen, ob in seinem Kommentar Verachtung lag. Obwohl der Körper des älteren Mannes seit seiner Krankheit mit einigen Gebrechen zu kämpfen hatte, vermutete Jannik, dass sein Wolf davon nicht betroffen war. Einige unterschätzten Nathanel, weil er sich stets in Zurückhaltung übte und in der Vergangenheit die Aufgabe des

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