Winternacht
inzwischen, dass sie alle weggeworfen hat.«
Peyton blieb der Mund offen stehen. »Ich habe keinen einzigen davon gesehen. Keinen einzigen!«
»Das begriff ich erst, als ein Freund von mir hier in der Stadt, Old Joe One Shoe, es mir sagte. Er hörte zufällig, wie Anadey einer Freundin erzählte, sie würde alle Briefe von mir zerreißen. Als er es mir erzählte, verließ ich die Stadt und zog einige Jahre durchs Land.«
»Warum bist du dann zurückgekommen?«
Er lächelte. »Ich fand, dass genug Zeit vergangen war. Die Pumas sprachen zu mir, sangen in den Nächten davon, dass es Zeit war, nach Hause zu gehen, weil meine Kleine in Schwierigkeiten war. Also machte ich mich auf den Weg, und hier bin ich.«
»Mutter hat mir gesagt, dass du Alkoholiker bist. Trinkst du noch?«
»Als ich ging, war ich es, das ist wahr. Aber ich hatte ihr versprochen, dass ich davon wegkommen würde. Nachdem sie mich rausgeworfen hatte, ging ich zu den Anonymen Alkoholikern. Bin nie rückfällig geworden – kein einziges Mal. Ich bin nüchtern, seit du mir bis zum Knie reichtest. Ich bat sie einmal, mich wieder nach Hause kommen zu lassen, aber sie wollte nicht. Ich glaube, dass Anadey dich für sich allein wollte, weil sie eifersüchtig war. Du bist früher eher zu mir gekommen statt zu ihr, wenn du etwas hattest.«
Peyton nickte. »Das könnte stimmen. Anadey hat mich immer sehr behütet. Sie wollte natürlich, dass ich Freunde habe, aber …« Sie warf mir einen Blick zu. »Um zu verhindern, dass du und ich uns treffen, hat sie Cicely verraten. Sie wäre fast dabei umgekommen!«
Rex nickte mir steif zu und tippte sich mit zwei Fingerspitzen an die Schläfe. »Miss.« Dann wandte er sich wieder Peyton zu. »Kleines, wie wär’s, wenn du mich deinen Freunden vorstellst?«
Peyton wurde rot. »Entschuldige. Ich war so aufgeregt. Und nervös.« Und während sie ihm nacheinander unsere Namen nannte und erklärte, was wir taten, ging Rex zu jedem Einzelnen und schüttelte ihm die Hand. Sein Händedruck war warm und kräftig. Der Mann gefiel mir.
Ich glaube, du kannst ihm trauen . Uleans Atem kitzelte meinen Nacken. Seine Energie ist klar .
»Sie sollten wissen, dass wir einen Vampir in unserer Mitte haben, aber ich denke nicht, dass er zu denen gehörte, die Sie umzubringen versucht haben. Er verfolgt allerdings eigene Pläne.« Ich deutete auf einen Stuhl. »Wollen Sie sich setzen?«
Er drehte den Stuhl herum und setzte sich verkehrt herum drauf. »Und warum lasst ihr ihn dann bleiben?«
»Ob Sie es glauben oder nicht – er ist ein Verbündeter, wenn auch ein echter Lustmolch und durch und durch pervers.« Ich setzte mich wieder an den Tisch, um zu Ende zu frühstücken.
Luna trat an die Theke und kam mit einem Teller Donuts zurück. »Möchten Sie Kaffee, Mr. MoonRunner?«
Rex lächelte sie an. »Rex, Liebes. Und, ja, sehr gern. Mit Zucker, wenn welcher da ist.«
»Lannan Altos hat nicht einfach irgendein Ziel«, erklärte Peyton. »Sein Ziel ist Cicely.« Sie sah zu mir herüber. »Soll ich ihm alles erzählen?«
»Ist wahrscheinlich klug. Während du ihn aufklärst, versuche ich, Ysandra zu erreichen, und frage sie, ob sie sich mit uns treffen will.« Ich entfernte mich von unserer Gruppe und den Gesprächen, nahm mein Telefon und wühlte in meiner Tasche nach der Visitenkarte, die Ysandra mir gegeben hatte. Nach einem kurzen Zögern gab ich ihre Nummer ein.
Ysandra ging beim zweiten Klingeln dran. »Hallo, hier spricht Cicely Waters. Erinnern Sie sich an mich?« Ich wusste nicht recht, wie ich es angehen sollte; einfach alles auf einmal loswerden und dabei wahrscheinlich wie ein stammelnder Idiot klingen? Oder einen auf geheimnisvoll machen und hoffen, dass sie nicht einfach auflegte?
»Cicely – natürlich erinnere ich mich an Sie. Schön, dass Sie anrufen. Haben Sie die Formulare schon ausgefüllt? Wir freuen uns schon darauf, Sie und Ihre neue Gesellschaft bei uns begrüßen zu dürfen.« Sie klang tatsächlich erfreut, fast als wäre es ihr ernst mit der Behauptung.
Ich schloss die Augen und wagte es. »Ysandra, wir müssen unbedingt mit Ihnen sprechen. Es handelt sich um einen Notfall. Könnten Sie es irgendwie möglich machen, uns heute noch in Monroe zu treffen? Da gibt es ein Diner, Penny’s Pit Stop. Heute Nachmittag? Ich muss Ihnen so vieles erzählen, aber das geht am Telefon nicht.«
Einen Moment lang schwieg sie, und ich konnte fast hören, wie sich die Rädchen in ihrem Kopf drehten. »In Ordnung.
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