Wintermord
an der Wellblechwand der Garage. Des Weiteren haben wir Reifenspuren gefunden. Ich komme später darauf zurück.«
Er holte Luft und ließ sie zischend wieder ausströmen. »Wie gesagt, der Täter hatte Pech, wenn man so will. Der Schuss war nicht tödlich, jedenfalls nicht direkt. Die Kugel ging durch die Nase und trat auf der anderen Seite hinter dem Ohr wieder aus, ohne das Gehirn zu verletzen. Bart hätte wahrscheinlich überlebt – wenn auch grässlich entstellt –, wenn er nicht verblutet oder erfroren wäre. Der Täter wollte wohl auf Nummer sicher gehen und hat ihn auch noch überfahren.«
Er blätterte wieder in seinen Papieren. »Der Täter überfuhr sein Opfer auf der Wiese und schob es mit dem Auto vor sich her bis zur Garage. Als der Mann halbtot an der Wand stand, gab er Vollgas und fuhr in ihn hinein. Als er zurücksetzte, wurde das Opfer ein paar Meter mitgeschleift ... aufs Gras, wo es später gefunden wurde. Unser Gerichtsmediziner schätzt, dass das Ganze zwischen vier und sechs Uhr passierte, und nach den Angaben der Nachbarin Anette Persson war es Viertel vor fünf, als ein ihr unbekannter Jeep den Hügel zu Barts Grundstück hinunterrollte. Wir können davon ausgehen, dass es sich um den Mörder gehandelt hat.«
Sofia Frisk räusperte sich. »Das Ehepaar Berntsson, die anderen Nachbarn, wurde in aller Frühe von dem Lärm auf Olof Barts Grundstück geweckt. Maja Berntsson hat einen heulenden Motor gehört und dachte, er sei einfach früh auf und schon bei der Arbeit, wie so oft, aber höchstwahrscheinlich hat sie den Mord mit angehört.«
»Ist es nicht seltsam, dass sie sonst nichts gehört hat? Schreie zum Beispiel«, warf Karlberg ein.
Björkman zuckte mit den Schultern. Nachdem niemand mehr Fragen zur Todesursache hatte, zog er ein Schriftstück aus einer roten Plastikmappe, setzte seine Brille auf und fuhr fort:
»Er wurde gefunden von zwei Jugendlichen, David Jansson und Klara Päivärinta. Sie gingen gerade spazieren, als ihr Hund auf einmal weglief und wild zu bellen begann. Anscheinend hat er ... Na ja, ich weiß nicht, der Junge meinte, der Hund war vor lauter Blut ganz rot um die Nase. Erst dachte er, er wäre von einem Tier gebissen worden.«
Björkman schauderte beim Gedanken an das unschöne Bild. »Sie riefen gleich die Polizei an. Kaum waren ein paar Stunden verstrichen, kam auch schon die Polizei aus Kinna.«
Einige Kollegen grinsten beifällig über seinen Witz.
»Sind sie vernommen worden?«, fragte Tell, der taub war für jegliche Art von internen Polizeiwitzen.
»Die jungen Leute standen natürlich ziemlich unter Schock, aber sie wurden noch vor Ort vernommen. Sie haben niemand gehört oder gesehen. Der Notruf ging am Nachmittag gegen drei, vier Uhr ein.«
Während er noch mit seinen Papieren raschelte, meldete sich Sofia Frisk wieder zu Wort. »Michael und ich haben mit Anette Persson gesprochen. Abgesehen von dem exakten Zeitpunkt, zu dem sie das Auto gesehen hat, konnte sie uns auch mitteilen, dass es sich um einen Jeep Grand Cherokee handelte, ein ziemlich neues Modell. Dasselbe Modell hatten die Perssons früher auch mal, deswegen war sie sich ihrer Sache ganz sicher. Weniger sicher war sie bei der Farbe, aber sie meinte, es könnte schwarz oder blau gewesen sein. Sigvard Berntsson fiel noch ein, dass Bart kurz vor seiner Ermordung wohl vor irgendetwas Angst hatte, weil er von Alarmanlagen und Bürgerstreife redete.«
Björkman vervollständigte die Informationen mit den Ergebnissen von der Vernehmung der nächsten Nachbarn. »Es gibt noch ein weiteres Haus, das ganzjährig bewohnt wird: Die Tranströms. Herr und Frau Tranström waren am fraglichen Tag verreist, doch sie konnten angeben, eine Woche zuvor einen Sportwagen mit einem Einwanderer am Steuer in der Gemeinde gesehen zu haben.«
Björkman erntete resigniertes Kopfschütteln von den Göteborger Kollegen.
»Okay«, ergriff Tell wieder das Wort. »Wir machen mit den Vernehmungen in der Nachbarschaft weiter und arbeiten uns langsam weiter vor.«
Er stand auf und schrieb etwas auf die Tafel. »Wir haben also allem Anschein nach einen Mörder in einem Grand Cherokee. Die sind wahrscheinlich nicht so häufig.«
»Nein. Kein Wunder, wenn man sich überlegt, was man für so ’n Ding hinblättern muss«, kommentierte Karlberg.
»Unser Mörder stammt also aus der Oberschicht. Politiker oder Schickimicki«, folgerte Karin Beckman.
»Oder Handwerker«, fügte Bärneflod hinzu.
»Bitte, Leute,
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