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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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hatte.
    Die Wachen hielten vor der Kammer an. Wrath winkte mir, mit ihm zu kommen, und trat durch die geschnitzte Eichentür. Der Raum war größer, als ich es vermutet hatte, und ein hohes Bett, das nur über ein zweistufiges Treppchen zu erreichen war, stand an der hinteren Wand. Seidene Vorhänge reichten von den vier Ecken der Decke über den Betthimmel und waren um Pfosten geschlungen worden, die mindestens zweieinhalb Meter über dem Boden aufragten.
    Der Rest des Raumes war schlicht, aber elegant. Ein großer Schrank. Eine Kommode mit Spiegel. Eine geflieste Badeecke war mit einem eigenen Vorhang abgetrennt. Ich hatte keine Ahnung, wie Lainules ursprüngliche Gemächer im Goldenen Wald ausgesehen hatten, aber sicher waren sie prachtvoll gewesen. Unendlich traurig biss ich mir auf die Lippe.
    Als wir uns dem Bett näherten, sah ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung, und eine große, anmutige Frau trat hinter einem der Vorhänge hervor. Sie kniete vor Wrath nieder, doch bevor er sie begrüßen konnte, erhob sie sich wieder. In ihren Augen stand große Sorge.
    »Es geht ihr nicht gut. Ihr wisst, was sie krank macht.« Sie klang resigniert, hoffnungslos.
    Wrath nickte. »Sie ist zu weit entfernt von ihrem Herzstein.«
    Die Frau warf mir einen Blick zu, aber Wrath schüttelte den Kopf. »Schon gut. Das ist meine Tochter, Cicely Waters. Sie ist halb Magiegeborene, halb Eulenwandlerin wie ich. Sie ist vom Volk der Cambyra und wird als meine Erbin behandelt.«
    Mir verschlug es den Atem. Zum ersten Mal war ich offiziell vorgestellt worden – mehr als mit einer beiläufigen Erwähnung jedenfalls –, und nie im Leben hatte ich erwartet, dass er mich vor seinem Volk als seine Tochter anerkannte.
    »Lady Cicely. Willkommen.« Die Frau machte einen kleinen Hofknicks, wandte sich dann aber wieder Wrath zu. »Eure Hoheit, sie muss den Herzstein bekommen, oder der Sommer wird vergehen.«
    »Ja, ich weiß.« Wrath verstummte, dann trat er ans Bett. Zwei Dienerinnen zogen die Vorhänge zurück, hinter denen Lainule unter einer purpur-grünen Decke lag. Ihr goldenes Haar lag ausgebreitet auf dem Kissen, ihre Augen waren offen, und sie wandte den Kopf, um uns anzusehen, aber es war unverkennbar, dass sie sehr schwach war. Schon vorher war zu spüren gewesen, dass sie verblasste, aber dass der Prozess nun so rasch fortschritt, konnte nur bedeuten, dass Myst ihrem Herzstein näher kam.
    Wrath stieg rasch die zwei Stufen hinauf und setzte sich so behutsam auf die Matratze, dass sie kaum einsank. Er nahm Lainules linke Hand und schob seine Finger in ihre, dann hob er sie an seine Lippen und drückte einen Kuss auf ihre bleiche Haut.
    Tränen verschlossen mir die Kehle. Während ich den beiden zusah, erkannte ich, dass sie ohne Worte miteinander sprachen. Und Streit oder nicht, ihre Liebe durchdrang die Missstimmung, die zwischen ihnen geherrscht hatte, und Wrath beugte sich vor, zog sie in die Arme und küsste ihre Lippen.
    »Du kannst nicht sterben. Das Herz des Sommers kann nicht sterben.« Er küsste sie wieder, und sie murmelte etwas, vor dem ich bewusst meine Ohren versperrte: Es war ausschließlich für ihn gedacht. Nach einem Augenblick wandte sich mein Vater zu mir um. »Lainule möchte mit dir sprechen, Tochter.«
    Zögernd durchquerte ich den Raum. Es kostete mich Mühe, nicht in Tränen auszubrechen. Lainule wirkte so zart und zerbrechlich in diesem großen Bett, so anders als das pralle Leben des Sommers. Als ich näher kam, stieß die Königin von Schilf und Aue einen tiefer Seufzer aus, und es klang wie ein leichter Wind, der durch trockene Blätter fuhr.
    Wrath machte Platz, und ich stieg das Treppchen aus Eichenholz hinauf, um seinen Platz an ihrer Seite einzunehmen.
    »Lainule, könnt Ihr mir jemals verzeihen?« Ich wusste selbst nicht genau, wofür ich ihre Vergebung erbat – vielleicht dafür, dass ich meinen Willen hatte durchsetzen wollen und mich gesträubt hatte, mein Leben für die Hoffnung zu geben, als Waffe gegen Myst eingesetzt werden zu können.
    Aber ihre Lider flatterten, und sie blickte zu mir auf und winkte mich näher zu sich. Ich beuge mich herab und brachte mein Ohr an ihre Lippen.
    »Die Einzige, die um Verzeihung gebeten werden muss, bist du. Ich hätte mich niemals auf Geoffreys Plan einlassen dürfen. Es war Wahnsinn, sich mit dem Karmesin-Hof zu verbünden, das weiß ich jetzt. Mein Kind … ich sterbe.«
    Und so war es, schlicht und ergreifend.
    »Nein, das dürft Ihr nicht. Wir brauchen

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