Winternacht
ihm zu folgen, und als er erneut versuchte, mir auszuweichen, wusste ich, was er wollte, und kam ihm zuvor.
»Geht doch!« Ich führte das Messer in einer fließenden Bewegung gegen ihn, zielte auf die Schulter, und die Spitze der Klinge streifte seine Kleidung und schlitzte das Hemd auf. Er heulte auf und versuchte wieder, sich zu verwandeln, doch schon stieß ich wieder zu und verpasste ihm einen Schmiss im Gesicht. Blut quoll aus dem klaffenden Schnitt, und meine Klinge begann zu singen.
Ich habe Durst, Durst, Durst, hol ihn dir, hol ihn dir für mich …
Fast hätte ich gehorcht, doch die Vernunft drang in den Winkel meines Verstandes, der noch zuhörte, und flüsterte: Nein. Du musst das Messer beherrschen. Lass dich nicht von ihm kontrollieren .
Also kämpfte ich um die Herrschaft und zwang die lüsterne Gier nach Blut nieder.
Ich brauche einen klaren Kopf. Winde der Welt, pustet mir den Kopf frei. Ich hatte keine Reaktion erwartet, doch eine leichte Brise strömte durch meinen Geist, und der Wunsch, zu töten und im Blut zu schwelgen, ließ nach. Und nun konnte ich auch wieder klar sehen: Um mich herum wurde überall gekämpft, und ich hörte das Stöhnen derjenigen, die ausgezählt zu Boden gingen.
Vor mir öffnete sich plötzlich eine Wand aus Körpern, und ich sah Grieve in Wolfsgestalt, im Maul einen blutigen Arm. Dann schloss sich die Lücke wieder, und ich konnte ihn nicht mehr sehen, aber das war auch gut so.
Der Schattenjäger hatte ausgenutzt, dass ich einen Moment abgelenkt war, und war direkt hinter mir. Ich spürte seinen Atem und sah seine nadelspitzen Zähne, die dicht über meiner Schulter innegehalten hatten. Seine Augen, schwarz mit funkelnden Sternen wie Grieves, schimmerten in purer Blutgier.
»Du gehörst mir«, wisperte er. »Gib mir dein Herz.«
Nur war es nicht meine Liebe, die er einforderte. Er stürzte voran, und ich riss das Messer hoch. Die Klinge summte, als ich sie in seine Kehle stieß und die Halsschlagader durchtrennte. Der Dolch führte meine Hand und suchte das sprudelnde Blut, und als die rote Flüssigkeit sich über die Klinge ergoss, kreischte sie vor Wonne. Ich machte nicht den Fehler, meine Hand zurückzureißen – das Messer würde toben vor Zorn –, sondern ließ es im Blut baden, und das sinnliche Gefühl des klebrigen, warmen Safts, der über meine Hand quoll, brachte meinen Verstand zum Taumeln und setzte mich innerlich in Brand. Ich kam, und der Orgasmus entlockte mir einen Schrei.
»Cicely!« Chatters Stimme drang durch den Lärm des tobenden Mobs, durch die Schreie und das Stöhnen und das Pfeifen herabsausender Klingen, die durch Fleisch schnitten. Er schlug sich durch den Kampf zweier Feen und eines Schattenjägers, warf jedoch nur einen Blick auf mein Gesicht, mein Messer und den Schattenjägers, der sich auf dem Boden wand, und blieb wie angewurzelt stehen.
»Bring es zu Ende und nimm dir den Nächsten« war alles, was er zu mir sagte.
Ich begegnete seinem Blick, und obwohl ich nicht hätte sagen können, ob sein Gesichtsausdruck von Sorge oder Ekel sprach, spürte ich, wie mein Herz sich verhärtete. Schnaubend wandte ich mich wieder dem Schattenjäger zu. Sollte Chatter die Schlachten auf seine Art schlagen. Er verstand die Pracht des Blutes nicht. Ich warf mich über die Vampirfee, machte ihr endgültig den Garaus und beugte mich herab, um ein Rinnsal der karmesinroten Lebenskraft aufzulecken. Während ich es noch tat, landeten zwei Stiefel vor mir, und als ich aufblickte, sah ich Lannan vor mir. Er schenkte mir ein träges, sinnliches Lächeln, pustete mir auf der Hand einen Kuss zu und tauchte wieder im Getümmel unter.
Berauscht von der Energie, die der Kampf freisetzte, der Blutlust und dem Geschmack des Todes richtete ich mich langsam wieder auf. Ich sah nichts als Blut, so weit das Auge reichte, und wahrscheinlich war es ein Wunder, dass die Vampire nicht außer Kontrolle gerieten.
Um mich herum herrschte dichtes Kampfgetümmel, und ich drängte mich durch eine Truppe Feen, die einen Schattenjäger in Schach hielten. Als ich sie hinter mir gelassen hatte, sah ich Ysandra und die fünf Konsortiumsmitglieder in den langen Gewändern. Vor ihnen standen fünf Schattenjäger. Ysandra hatte die Hände, Handflächen nach vorn, ausgestreckt und presste die Zähne zusammen, als schiebe sie ein schweres Gewicht vor sich her.
Das Kräuseln in der Luft sagte mir, dass sie die Schattenjäger zurückdrängte, während die Hexen in den Roben einen
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