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Wintermord

Wintermord

Titel: Wintermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Ceder
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er hatte Meinungsverschiedenheiten mit dem Zuständigen in der Gemeindeverwaltung von Lerum, der ihm regelmäßig Foto-Aufträge gegeben hatte. Per-Erik Stahre heißt der. Lars hatte es wohl so verstanden, dass Stahre ihm das alleinige Recht auf alle Aufträge der Gemeinde zugesichert hatte. Der wiederum fand, er habe das Recht auf einen Preisvergleich, und gab im Herbst einen Großauftrag an einen günstiger arbeitenden Kollegen. Es ging um Fotos einer neuen zentrumsnahen Wohnsiedlung und ... Tja, das hätte ein nettes Sümmchen eingebracht. Lars war wohl einfach der Ansicht, Stahre hätte mit ihm über den Preis diskutieren sollen, bevor er den Job einfach jemand anders gab. Wir hätten das Geld gut brauchen können.«
    Tell nickte und machte sich eine Notiz, aber er spürte, wie ihm der Mut sank. Wegen einer Werkstattrechnung oder einer Kränkung im Arbeitsleben brachte man niemand um.
    »Informieren Sie uns bitte, sobald Ihnen noch etwas einfällt, das von Interesse sein könnte ...«
    »Seine Ex-Frau. Als wir uns kennenlernten, hat Lars sich scheiden lassen und ... Scheidungen sind ja nie schön. Einer von beiden zieht doch immer den Kürzeren. Sie wollte die Scheidung nicht, und es gab eine gewisse Bitterkeit ihrerseits. Er hat auch zwei fast erwachsene Söhne. Siebzehn und neunzehn.«
    Nach Tells Erfahrung erzählten die Leute mehr, wenn man weniger Fragen stellte. Er legte den Stift aus der Hand und klopfte sich eine Zigarette aus seiner Schachtel. »Ist das okay?«
    »Natürlich, rauchen Sie nur. Es war auch wegen des Hauses, sie – also seine Ex-Frau, meine ich – konnte es sich nicht leisten, dort wohnen zu bleiben und war deshalb wohl ziemlich deprimiert. Irgendwie kann ich sie verstehen. In unserem Alter ist es nicht leicht, wenn man plötzlich alleine dasteht.«
    Sie lachte ein hartes Lachen, das ihr im Hals stecken blieb, als ihr klar wurde, dass sie sich jetzt selbst in dieser Situation befand.
    Tell steckte seine Zigarette an und ignorierte Karin Beckman, die demonstrativ ein Stückchen wegrückte. »Wenn Sie ›deprimiert‹ sagen«, begann sie, »meinen Sie dann auf die eine oder andere Art psychisch instabil?«
    Lise-Lott seufzte. »Nein. Doch, sie hatte durchaus Probleme mit den Nerven, wie man so sagt, schon länger. Und es gab einfach eine Phase, als sie herausgefunden hatte, wo Lars wohnt, nachdem er zu Hause ausgezogen war, da rief sie dann manchmal mitten in der Nacht an und war ziemlich unverschämt. Einmal kam sie sogar mit einem der Söhne hierher. Aber das ging irgendwann vorbei. Danach drehte es sich hauptsächlich um Gegenstände aus dem gemeinsamen Besitz, die sie behalten wollte. Aber das ist alles lange her, ich glaube nicht, dass Lars in den letzten Jahren noch Kontakt mit Maria hatte.«
    »Und mit seinen Söhnen?«
    »Joakim und Viktor? Nein, leider nicht so viel. Zu Lars’ großem Kummer. Er versuchte es, aber sie waren wohl der Meinung, dass er seine Familie verraten habe. Ihre Mutter hatte ihnen das so eingeredet, und sie standen zu ihr. Sie weigerten sich, hierherzukommen, und trafen ihren Vater nur ab und zu in einer Pizzeria oder so. Lars hatte wirklich Schuldgefühle wegen der Jungs. Ich habe ja keine eigenen Kinder. Mein erster Mann und ich haben keine bekommen. An wem das nun lag, haben wir nie herausgefunden, und dann war es plötzlich zu spät.«
    Karin Beckman, die ihr erstes Kind mit knapp vierzig Jahren bekommen hatte, wollte schon protestieren und auf die Vorteile reiferer Mütter hinweisen. Doch dann biss sie sich auf die Zunge.
    Sie glaubte nicht, dass Lise-Lott Edell etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun hatte, und sobald sie ihre Angaben mit dem Reisebüro abgeglichen hatten, konnten sie sicher sein.
    Als Karin Beckman anbieten wollte, noch einen Tee aufzugießen, erschien eine Frau in einem roten Daunenmantel an der Tür. Ihre Absätze klickten auf dem Parkett, als sie auf Lise-Lott zuging. Sie schloss sie in die Arme. »Meine Kleine!«
    Tränen hingen in ihren stark getuschten Wimpern, während sie ihre Schwester ungeschickt hin und her wiegte.
    Tell klappte das Notizbuch zu. Er konnte nirgendwo einen Aschenbecher entdecken und drückte seine Zigarette diskret an der Schuhsohle aus. Dann räusperte er sich. »Wir werden später noch mit Ihnen sprechen müssen, Lise-Lott. Für heute reicht es erst mal. Erlauben Sie, dass ich Ihnen noch einmal mein aufrichtiges Beileid ausdrücke.«
    Über Lise-Lotts gesenktem Kopf fing er den Blick der Schwester auf, die ihm

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