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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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rannte in Richtung Tür. Kaylin, Chatter, Peyton und Rex folgten mir in den grellweißen Schnee.

    Ulean führte uns durch einen der Seitenausgänge, wo wir auf meinen Vater stießen. Er lehnte an der Wand des Gebäudes.
    »Was ist los? Um wen geht es?«, fragte ich ihn atemlos.
    »Tagesboten. Und, nein, Leo habe ich unter ihnen nicht gesehen, aber sie wirken, als suchten sie Ärger, und gut bewaffnet sind sie offenbar auch.« Er wischte sich die Schneeflocken aus dem Haar. »Sie sind vorn und suchen einen Weg hinein.«
    »Dann teilen wir uns auf. Peyton, Chatter und Rex, geht da entlang. Kaylin, du kommst mit mir und meinem Vater.« Ich holte meinen Fächer hervor und machte mich bereit, ihn einzusetzen. Ich arbeitete lieber mit dem Wind als mit Stahl – das Element war mir vertrauter.
    »Was machen wir, wenn wir ihnen begegnen?« Um Peyton herum entstand ein Schimmer, und ich wusste, dass sie sich gleich verwandeln würde.
    »Schnappt sie euch, wenn ihr könnt – wir müssen wissen, was sie hier wollen. Und wenn sie kämpfen wollen und ihr sie nicht außer Gefecht setzen könnt, ohne ihnen etwas zu tun, dann tötet sie.« Ich schauderte über den kalten Unterton in meiner Stimme, aber wir befanden uns im Krieg.
    Die anderen nickten und setzten sich nach links in Bewegung. Wir schlichen uns geduckt und mit raschen Schritten rechts herum ums Gebäude. Mein Vater hatte ein großes Messer gezückt. Kaylin hatte seine Wurfsterne, ich hielt meinen Fächer.
    Das Lagerhaus erstreckte sich als langes, graues Metallkonstrukt unter dem silbrigen Himmel. Das Licht und der grelle Schnee gingen an einem verschwommenen Horizont ineinander über, wie es manchmal am Meer geschieht, wenn Himmel und Wasser dieselbe Farbe zu haben scheinen.
    Als wir ans Ende des Gebäudes gelangt waren, rief ich Ulean. Ist etwas direkt um diese Ecke?
    Nein, aber sie sind auf der anderen Seite nicht weit. Seid vorsichtig, wenn ihr um die nächste Ecke biegt. Sie warten, und sie wissen, dass ihr kommt. Es sind vier. Zwei lauern an diesem, die anderen zwei am anderen Ende des Gebäudes.
    Woher wissen sie es? Und hast du irgendwie eine Möglichkeit, es den anderen auch zu sagen? Chatter kann dich hören, wenn du es ihm erlaubst.
    Ich weiß nicht, woher sie gewarnt worden sind, aber ich sehe es an ihrer Haltung, dass sie euch aus dem Hinterhalt überraschen wollen . Sie bauschte sich um mich, ein Schleier der Vorsicht. Ich sage es Chatter .
    Ich sog scharf die Luft ein und drehte mich zu Kaylin und Wrath um. »Ulean sagt, sie wüssten, dass wir uns anschleichen. Sie warten nicht hinter dieser, aber hinter der nächsten Ecke. Ulean will auch Chatter warnen. Wir haben zwei hier an diesem Ende des Gebäudes und zwei am anderen.«
    »Nun, da sie ohnehin schon wissen, dass wir kommen, können wir wohl ebenso gut … – nein, Moment.« Kaylin lehnte sich gegen die Wand und schaute auf. »Wir können uns noch auf sie herabfallen lassen.«
    Ich folgte seinem Blick. Um uns herum befand sich Schrott, den wir aufschichten konnten, um das Dach zu erreichen. Wir konnten hinüberlaufen und sie auf der anderen Seite überraschen. Wrath nahm Eulengestalt an, landete auf dem Dach und verwandelte sich zurück. Von oben streckte er uns eine Hand entgegen, um uns hinaufzuhelfen.
    So lautlos wie möglich krochen wir das Satteldach hinauf. Der Schnee war kalt unter unseren Bäuchen, und frische Flocken landeten auf unseren Schultern, unseren Haaren, dem Rücken. Meine Hände waren eiskalt, aber ich wollte keine Handschuhe anziehen. Sie waren unpraktisch, wenn ich den Fächer benutzen wollte, und ich konnte mir nicht leisten, Zeit zu verlieren, um sie abzustreifen.
    Als wir am First ankamen, ließ ich mich vorsichtig hinübergleiten und rutschte langsam herab, bis ich an die Kante kam und hinunterspähte. Da waren sie. Tagesboten. Sie trugen dieselben Kleider, die auch Leo getragen hatte, und der ganz und gar nicht subtile Einfluss der Vampire war deutlich zu spüren. Wrath und Kaylin gesellten sich zu mir.
    Die Entfernung zum Boden war furchteinflößend; auf der Rückseite waren wir eine fast fünf Meter hohe Schutthalde hinaufgeklettert. Doch der Schnee war knietief, also würden wir vielleicht nicht gar so hart landen. Die Männer unter uns warteten noch immer, und im ersten Moment war ich überrascht, dass die anderen ihre zwei noch nicht attackiert hatten. Doch als ich das Dach entlangblickte, entdeckte ich sie am anderen Ende. Offenbar hatten sie dieselbe Idee gehabt.

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