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Wintermord

Wintermord

Titel: Wintermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Ceder
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zu und ging dann vor Lise-Lott Edell in die Hocke. »Es ist besser, wenn Sie jetzt nicht alleine bleiben. Sollen wir jemand anrufen? Einen Verwandten oder eine Freundin? Oder wir bringen Sie zu einem Arzt, wenn Sie möchten ...«
    Sie schüttelte den Kopf und schluchzte auf. »Nein. Nein, ich brauche keinen Arzt. Meine Schwester ist Ärztin. Sie wohnt nur dreißig Kilometer von hier.«
    Karin Beckman trat ein und legte ihre Hand leicht auf Lise-Lotts. »Ich fahre Sie hin, sobald Sie sich dazu in der Lage fühlen.«
    Bekümmert sah sie den hübschen Ring mit dem Türkis an Lise-Lotts linker Hand. Der Ehering. Die beiden hatten sich nicht lange lieben dürfen, in guten wie in schlechten Zeiten.
    »Wir werden später noch mit Ihnen reden müssen, Lise-Lott. Wir können es auch gleich hinter uns bringen, aber natürlich respektieren wir es, wenn Sie das jetzt noch nicht schaffen. Es wäre auch möglich, dass ein Kollege und ich zum Haus Ihrer Schwester mitkommen und dort mit Ihnen sprechen. Oder wir bitten ihre Schwester herzukommen.«
    Lise-Lott schüttelte abermals heftig den Kopf. »Nein. Ich will nicht, dass irgendwelche Polizisten mit zu Angelika kommen. Lieber würde ich jetzt gleich mit Ihnen reden.«
    Karin Beckman warf Tell einen fragenden Blick zu, woraufhin er mit den Schultern zuckte.
    »Okay, Lise-Lott. Wir wissen das wirklich zu schätzen. Je eher wir die Umstände dieses tragischen ... Todesfalls ermitteln, umso schneller können wir den Täter fassen. Wenn Sie eine Pause brauchen, sagen Sie es.«
    »Ich hätte gern ein Glas Wasser.«
    Sie biss die Zähne so fest zusammen, dass sich die Haut an den Schläfen weiß färbte. Der Sonnenbrand lag wie eine Maske auf ihrer Haut, und Tell ahnte, wie fern ihr Puerto de la Cruz mit seiner Wärme, die sie erst vor ein paar Stunden hinter sich gelassen hatte, nun vorkommen musste. Auf einen Schlag war ihre ganze Welt eingestürzt.
    »Er arbeitete an einem Bildband über unsere Gegend«, erklärte Lise-Lott Edell und wies mit einer Kopfbewegung auf einen Stapel Fotos. Sie hatte sich mit einer Decke aufs Sofa gesetzt und hielt mit beiden Händen die Tasse, die Karin Beckman ihr gegeben hatte. Aber kein heißer Tee der Welt hätte gereicht, um das Eis aufzutauen, das sich in Lise-Lotts Brust ausbreitete.
    »Er war von dieser Landschaft fasziniert, von ihrer Unberührtheit.«
    Sie ließ den Blick aus dem Fenster schweifen. »Ich habe gehört, dass man den Wald bei Kitjärn als ›Urwald‹ bezeichnen darf; weil er seit Menschengedenken sich selbst überlassen und keinerlei Eingriffen ausgesetzt war. Ein Typ aus der Gemeindeverwaltung hat Lars das mal erzählt.«
    Tell bewegte die Lippen und murmelte etwas. »Wenn ich es richtig verstanden habe, war Lars nicht von hier?«
    »Nein. Man muss wahrscheinlich von anderswo kommen, um die Großartigkeit dieser Gegend so zu sehen. Lars ist aus der Stadt. War. Aus Göteborg.«
    Sie hatte aufgehört zu weinen, aber ihr Blick war glasig. Tell vermutete, dass sie vorhin im Bad ein Beruhigungsmittel eingenommen hatte.
    »Ich bin als Teenager mit meinen Eltern hergezogen. Damals fand ich es natürlich todlangweilig.«
    Auf ihrem Gesicht erschien ein schiefes Grinsen, das sich Sekunden später aber wieder in eine schmerzliche Grimasse verwandelte.
    Sie schluchzte auf. »Er war so lebensfroh. Es ist einfach schrecklich – undenkbar, dass jemand ...«
    Tell wartete ab, während sie sich sammelte, doch dann kam ihm Karin Beckman zuvor. »Fällt Ihnen jemand ein, der Lars schaden wollte? Jemand, mit dem er Streit hatte, in der Arbeit oder ... Wissen Sie, ob er in irgendwelche krummen Geschichten verstrickt war? Wir müssen Sie das leider fragen«, beeilte sie sich hinzuzufügen, als sie Lise-Lotts verblüfften Blick sah.
    »Nein, selbstverständlich nicht. Wer hätte ihn umbringen sollen? Er war ein anständiger Mensch und furchtbar nett.«
    »Denken Sie nach«, mischte sich Tell ein. »Ist er von jemand bedroht worden? Ist in letzter Zeit irgendetwas vorgefallen, was Ihnen komisch vorkam?«
    Er ließ nicht locker. »Hat er jemand Neues kennengelernt?«
    Die Falte zwischen ihren Augenbrauen verriet, dass sie angestrengt nachdachte. Sie schüttelte hilflos den Kopf. »Nein, wie gesagt ... Mir will niemand einfallen, mit dem er Streit gehabt hätte. Vielleicht mal in der Werkstatt, ein Kunde, der mit dem Preis nicht einverstanden war.«
    Sie zuckte die Schultern. »Na ja ... Lars hatte vielleicht einen ... Konflikt wäre zu viel gesagt, aber

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