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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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Tür, dass seine Gestalt zu verwischen schien. Ich seufzte erleichtert und ließ mich auf einen Stuhl sinken.
    »Ich bin immer noch nicht froh, ihn hier zu haben.« Mit einer Geste lehnte ich Suppe und Brot ab. »Wir haben schon gegessen.« Während die anderen ihre Mahlzeit beendeten, erzählten Kaylin, Rhiannon und ich detailliert, was auf unserem Ausflug geschehen war.
    »Und die Mondweber gehören nun offiziell dem Konsortium an?«, fragte Peyton.
    »O ja. Was aber auch bedeutet, dass wir unsere Treffen und die Rituale, die wir durchführen, protokollieren müssen.« Rhiannon hielt die Broschüre hoch, die Ysandra uns mitgegeben hatte. »Aber wenn man in Betracht zieht, dass wir aufgrund einer Notsituation im Schnellverfahren aufgenommen wurden, wird man uns vermutlich im Moment nachsehen, wenn wir es mit den Vorschriften nicht ganz so genau nehmen.« Sie hielt einen Augenblick inne. »Hört ihr das? Das Tappen?«
    Kaylin verengte die Augen und schlich auf die Tür zu. Chatter und Grieve folgten ihm. Wir anderen bereiteten uns auf das Schlimmste vor. Vielleicht war es nur Lannan – obwohl er durchaus in der Lage war, die schwere Metalltür allein zu öffnen –, vielleicht aber auch etwas viel Übleres.
    Doch als die Männer zurückkehrten, hatten sie zwei Feen in ihrer Mitte, die ich als Lainules persönliche Wachen erkannte.
    »Gibt es ein Problem?« Wrath erhob sich mit besorgter Miene.
    Die Wachleute knieten vor ihm nieder. »Herr des Sommers, wir flehen Euch an. Die Königin ist erkrankt und braucht Euch. Bitte kommt rasch.« Sie wandten sich an mich. »Und sie schickt auch nach Euch.«
    Ohne ein Wort streifte ich mir meine Jacke über und folgte meinem Vater wieder in den Schnee hinaus.
    Sobald wir draußen waren, nahm mein Vater mich an die Hand, ließ den Wachen den Vortritt und trat in einen Schimmer, der auf dem Vorplatz entstanden war. Ich hielt den Atem an, als die Welt zu schwanken begann. Ulean war bei mir und legte mir eine warme beruhigende Brise um die Schultern.
    Das ist kein Trick. So reisen Feen oft. Bei deinen Genen sollte sich dein Körper ziemlich schnell anpassen können.
    Und sie hatte recht. Der Schwindel verging, und der Marsch durch die wirbelnden Lichtnebel fühlte sich fast vertraut an, als hätte ich das früher oft getan und nur vorübergehend vergessen.
    Und dann befanden wir uns im Reich des Sommers. Wie immer war es hier warm, aber irgendetwas stimmte nicht, das konnte ich spüren. Während wir schweigend zwischen den Bäumen auf eine Lichtung zugingen, bemerkte ich, dass die Blätter einen satten Bronzeton anzunehmen begannen, und das durfte nicht sein. Hier waren die Bäume gewöhnlich saftig grün.
    Wrath versteifte sich neben mir und zupfte an meinem Arm, um uns schneller voranzubringen; weder gingen noch glitten wir, sondern schienen uns in einer Art Schwebezustand zu befinden, der uns durch die funkelnden Nebel um uns herum trug.
    Die Vögel schwiegen, ein weiteres Indiz dafür, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Im Sommerreich hörten die Vögel niemals auf zu singen. Ich schloss die Augen und betete, dass wir nicht zu spät kamen – was auch immer geschah.
    Vor uns befand sich ein Wohnhügel. Es war nicht der ursprüngliche Hügel der Sommerkönigin, der sich in Mysts Gewalt tief im Goldenen Wald befand, sondern eine provisorische Behausung, eine Zuflucht für eine Königin, die man aus ihrer Heimat vertrieben hatte. Als wir uns näherten, verschwand der Nebel, und wir warteten im stillen Schimmer des heranbrechenden Abends. Und in diesem Moment kam eine frische Brise auf, etwas zu kühl für den Sommer, ein Vorbote des Herbstes – und ich erkannte, dass Lainule im Sterben lag.
    Wrath schwieg noch immer, als er mich hineinführte. Die Wachen brachten uns zu einer Kammer, die sich am hinteren Ende eines großen Saals befand. Der Geruch fetter Erde hing in der Luft, doch er war beißend säuerlich und stach in der Nase. Überall sah man Cambyra-Feen vom Sommervolk – das Volk meines Vaters und das meine. Bei unserem Erscheinen erhoben sich alle einhellig, und als Wrath und ich an ihnen vorbeigingen, verbeugten sie sich tief.
    Mein Blut regte sich, als ich in ihre Gesichter blickte, und mit einem Mal fühlte ich mich willkommen. Ich lächelte, betete jedoch stumm, dass sie nichts von meiner früheren Existenz als Mysts Tochter wussten. Ich konnte nur ahnen, welche Schrecken sie hatten durchleiden müssen, als der Winter gierig nach ihrem Land gegriffen

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