Winternacht
Ich bin um drei Uhr nachmittags dort.«
»Wunderbar. Und seien Sie bitte unterwegs vorsichtig. Sagen Sie jemandem, wohin Sie wollen. New Forest ist jetzt eine Stadt voller Gefahren. Marta und Heather haben das auf die harte Tour herausfinden müssen. Wir stecken in Schwierigkeiten. Und wir brauchen die Hilfe des Konsortiums.« Meine Stimme brach, und mir wurde plötzlich bewusst, wie viel Angst ich hatte. Die Tatsache, dass Ysandras Einwilligung, uns zu treffen, ausreichte, um bei mir Tränen auszulösen, war ein klares Anzeichen für den Druck, unter dem ich stand.
Sie schwieg wieder einen Moment, dann wiederholte sie schlicht: »Drei Uhr. Ich bin da.« Und legte auf.
Ich klappte mein Telefon zu und gab mich einem kurzen Augenblick der Erleichterung hin. So vieles konnte schiefgehen, aber sie kam. Plötzlich fühlte ich mich in meine Kindheit zurückversetzt, als ich nachts darum gebetet hatte, dass die Kavallerie mir und Krystal zu Hilfe kommen würde, aber es war nie geschehen.
Als ich zu den anderen zurückkehrte, war auch Chatter wieder da. Er musterte Rex nachdenklich, und mit einem Mal hatte ich wieder ein wenig Hoffnung, dass sich das Blatt vielleicht – nur vielleicht – wieder zu unseren Gunsten wendete. Ich atmete aus, setzte ein Lächeln auf und gesellte mich wieder zu meinen Freunden.
5. Kapitel
I ch war hoch oben auf dem Berg, als sie mich fanden«, erzählte Rex. »Ich lag da, fast schon tot, aber ich kannte meinen Namen und wusste, wohin ich gehörte. Ich war durch das Feuer gegangen und hatte mir so meinen Platz unter den Stammesältesten des Pumarudels verdient. Und obwohl ich eine lange, lange Zeit fort gewesen war, nahm man mich wieder auf, ohne Fragen zu stellen. Man habe gewusst, dass ich zurückkommen würde, sagte man mir. So sei es vorbestimmt gewesen. Und nun ist es auch Zeit für dich, Peyton. Deine Visionssuche ist überfällig.«
Neugierig beobachtete ich Peyton. Sie lauschte ihrem Vater hingerissen, und in ihren Augen glitzerten Tränen.
»Ich kann jetzt nicht gehen, ich werde hier gebraucht. Aber danach – falls wir das hier überstehen – bin ich bereit. Wird dein Rudel mich denn akzeptieren? Ich bin schließlich zur Hälfte Magiegeborene.« Ihre Unterlippe zitterte, und ich dachte an den Lupa-Klan, die Werwölfe, die Magiegeborene verabscheuten.
»Zwischen Wölfen und Großkatzen gibt es große Unterschiede«, sagte Rex und warf mir einen Blick zu, als könnte er Gedanken lesen. »Wir sind magische Wesen, die Wölfe weniger. Sie fürchten sich vor Magie, während wir Pumas sie schätzen – wie alle Katzenwandler. Das war übrigens eines der Dinge, die mich an deiner Mutter so fasziniert haben. Ich habe meinem Volk von dir erzählt, und die Stammesältesten bieten dir einen Platz im Rudel. Dennoch musst du zuerst die Visionssuche hinter dich bringen. Gehe durch das Feuer, und du wirst für immer eins sein mit meinem Volk. Das auch deines ist.« Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Allerdings musst du dir klarmachen, dass du dabei sterben könntest. Wer nach dem Feuer sucht, fordert den Tod zum Tanz auf.«
Peyton nickte und blickte zu Boden. »Ich werde es versuchen. Und ich will mehr über dein Volk wissen – mein Volk.«
Zufällig warf ich einen Blick zur Uhr an der Wand. Es war fast halb zehn. »Ysandra hat eingewilligt, mich um drei Uhr heute Nachmittag zu treffen. Kaylin und Rhiannon – ihr kommt mit mir. Chatter, würdest du mit Peyton und Rex Luna dabei helfen, alles zu tun, was möglich ist, um diese Halle hier sicherer zu machen?«
»Und was soll ich tun, Geliebte?« Grieve stand im Türrahmen und trat nun ein. Als er sich neben mich setzte, griff ich nach seiner Hand, aber er schüttelte den Kopf.
»Bevor ihr fortfahrt, möchte ich ein paar Dinge offen ansprechen.« Er sah die anderen nacheinander an. »Ich habe das Thema gestern schon einmal auf den Tisch gebracht, und ich meine, wir müssen darüber reden. Keiner von euch traut mir wirklich. Nicht einmal du, mein treuer Chatter. Und natürlich habt ihr jedes Recht, so zu denken. Schließlich bin ich einer von Mysts Leuten – sie hat mich verwandelt. Aber bitte glaubt mir, dass ich alles tue, was ich kann, um den finsteren Teil von mir unter Kontrolle zu halten. Ich bin nicht so geboren worden …« Er schaute weg und verzog das Gesicht. »Ich bin nicht dafür geboren worden. Ich liebe Cicely. Sie bedeutet mir alles. Und ich werde alles tun, um sie zu beschützen.«
Rex
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