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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Anführers abgelehnt hatte. Doch Jannik traute Hagens rechter Hand eine Menge zu, zum Beispiel, dass er seine einigen Pläne verfolgte. Und einer davon betraf eindeutig David.
    »Wir können ja nicht alle mordsdominant sein«, hielt Jannik dagegen, wobei er sehr viel mutiger klang, als er sich fühlte. »Ich mag meinen Wolf«, fügte er an, um ja keinen Zweifel aufkommen zu lassen.
    »Ich auch«, erwiderte Nathanel abermals in diesem seltsam neutralen Ton, doch dann verzog sich sein schiefer Mund für einen Augenblick zu einem Lächeln. »Diese Frau, zu der David sich so hingezogen fühlt, riecht gut, nicht wahr? Wie hast du auf sie reagiert?«
    Sofort erinnerte Jannik sich an das wohlige Gefühl, das ihn in Metas Nähe überkommen hatte. Aber wie sollte er es in Worte fassen, vor allem vor Hagens Vize? »Bestimmte Frauen riechen immer gut«, erklärte er deshalb mit einem bemüht blanken Gesichtsausdruck.
    »Ja, das stimmt wohl.« Nathanel nickte bedächtig, während er seine großen, leicht verbogenen Hände anschaute. »Mich erinnert der Duft jedoch auch an etwas anderes. Daran, wie es ist, jemandem nahe zu sein, der nicht nach dem eigenem Stall riecht und der trotzdem zu einem gehört. Das ist eine seltene Gabe. Aber ich habe nicht nur auf dich gewartet, um mit dir die Vorzüge von Davids Geliebter zu besprechen.«
    Obwohl Jannik plötzlich der Schweiß ausbrach und er gerne geflüchtet wäre, wagte er es nicht, sich auch nur einen Schritt von Nathanel zu entfernen. Er wusste nur zu gut, dass  er vor diesem Mann, der das eine Bein nachzog, nicht davonlaufen konnte. Dazu brauchte er nicht einmal das hoffnungslose Winseln seines Wolfes zu hören.
    »Nun«, sagte Nathanel, »ich möchte, dass du mich auf dem Laufenden hältst, was David betrifft. Die Frage ist, wirst du das freiwillig tun, oder soll ich mich in deinem Kopf einnisten?«
     

Kapitel 21
Ein Neubeginn
    »Es ist mir ein Rätsel, wie man ein solches Schmuckstück von einem Haus derart herunterkommen lassen kann.« Der übergewichtige Mann wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Obwohl es eiskalt im Haus war, hatte der kurze Gang die Treppe hinauf und das Abrücken eines alten Kleiderschranks Halberland ordentlich ins Schwitzen gebracht.
    »Schau dir das an«, sagte er zu David und deutete auf eine beachtlich große, grün angelaufene Stelle in der Tapete. »Der Schimmel ist doch nicht erst gestern durch die Mauer gekrochen, sollte man meinen. Hat hier kein Schwein interessiert. Wahrscheinlich sind die Leitungen im Bad hinter dieser Wand schon seit Jahren marode. Das ist eine ganz üble Sache.«
    David nickte und begann, wie aufgetragen, in einer Ecke den braunen Teppichboden aufzureißen.
    »Und?«, fragte sein Chef, der immer noch Luft in seine Lungen pumpte und ungläubig die verschimmelte Wand betrachtete.
    David verlagerte sein Gewicht auf die Knie und zerrte verbissen an dem Zipfel, dann stemmte er die Hände in die Hüften. »Ich weiß nicht, womit sie den Teppich verlegt haben, aber nach all den Jahren hat der Kleber nichts von seiner Wirkkraft eingebüßt. Wenn ich noch mehr daran rumreiße, habe ich die Dielen gleich mit in der Hand.«
    »Scheiße«, erwiderte Halberland. »Aber da ist Holz drunter, ja?«
    Erneut packte David die Teppichecke und zog mit aller Kraft. Mit einem in den Ohren schmerzenden Geräusch gab das Gewebe nach. David betrachtete halb genervt, halb belustigt den Fetzen zwischen seinen Fingern, dann begutachtete er das Eckchen, das er freigelegt hatte. Er griff nach einem Schraubenzieher und hobelte etwas von dem schmutzig orangefarbenen Lack ab, der unter dem Teppich zum Vorschein gekommen war. Schließlich nickte er. »Treffer: Holzdielen.«
    »Das ist doch gut!« Halberland hatte sich endlich erholt und gesellte sich zu David. Soweit sein Bauch es zuließ, ging er in die Knie und schnaufte: »Das ist Eiche, sag ich dir. So hat man das früher gehalten: schöne, dicke Eichendielen. Freu dich, Junge.Wenn wir diese Bruchbude hier auf Vordermann bringen, gibt es ordentlich etwas zu tun für dich. Mutti soll dich nicht umsonst zu so einem starken Kerl aufgepäppelt haben.« Halberland klopfte ihm auf die Schulter, dann brüllte er: »Sentker, was is’ nun mit dem Balkon? Kurz vorm Einsturz?«
    Als zur Antwort nur ein unverständliches Murmeln erklang, atmete Halberland noch einmal tief ein und nahm den nächsten Treppenabsatz in Angriff. »David, du schaust dir unterdessen schon mal das Bad an, ja? Sieh zu, dass du

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